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Formel 1: Jerez-Test

Die neuen Motoren

Die V6-Turbomotoren sind definitiv leiser als die V8-Sauger. Doch manche meinen: Die Musik stimmt. Und die Fahrer sind begeistert…

Michael Noir Trawniczek

„Wenn man 30 Jahre im Motorsport verbracht hat, tut es ganz gut, wenn es einmal weniger laut zugeht“, hat Auto, Motor und Sport-Reporter Michael Schmidt in seinem Blog angemerkt - und es ist anzunehmen, dass er es ganz und gar nicht zynisch gemeint hat. Zugleich ist seine Aussage auch eine schallende Ohrfeige für jene, die zuvor gepredigt haben, der Sound werde nicht leiser, sondern nur anders sein. Auch hier gilt: Schon lange wusste man, dass die neuen V6-Turbos deutlich leiser sein werden als die V8-Saugmotoren. Für manche war es dennoch ein Schock, dass sie wirklich deutlich leiser sind. Dass die GP2 die „Königsklasse“ an Sound respektive Lautstärke übertrumpfen wird. Und Bernie Ecclestone hat Recht, wenn er sagt: „Die Leute wollen Lärm hören!“

Doch auch hier gibt es eine alternative Betrachtungsweise. Feinschmecker wie die britischen Redakteure der Autosport oder ein Franz Tost, seines Zeichens Teamchef der Scuderia Toro Rosso, sagen: „Der Sound ist zwar leiser, aber die Musik stimmt! Man hört den Turbo, man hört das Wastegate. Es macht Freude, diese Motoren zu hören.“ Nico Rosberg sagt, der Sound erinnere ihn an die alte Turbo-Ära in den 1980er-Jahren.

Jenson Button gibt unverblümt zu: „Wenn man am Streckenrand steht, ist der Sound der Motoren nicht so gut wie im Vorjahr – aber wenn du im Auto sitzt, dann ist der Sound richtig gut. Da gibt es Momente, wenn du in einer Kurve fährst, wo du alle möglichen Geräusche zugleich hörst, du hörst den Turbo, das Wastegate und das ERS – das kann einen ganz schön ablenken, was da an Sound abgeht.“

Doch es ist nicht nur der Sound, für den sich Button und viele weitere Piloten begeistern können. Button sagt: „Das ist der kräftigste Motor, den ich je gefahren bin, er verfügt über ein großes Drehmoment. Es ist dermaßen aufregend, wenn du aus den Kurven heraus so viel Kraft zur Verfügung hast.“

In Verbindung mit dem reduzierten aerodynamischen Abtrieb scheinen die Autos nun eine größere Herausforderung für die Piloten darzustellen. Valtteri Bottas etwa sagt: „Du hast jetzt viel schneller durchdrehende Räder, auch im Trockenen – du brauchst einen sensibleren Gasfuß, ich mag das.“ Sergio Perez fügt hinzu: „Wir haben viel weniger Abtrieb.“ Bei den in Jerez vorherrschenden niedrigen Temperaturen sei das Level an Downforce sogar „scary“, meinte der Mexikaner, der offen eingestand: „Ich konnte die Reifen nicht auf Temperatur bringen – die Bremsen, alles ist am Limit. In diesem Stadium kann der Fahrer eine sehr wesentliche Rolle spielen.“

Rutschende Autos, gegenlenken – all das hat man in den letzten Jahren selten gesehen – mit den neuen Autos ist das, zumindest in diesem Entwicklungsstadium der Fall. Auch beim Bremsen sind die Autos noch extrem instabil – verantwortlich dafür ist das ERS. Esteban Gutierrez sagt: „Die Bremsen sind derzeit noch ziemlich tückisch – es fühlt sich recht unterschiedlich an und ist schwer einzuschätzen. Es hat mich bei meinem Abflug ziemlich überrascht – danach war ich nicht mehr in der Lage, auf der Bremse zu pushen.“ Den Bremsvorgang, wenn also das ERS lädt, berechenbar und fahrbar zu gestalten, wird einer der Schlüssel zum Erfolg sein.

Fernando Alonso sagt: „Auch rein körperlich gibt es einen Unterschied zu den früheren Fahrzeugen. Die Kurvengeschwindigkeit und die Fliehkräfte in den Kurven sind nicht mehr so hoch – doch zugleich gibt es mehr Parameter, die du kontrollieren musst. Auf dem Lenkrad sind mehr Knöpfe zu betätigen. Das ist viel kritischer, wenn es darum geht, Hochgeschwindigkeitskurven zu fahren, auch die Traktion ist kritischer. Es ist nicht weniger anspruchsvoll, sondern einfach nur anders als zuvor. Die Formel 1 bietet immer noch die modernste Technologie.“

Lesen Sie Teil 4 der motorline.cc-Analyse:
Die erste Testwoche

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