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Haas will kein Ferrari-B-Team sein

Der US-Neueinsteiger wird den Ferrari nicht kopieren, dennoch wird es Ähnlichkeiten geben – und: kein Mitspracherecht für die Scuderia!

Es war der große Traum von Luca di Montezemolo: Einen US-Ferrari in der Formel 1! Der frühere Ferrari-Präsident musste unlängst seinen Hut nehmen, doch seine Idee lebt weiter – in Gestalt des Neueinsteigers Haas Formula, der ab der Saison 2016 an der WM teilnehmen will. Die Mannschaft um Besitzer Gene Haas und Teamchef Günther Steiner will sich nicht als Anhängsel der Scuderia verstanden wissen, sondern als vollwertiger Partner.

Günther Steiner (Bild) wundert sich über die Diskussionen, die es bezüglich des Verhältnisses zu den Italienern gibt: "Ich verstehe die Bedeutung des Wortes 'B-Team' nicht. Einige nennen es auch 'Juniorteam'. Für uns sind sie ein guter Partner, der uns hilft, in die Formel 1 einzusteigen", sagt der Südtiroler. Mit Ferrari verbindet Haas eine Antriebs- und Technikpartnerschaft, unternehmerisch oder politisch mische sich aber niemand ein.

Im Zuge dessen geschehe die Personalplanung unabhängig, obwohl Beispiele nahelegen, dass Hersteller interessiert sind, ihre jungen Piloten bei Kunden unterzubringen, wie etwa das Beispiel Raffaele Marciello bei Sauber zeigt. Steiner winkt ab: "Wir sprechen mit ihnen nicht über Dinge wie Fahrer. Es gibt keinen Plan, ein 'B-Team' zu werden und zu machen, was immer sie wollen." Inwiefern sich aber der Haas-Bolide optisch von einem Ferrari abheben wird, ist eine andere Frage.

Klar ist nur: Eine Kopie des SF15-T-Nachfolgers werden die US-Amerikaner nicht an den Start bringen. "Die Autos werden keine gelben Ferrari, sie werden anders aussehen", stellt der Teamchef klar. Haas wird aber alle Komponenten, die laut Formel-1-Reglement von einem Team nicht in Eigenregie entworfen und gebaut werden müssen, um an der WM teilnehmen zu dürfen, direkt aus Maranello erhalten. Dennoch bleibt eine Menge Arbeit übrig.

Gemäß den Bestimmungen muss ein Team für ein Chassis, ein Monocoque und alle Außenbauteile am Auto, wie die Verkleidung mitsamt Kühlern und Flügeln, selber sorgen. Dazu zählt auch das Auspuffendrohr. Mit dem Ferrari-Material identisch sind neben Antrieb und Aufhängung für beide Achsen auch die Bremsen, die Pedalerie und die Lenksäule. "Das sind in der Summe mehr Teile als Marussia hatte", vergleicht Steiner die Zusammenarbeit mit dem Modell des Manor-Vorgängers.

Steiner weiß jedoch, dass es Ähnlichkeiten zum Ergebnis der Scuderia geben muss, wenn der erste Haas-Bolide auch funktionieren soll: "Wenn man die Energiespeicher und den Tank von Ferrari bezieht, lässt sich nicht vieles anders machen. Aber das ist völlig legal. Wenn wir die gleiche Aufhängung haben, platzieren wir sie besser auch so, sonst funktioniert es nicht." Was die Silhouette betrifft, wird es aufgrund der ähnlichen Ausgangsposition keinen Zwillingsgeburt, aber das Ergebnis werde ähnlich aussehen.

Haas mit Hauptsitz in Kannapolis im NASCAR-Bundesstaat North Carolina setzt bei der Entwicklung seiner Verbundwerkstoffe überraschenderweise auf seinen Standort in Banbury (der ehemaligen Marussia-Fabrik in Großbritannien) und auf Dallara in Italien. Steiner erklärt: "Nur, um sicherzugehen, dass wir eine gute Verbindung zu unseren Leuten aufbauen", sagt er und erhofft sich schnellere Entwicklung durch die kürzeren Transportwege zwischen den Außenbasen.

Diverse Werkzeuge und mechanische Teile entstanden in den USA und wurden verschifft, schließlich handelt es bei der Gene Haas' Kernfirma um ein Maschinenbauunternehmen; es sind diese Synergien, die der 62jährige Industriegigant im Rahmen seines Formel-1-Projekts so häufig beschwört. Für Steiner ist außerdem klar, dass die Partnerschaft mit Ferrari für die FIA überhaupt erst die Grundlage gebildet hat, die US-Bewerbung um eine der raren Teamlizenzen zu akzeptieren.

Den personellen Umbruch bei der Scuderia sieht er unkritisch: "Das macht die Sache nicht wirklich schwieriger, schließlich sind nicht alle zum gleichen Zeitpunkt gegangen." Steiner verweist auf Technikdirektor James Allison und Motorenchef Mattia Binotto, die in ihren Funktionen rasch integriert waren, weil sie auf eine Vorgeschichte bei Ferrari zurückblicken. Obwohl es mit dem neuen Teamchef Maurizio Arrivabene bisher noch kein offizielles Treffen gegeben hat, beschreibt Amtskollege Steiner das Verhältnis als gut.

Der neue Rennleiter der Scuderia hätte seine Unterstützung signalisiert und deutlich gemacht, dass er den bisherigen Kurs unterstütze. "Als sie erkannt haben, dass wir es ernst meinen, haben sie es auch ernster genommen", rekapituliert Gene Haas die bisherige Zusammenarbeit mit Ferrari und unterstreicht: "Es ist nicht so, dass sie sich ein Juniorteam aufstellen würden. Wir haben jetzt ein ganz anderes Verhältnis zu Ferrari als in der Vergangenheit."

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