Kawasaki Ninja ZX-6R - im Test | 12.05.2005
Die Messlatte der Mittelklasse-Sportler
Die Mittelklasse-Supersport-Bikes haben mit der Kawasaki ZX-6R eine neue Messlatte, mit einer Literleistung von 205 PS setzt sie Maßstäbe.
mid/wa
Beachtliche 130 Pferdestärken machen die neue Kawasaki Ninja ZX-6R zum bislang leistungsstärksten Mittelklasse-Supersportbike und damit zur Messlatte für die Wettbewerber.
Dass die Ninja mit einem Hubraumplus von 36 Kubikzentimetern über dem üblichen Klassenlimit von 600 Kubik liegt, mag als Ausrede herhalten. Doch ändert das nichts an der Tatsache, dass die Kawasaki mit einer Literleistung von 205 PS Maßstäbe setzt. Der Preis der sportlichen Herrlichkeit liegt bei 11.750,- Euro.
Schon äußerlich hat sich die ZX deutlich verwandelt - und zwar zu ihrem Vorteil. Die etwas kantige Form des Vorgängermodells wurde ersetzt durch fließendere Linien, die vor allem der Aerodynamik zugute kommen.
Die Anordnung der Verkleidungsteile sowie die Heckpartie mit dem schick unter dem Sitz hervorlugenden Auspuff wurden mit Blick auf den Luftwiderstand gestaltet. Damit weist die neue ZX-6R laut Herstelleraussagen den besten cW-Wert auf, den eine Ninja jemals hatte.
Die japanischen Ingenieure wollten sich wohl nicht nur auf den neuen Motor verlassen, obwohl dieser mit 96 kW/130 PS, die bei 14.000 U/min erreicht werden, selbst einen wenig windschnittigen Cruiser noch beflügeln würde.
Damit leistet der Vierzylinder bei gleichem Hubraum beeindruckende zwölf PS mehr - unter Berücksichtigung des Ram-Air-Effekts sollen sogar 136 Pferdestärken zur Verfügung stehen. Dass dies grundlegende Veränderungen voraussetzte, liegt auf der Hand. So hat der Sechzehnventiler unter anderem neue Zylinder mit je zwei Einspritzdüsen, einen neuen Zylinderkopf und größere Ventile erhalten.
Somit erlaubt es die ZX, Wohngebiete mit moderaten Drehzahlen zu passieren. Doch wirklich wohl fühlt sie sich dabei nicht, denn eigentlich liebt sie das erhöhte Drehzahlvergnügen - das spürt man regelrecht. Und deshalb ist die 6R nur etwas für Leute, die keine Angst vor hoch drehenden Motoren haben.
Ab etwa 6.000 U/min galoppieren die vielen Pferdestärken der ZX vehement los, um sich vom Begrenzer erst weit im roten Bereich - knapp unter 16.000 Touren - wieder einfangen zu lassen. Indes mahnt die Kawasaki - die ihr maximales Drehmoment von 70,5 Nm bei 11.500 U/min erreicht - rund 1.000 Umdrehungen vorher per Schaltblitz einen Gangwechsel an.
Auch geschieht diese extrem anmutende Leistungsausschüttung sehr linear - und somit berechenbar, was die bis zu 268 km/h schnelle ZX zu einem überraschend stressfrei fahrbaren Motorrad macht. Denn so viel Leistung sie auch hat, Starallüren sind ihr fremd.
Das ist der zentrale Vorteil der ZX, die ungeachtet verschiedenster Rennsportmerkmale wie den radial montierten Bremssätteln, den Wave-Bremsscheiben, der Anti-Rutschkupplung - die ein Stempeln des Hinterrades bei hartem Herunterschalten aus hohen Drehzahlen unterdrückt - oder der sehr straffen Sitzposition auch im Alltag durchaus zu bewegen ist.
Möglich wird dies unter anderem durch das solide Fahrwerk, das auf einem Alu-Rahmen basiert. Mit einer verstärkten Schwinge, die wegen des kürzer bauenden Motors weiter vorne ansetzt, einer fein ansprechenden Upside-down-Gabel und der harmonischer abgestimmten Federung konnte das Fahrverhalten spürbar verbessert werden.
So rollt die neue ZX, die leer 192 Kilogramm auf die Waage bringt und einen etwas kürzeren Radstand bekommen hat, gerade auf schlechtem Untergrund komfortabler - ohne dass die sportliche Note darunter leidet.
Die ZX ist erwachsener geworden, ohne ihren "Straßenfegercharakter" eingebüßt zu haben. Der Verbrauch der Ninja liegt mit sieben Litern Superbenzin im Rahmen. In Verbindung mit dem 17 Liter fassenden Tank sind damit Etappen von rund 240 Kilometern möglich.
Auch dies macht deutlich, wie gut der Kawasaki der Spagat zwischen Rennsportatmosphäre und Alltagsnutzen gelingt. Selbst an eine ins Zündschloss integrierte Wegfahrsperre ist gedacht worden.
Zwar gibt es auch bei der neuen, 11.750,- Euro teuren ZX Kritikpunkte wie das schlecht ablesbare digitale Cockpit oder der für große Fahrer etwas unbefriedigende Windschutz. Doch sind dies nur Randnotizen zu einem ansonsten sehr gelungenen Sportbike, das nicht nur wegen des stärksten Motors dieser Klasse zu überzeugen weiß.
Technische Daten Kawasaki Ninja ZX-6R:
Flüssigkeitsgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, vier Ventile pro Zylinder, 636 ccm Hubraum, Leistung 96 kW/130 PS bei 14 000 U/min (mit Ram-Air-Effekt 100 kW/136 PS bei 14 000 U/min), max. Drehmoment 70,5 Nm bei 11 000 U/min, elektronische Einspritzung, sechs Gänge, Sitzhöhe 82 Zentimeter, Tankinhalt 17 Liter, Reifen vorn 120/65 ZR 17, hinten 180/55 ZR 17, Leergewicht 192 Kilogramm, Zuladung 180 Kilogramm, Höchstgeschwindigkeit 268 km/h, Verbrauch 7 Liter Superbenzin auf 100 Kilometer
Preis: 11.750,- Euro