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Motorsport: Reportage

Böses Insekt - heiße Exkursion auf Schotter

Der Autocross-Zweigverein WRT-Hollabrunn lud die Reporter ein, einmal selbst im Autocross-Tourenwagen und Renn-Buggy Platz zu nehmen…

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Walter Vogler, weitsicht.cc

Da stehen sie, die vier Boliden (siehe Bild oben). Auf höchst professionelle Weise wurde auf dem WRT-Ring in Hollabrunn ein Medien-Vormittag abgehalten, um dem schreibenden und fotografierenden Volk den Autocross-Sport und den legendären Ring aus der Cockpit-Perspektive zu präsentieren.

Zunächst wird im Klub-Boliden die Strecke besichtigt, mit WRT-Hollabrunn-Obmann Franz Häusler als Instruktor auf dem Beifahrersitz.

Weil man die Bevölkerung von Hollabrunn vor einer kompletten Einstaubung schützen möchte, fährt regelmäßig der Spritzwagen um den Schotterkurs – natürlich ausgerechnet vor unserer Nase.

Haben wir einen Scheibenwischer? Ja, den gibt’s. Kurz nach dem Aufspritzen wird der Kurs derart rutschig, dass man auch mit dem 90 PS-Klub-Escort höllisch aufpassen muss…ein kleiner Dreher gehört natürlich auch dazu. Die Tipps vom Obmann, in Bezug auf Linie und Gänge, haben wir im Gepäck…

Keine Scheibe im Escort

Als nächstes steht ein 900 kg schwerer Autocross-Ford Escort RS2000 mit rund 150 PS auf dem Programm. Das Alfa-Fahrwerk und die doch griffigeren Fedima-Reifen sorgen dafür, dass der Wagen gleich einmal viel besser liegt (es sitzt auch kein Klubobmann auf dem Sozius ;) ) – ungewohnt ist natürlich die fehlende Windschutzscheibe bzw. das Netz, durch das man hindurch schaut.

Der Besitzer des Autos, der 17-jährige Junior Christoph Brauneder, konnte mit dem roten Boliden im Vorjahr einen Klublauf gewinnen. Der Wagen ist frontangetrieben - das heißt, er hilft mit, er zieht einen quasi aus der Kurve hinaus, vorausgesetzt, man lenkt in die richtige Richtung und gibt zum richtigen Zeitpunkt Gas. Brauneder bittet uns, in der Steilwandkurve nicht zu weit außen zu fahren – die Steilwandkurve ist die Attraktion des Kurses, es befinden sich zwei Senken in ihr, hier soll man aber ohnehin nicht zu weit außen fahren, vor allem am Kurvenausgang würde man so nur wertvolle Meter herschenken…

Während die Autos davor mit einer normalen H-Schaltung versehen waren, ist für den Umstieg auf den Renn-Buggy ein kleines technisches Briefing nötig, welches der Besitzer des 200 PS starken PAS-Buggys mit 1300 ccm-Suzuki Hayabusa-Motorradmittelmotor, Thomas Markus, vornimmt. Er wurde 1997 und 1999 Autocross-Staatsmeister sowie ungarischer Meister 2001, im Vorjahr hat er auf dem WRT-Ring mit dem PAS-Buggy den Rundenrekord (30,94 Sekunden) gebrochen.

Das Hayabusa-Seriengetriebe wird natürlich wie auf dem Motorrad geschalten – der Fahrzeugbesitzer sieht es daher nicht gerne, wenn jemand den Schalthebel verzweifelt nach links oder rechts drückt (was auch niemand getan hat), der Schalthebel wird nur einmal kurz angetippst, nach vorne ist der 1. Gang, für die anderen Gänge muss der Schaltknopf nach hinten gedrückt werden. Angenehm für Anfänger: Auf dem digitalen Display wird neben der Öl- und Wassertemperatur auch der jeweilige Gang angezeigt. Und auch die Drehzahlen werden mittels Leuchtdioden angezeigt. Markus selbst schaltet nie weiter runter als in den 3. Gang – wir werden also nur 3. und 4. Gang verwenden, hören wir.

Das Wegfahren – da stehen nun die Kollegen und warten, ob man das Ding abwürgt oder ob man vielleicht gleich mit durchdrehenden Rädern seitwärts schlittert. Doch auch wenn der Pedalweg extrem kurz ist, kann man es gut regulieren – dass dieses Ding heiß ist, merke ich davor, als ich einmal kurz aufs Gas trete, sogleich heult der Motor auf, das Ding ist auf jeden Fall ziemlich laut.

Giftige Tarantel

Dass es zudem auch sehr giftig ist, merke ich, nachdem ich im 1. Gang auf die Strecke gerollt bin. Wie von einer Tarantel gestochen setzt sich der Buggy in Bewegung – das ist kein Wunder, denn rund 200 PS stehen einem Gewicht von gerade einmal 470 kg gegenüber. Es macht einen Riesenspaß, aufs Gas zu steigen – so ein Buggy ist ein bisschen wie ein Rennkart auf Schotter. Der Allradantrieb und das Proflex-Fahrwerk sorgen dafür, dass einem nicht andauernd das Heck auskommt, aber auch mit Allradantrieb geschieht das recht schnell. Ich könnte ewig weiterfahren, doch dann kommt die Zielflagge…

Als nächstes steht ein 180 PS starker Buggy mit Heckantrieb auf dem Programm – der Besitzer Heinz Bachmaier möchte nur zwei der Journalisten mit seinem doch ziemlich giftigen Renngerät fahren lassen und es mir eine Ehre, dass ich einer davon war – die Profis haben mir ein gute, sich herantastende und auch nicht unflotte Fahrweise attestiert, was einen natürlich freut…

“Ich wusste, dass es sich ausgeht“

Bevor wir in den gelb-blauen Buggy klettern, fährt Bachmaier selbst ein paar Runden. Es wird sofort klar, warum der Buggy mit Heckantrieb mit weitaus mehr Vorsicht zu genießen ist – Bachmaier kommt am Ausgang der Steilwandkurve das Heck aus, er schrammt haarscharf an den Reifenstapeln vorbei, wir werden mit Sand eingestaubt – nachher sagt Bachmaier: „Als das Heck kam, bin ich einfach aufs Gas gestiegen – ich wusste, dass sich das ausgeht.“

Weil der Buggy doch sehr giftig ist, werden wir von einem Hügel hinab gerollt, direkt auf die Rennstrecke. Jetzt kommt das Wechselspiel zwischen Respekt und Neugier – wie viel Gas verträgt er, bevor das Heck kommt? Doch dieses ist ein wirklich giftiges Insekt, das mit Vorsicht behandelt werden will, die Profis lenken diese Fahrzeuge einzig mit dem Gaspedal – noch ehe ich zu übermütig werden könnte, setzen Motoraussetzer ein. Bachmaier bestätigt: „Da gab’s schon bei meiner Fahrt Probleme mit der Elektronik.“

Blut geschwitzt

Mit einem solchen Ungetüm die Steilwandkurve zu nehmen ist ein Gefühl, das man eigentlich nicht in Worte fassen kann – wobei der Respekt respektive die Verantwortlichkeit für das Renngerät einen naturgemäß bremsen. Den Besitzern der Fahrzeuge muss unbedingt ein großer Dank ausgesprochen werden – sie haben Blut geschwitzt, als die wahnsinnigen Journalisten mit ihren Renngeräten losgelassen wurden – und das macht nicht jeder, dass er sein Renngerät jemandem anvertraut…

Welch großer Unterschied zwischen unseren Fahrversuchen und der Wirklichkeit besteht, wird auch klar, als Thomas Markus seinen PAS-Buggy um den Kurs fliegen lässt. Ein ungemeines Gebrüll, an den unglaublichsten Stellen quer – und sehr viel Staub. So viel Action bei nur einem Fahrzeug – bei den Rennen werden es bis zu 14 solcher Speed-Wespen sein, die losgeschickt werden…

Bei den ÖM-Läufen sind bis zu 3.000 Zuschauer vor Ort – die Rennen der verschiedenen Klassen sind maximal 8 Runden lang. Es gibt kurzweilige, heiße Action und ein Besuch kann nur empfohlen werden.

Zudem ist Autocross eine besonders günstige Art, Motorsport zu betreiben. Um die 500 Euro kostet der Umbau eines Gebrauchtwagens (Notausschalter, Überrollbügel) – man kann also bereits um rund 2000 Euro ein Renngerät zusammenbasteln und damit bei den Klubrennen auf dem WRT-Ring antreten.

Weitere Infos zum Thema Autocross gibt es auf der Homepage des WRT-Hollabrunn.

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