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„Fast jedes Teil des Autos wurde neu designt“

Force-India-Technikchef Andy Green über das neue Auto und was sich im Laufe der Saison, beziehungsweise nach dem ersten Test ändern könnte.

Foto: Sahara Force India

Völlig überraschend hat Force India heute das erste Bild eines 2014er-Boliden präsentiert. Durch die Seitenansicht ist die durch die Reglementänderungen völlig veränderte Nase nur schemenhaft erkennbar. Dafür spricht Force Indias Technikchef Andy Green im Interview ausführlich über sein neues Baby, die Herangehensweise beim Design der Frontpartie und die größten Herausforderungen beim Entwicklungsprozess des VJM07.

Andy, wie würdest du das grundlegende Aussehen des VJM07 umschreiben?
"Abgesehen vom Offensichtlichen sieht er nicht so deutlich anders aus, obwohl er das ist. Fast jedes Teil des Autos wurde neu designt - vom Frontflügel bis zum Diffusor. Der VJM07 basiert immer noch auf dem 2013er-Auto, aber wir mussten die gleichen Ergebnisse auf etwas andere Art und Weise erreichen."

"Die Nase sticht heraus, aber dahinter sieht alles recht ähnlich aus. Das Auto ist wegen der höheren Kühlungsanforderungen etwas fülliger, aber wir hoffen, dass wir das in der Anfangsphase der Saison beheben können. Wir müssen entwickeln, um konkurrenzfähig zu sein - weil es so viele Bereiche gibt, die ein signifikantes Feintuning benötigen, wird es eine große Herausforderung, die Performance zu optimieren."

Wie groß sind die aerodynamischen Veränderungen dieses Jahr?
"Die aerodynamischen Veränderungen an sich wären schon signifikant gewesen, wenn es keine anderen Reglementänderungen gegeben hätte. Der Abtrieb wurde deutlich reduziert, vor allem in Hinblick auf den Auspuff - nun kann man sehr wenig machen, um die Auspuffgase zu nutzen. Das ist ein großer Verlust am Kurvenausgang, also gewinnt die Traktion an Bedeutung. Das - kombiniert mit der veränderten Frontflügel-Breite - hat den Strömungsverlauf rund um das Auto komplett verändert."

Ist der schmälere Frontflügel die größte Änderung?
"Die Änderung am Frontflügel ist signifikant. Es handelt sich 2014 um ein komplett anderes Konzept und optisch um eine der größten Änderungen. Es war eine große Aufgabe, all die aerodynamischen Strukturen von vorne bis hinten zu erneuern, um dem kleineren Heckflügel zu dienen."

"Der Verlust des unteren Heckflügel-Elements führte zu einem deutlichen Performance-Verlust. Es hat dabei geholfen, den Diffusor mit dem oberen Heckflügel-Element zu verbinden, wodurch diese beiden Bereiche deutlich verstärkt wurden. Jetzt wird es sehr schwierig, Performance zu gewinnen und die Bereiche zu stabilisieren. Wir mussten also einen ziemlich dramatischen Abtriebsverlust hinnehmen, was die Zahlen angeht, während auch der Luftwiderstand recht dramatisch gesunken ist."

Wird die Nase ein Kernbereich bei der Entwicklung sein?
"Bei unserer Nase handelt es sich um eine Präsentationsversion, und später werden wir eine erneuerte Front einsetzen, die sich möglicherweise deutlich unterscheiden wird. Wir mussten das ganz pragmatisch anschauen, denn wir wussten, dass wir testen und das Auto auf die Strecke bringen müssen."

"Auch wenn wir bei der Crash-Struktur gerne an die Grenzen gehen wollen, weil wir wissen, wie wichtig sie für das gesamte Auto ist, haben wir einfach nicht die Ressourcen, bei der ersten Version ans Limit zu gehen. Es handelt sich um eine Basisversion. Wir haben jetzt ein Auto, mit dem wir Testen und Rennfahren können. Vor einigen Wochen sind wir beim Design ans Limit gegangen, weil wir der Ansicht sind, dass da Performance schlummert. Es wird neue Konzepte geben."

Jedes Team muss sich vor der Saison für acht Getriebe-Übersetzungen entscheiden. Habt ihr einfach die Einstellung von Mercedes übernommen?
"Obwohl unsere Übersetzung von Mercedes geliefert wird, haben wir auch unsere eigenen Simulationen gemacht - und um ehrlich zu sein, haben wir ganz andere Antworten gefunden. Wir haben diesen Weg gerne weiterverfolgt. Wir dürfen eine Änderung vornehmen, und ich denke, wir werden warten, ehe wir über die Performance Bescheid wissen und uns im Klaren sind, wie der Vergleich zur Simulation ausfällt."

"Die gute Nachricht ist, dass langwierige Übersetzungsdiskussionen (welche Gänge verlängert und welche verkürzt man) von nun an der Vergangenheit angehören, wodurch wir an der Rennstrecke etwas weniger Arbeit haben. Die Übersetzung macht einen ziemlich gutmütigen Eindruck - zumindest macht unsere Übergangslösung diesen Eindruck."

Wie schwierig war der Einbau der neuen Antriebseinheit in das Gesamtpaket?
"Es war eine riesige Aufgabe, sich auf all die Veränderungen beim Antrieb einzustellen. Das ist die größte Änderung in diesem Sport, die ich seit meinem Beginn 1990 erlebt habe. Darüber hinaus benötigt es etwas Organisation, wenn man die Entwicklung während der Saison mit einbezieht. Von dem Zeitpunkt an, wo das Auto erstmals auf die Strecke geht, werden wir es laufend weiterentwickeln, da wir ständig neue Daten erhalten, besser verstehen, wie sich das Auto im Vergleich zu unseren Modellen verhält, am Feintuning arbeiten werden und dann wieder auf die Strecke gehen."

Was war in Hinblick auf den Einbau die größte Herausforderung?
"Die Kühlung war die größte Herausforderung. Wir haben den Großteil des vergangenen Sommers dafür benötigt, die Kühlungsanforderungen der neuen Antriebseinheit zu verstehen - und wie man sie bestmöglich im Chassis optimieren kann. Es ist viel mehr Kühlung notwendig - und man wiegt dabei die Performance der Antriebseinheit mit der Performance von Chassis und Aerodynamik ab. Man versucht dabei, in beiden Bereichen das Optimum zu erreichen."

"Wir werden aber erst bei den ersten Tests eine Antwort erhalten, wie weit wir gegangen sind. Dann werden wir die Werkzeuge weiter feintunen und einen weiteren Versuch starten. Ich rechne mit einer recht deutlichen Neudefinierung des Kühlungssystems im Verlauf der Saison, wenn wir einmal alle Daten von den Wintertests und von den ersten Rennen beisammen haben."

Was ist diese Saison noch neu?
"Das Bremssystem hat sich deutlich geändert. Hinten handelt es sich im Grunde um ein elektromechanisches Bremssystem. Das bedeutet, dass die hinteren Bremsen nun ganz anders reagieren können als bislang der Fall. Viel Arbeit ist in dieses System geflossen - von der Simulation über das Design bis zu den Prüfstand-Tests. Dennoch werden wir erst dann zur Gänze wissen, wie das System funktioniert, wenn wir damit auf die Strecke gehen und Daten und das Feedback der Piloten erhalten."

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