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Drive like an Indian

Die Neuauflage der Chief-Baureihe von Indian bietet moderne Technik in Retro-Verpackung, gewaltige Ausmaße und jede Menge Chrom.

Thilo Kozik/mid

Kürzlich feierte die legendäre US-Marke Indian mit ihrer dreiköpfigen Chief-Baureihe eine spektakuläre Wiedergeburt. Das wohl auffälligste Modell des Trios ist die Chief Vintage, die an die Wurzeln der 1901 gegründeten Marke erinnert.

So sieht der tief heruntergezogene Vorderrad-Kotflügel nicht nur nach Metall aus, er besteht auch daraus. Dazu gibt es schicke Vielspeichenräder mit klassischen Weißwandreifen, Echtleder-Satteltaschen mit Fransenbehang und jede Menge Chrombeigaben. So wirkt die Vintage wie ein amerikanisches Touringmodell aus längst vergangenen Zeiten.

Diese Attitüde wird unterstützt durch die klassische Front mit Scheibe und Zusatzscheinwerfern und natürlich die dominante, wunderschön ins Zentrum der Betrachtung gerückte Antriebseinheit - selbstverständlich ein luftgekühlter V2-Motor mit feinen Kühlrippen.

Doch so antiquiert der Stoßstangen-Twin auch aussieht, er ist ein Produkt moderner Motorenentwicklung. Beim Thunder Stroke 111 genannten Motor handelt es sich um einen 49-Grad-V-Twin mit drei untenliegenden Nockenwellen, die je Zylinder zwei Ventile bedienen. Über ein Sechsgang-Getriebe mit Overdrive bringt es das Triebwerk zwar nur auf 62 kW/84 PS. Doch in dieser Fahrzeugkategorie spielt das Drehmoment die entscheidende Rolle, und das fällt mit 139 Newtonmetern bei schlappen 3.000/min gewaltig aus.

Verglichen mit der Optik ist die Startprozedur äußerst modern mittels Knopfdruck auf dem Tank, da ein mitgeführter Transponder die Zündung freigibt. Ein kräftiges "Klonk" kündet vom Einlegen des ersten Ganges, und von der mechanischen Seilzugkupplung wohl dosiert setzt der Vortrieb ein. Leider hat Indian auf eine Schaltwippe verzichtet, die dem Klassik-Stil die Krone aufgesetzt hätte, so wird das Sechsganggetriebe mit Overdrive per schnödem Schalthebel bedient.

Die typische V-Twin-Charakteristik dieses durchzugsstarken Kraftprotzes fordert frühes Hochschalten heraus und erlaubt sehr niedrige Drehzahlen. Dabei massiert die entspannt blubbernde Auspuffnote etwaigen Stress aus dem Kopf, bis der Roadmaster-Pilot die Cruise Control vom rechten Lenker-Ende aktiviert hat und mit lässigen 2.500 Touren unterm Hintern die Gegend genießt.

Kaum Vibrationen sowie schluck- und verzögerungsfreies Umsetzen von Handgelenksbefehlen unterstreichen die guten Manieren des US-Twins. Lediglich beim Wiederaktivieren des Tempomaten gibt es einen spürbaren Schlag im Antriebsstrang. Ansonsten erfüllt das Aggregat voll und ganz die Erwartungen an souveränes "American Cruising" im niedertourigen Bereich.

Zur gelungenen Fortbewegung im kalifornischen Hinterland gehört auch eine entspannte Ergonomie, und die hat die Vintage fraglos zu bieten. So ruhen die Stiefel lässig auf breiten Trittbrettern, der Fahrer sitzt mehr im als auf dem tiefen Ledersitzmöbel und genießt volle Kontrolle in bodennahen 660 Millimeter Höhe.

Die gute Unterstützung im unteren Rücken lässt auch einen ganzen Tag im Sattel ermüdungsfrei überstehen. Hinzu kommt der gute Windschutz durch die hohe Scheibe, die erst bei höherem Tempo leichte Turbulenzen am Helm verursacht. Störender sind jedenfalls die bei starker Sonneneinstrahlung auftretenden Reflektionen.

Doch die Indian kann nicht nur geradeaus. Auf den gewundenen Asphaltbändern durch die San Bernardino Mountains erfreut das Bike trotz seiner stattlichen 379 Kilogramm Gewicht mit einer für diese Klasse erstaunlichen Agilität.

Die gute Schräglagenfreiheit und ordentliche Verteilung der Pfunde zahlen sich in gut kontrollierbarer Kurvenfreude aus. Stabil durchpflügt der Vintage-Cruiser die verschiedenen Radien und lässt sich auch von kleineren Schlaglöchern nicht erschüttern. Zwar wirkt der breite Lenker beim Einlenken ein wenig sperrig und in Schräglage verlangt der Chief nach einer starken Führungshand, doch beim kurvigen Fahrspaß gibt's für Cruiserfahrer nichts zu meckern.

Diese sind auch den recht hohen Kraftaufwand gewohnt, den der Handbremshebel verlangt. Typisch amerikanisch kommt die Hauptverzögerung vom Heck, hier ebenso wie vorn von einem spät eingreifenden ABS gegen Radblockaden gesichert.

Nicht nur fürs Aussehen sind die Echtleder-Satteltaschen mit Fransenbehang gemacht. Drei Schnellverschlüsse geben die etwas schmale Öffnung frei, das Volumen selbst reicht locker für einen Wochenendtrip. Zur chromgeladenen Ausstattung gehört noch ein tankmontiertes Kombiinstrument mit gut ablesbarem Analogtacho und kleiner LCD-Wechselanzeige unter anderem für den Durchschnittsverbrauch.

Allgegenwärtig ist der verschnörkelte klassische Marken-Schriftzug auf Motordeckel im Tacho und dem LED-Rücklicht. Es gibt einen Schlüssel fürs Lenkschloss in Indianerkopf-Form und überall prangt die Zahl 1901, die daran erinnert, dass Indian zwei Jahre vor dem großen Rivalen Harley-Davidson aus Milwaukee gegründet wurde.

Natürlich fehlt auch die War Bonnet nicht, der markante Indianerkopf auf dem vorderen Kotflügel. Preislich rangiert die Indian Chief Vintage mit einem Österreich-Preis von 29.990 Euro (Deutschland: 25.299 Euro) in Harley-Regionen, und die relaxte und auf Wunsch sogar fahrdynamische Art der Fortbewegung macht sie zur ernsthaften Alternative für Milwaukee-Eisen.

Technische Daten Indian Chief Vintage

Fullsize-Cruiser mit luftgekühltem Viertakt-Zweizylinder-V-Motor, zwei Ventile je Zylinder, ohv, drei untenliegende Nockenwellen, Hubraum: 1.811 ccm, Bohrung x Hub: 101 mm x 113 mm, max. Leistung: 62 kW/84 PS bei 4 500/min, maximales Drehmoment 138,9 Nm bei 3.000/min, elektronische Kraftstoffeinspritzung, geregelter Katalysator, Sechsganggetriebe, Zahnriemenantrieb; Leichtmetall-Rückgratrahmen, Telegabel vorn, Zweiarmschwinge mit Zentralfederbein hinten, zwei Scheibenbremsen vorn, eine hinten, ABS, Reifen vorn: 130/90-16, hinten: 180/65-16, Sitzhöhe: 660 mm, Tankinhalt: 20,8 l, Gewicht vollgetankt: 379 kg, Österreich-Preis: 29.990 Euro (Deutschland: 25.299 Euro).

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