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WRC: Finnland-Rallye

Lappi siegt beim Debütantenball

Esapekka Lappi gewinnt bei seinem erst vierten WRC-Start sensationell die Finnland-Rallye, während die WM-Favoriten reihenweise straucheln.

Fotos: RedBullContentPool

Toyota-Youngster Esapekka Lappi hat seinen kometenhaften Aufstieg in der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) mit einem umjubelten Sieg bei der Finnland-Rallye gekrönt. Der amtierende WRC2-Champion zeigte bei seiner Heimrallye eine abgeklärte und starke Leistung, hielt über lange Zeit seinen erfahrenen Teamkollegen Jari-Matti Latvala in Schach und feierte nach dessen Ausfall letztlich hochverdient bei seiner erst vierten Rallye in einem World-Rally-Car seinen ersten Sieg.

Im Ziel hatte Lappi nach 25 Sonderprüfungen über 314,20 Kilometer einen Vorsprung von 36,0 Sekunden auf Elfyn Evans (Ford). Dritter wurde Lappis Teamkollege und Landsmann Juho Hänninen (+36,3 Sekunden), der damit zum ersten Mal in der WRC auf dem Podium steht. Die WM-Anwärter Sebastien Ogier (Ford) und Thierry Neuville (Hyundai) verpassten in Finnland ein Top-Ergebnis. Ogier schied nach einem Ausfall am Freitag aus und muss sich die WM-Führung nun mit Neuville teilen. Der Belgier liegt nach Platz sechs sowie Rang drei in der Powerstage nun gemeinsam mit Ogier mit 160 Punkten an der Spitze.

"Das ist einfach toll, was für eine Rallye. Ein großer Dank an das Team, die mir so ein tolles Auto gegeben habe", sagt ein sicherlich Lappi im Ziel, nachdem er die Gratulationen seiner finnischen Kollegen entgegengenommen hatte. "Das war meine Heimrallye, ich sollte also stark sein, und das war es", zeigt der Youngster im Moment seines bisher größten Erfolgs gesundes Selbstvertrauen.

WRC-Lehrling Lappi legt seine Gesellenprüfung ab

Sichtlich stolz war sein Teamchef Tommi Mäkinen, der als Fahrer viermal die Finnland-Rallye gewonnen hat: "Ich hatte schon vor der Rallye das starke Gefühl, dass Esapekka es schaffen kann. Es war fast so wie bei meinem ersten Sieg hier vor mehr als 20 Jahren." Und der Youngster enttäuschte seinen Teamchef nicht. Am Freitag hatte er 26-Jährige mit Bestzeiten bei acht Sonderprüfungen (SP) seine Ambitionen unterstrichen. Am Samstag behielt er trotz eines Angriffs seines Teamkollegen Latvala die Nerven und fuhr letztlich souverän den Sieg ins Ziel.

Während sich Lappi am Schlusstag im Grunde nur noch hätte selbst schlagen können, blieb der Kampf um Platz zwei bei zum letzten Meter spannend. Erst auf der Powerstage schob sich Evans an Hänninen vorbei. "Nachdem der Freitag alles anderes als ideal war, hätten wir nie gedacht, dass wir am Sonntag hier stehen würden", sagt Evans, der zu Beginn der Rallye über Handling-Probleme geklagt hatte. Durch seine starke Aufholjagd trug Der Waliser auch seinen Teil dazu bei, dass M-Sport die Führung in der Herstellerwertung trotz Ogiers Ausfall und Platz sieben von Ott Tänak ausbaute.

Neben Lappi hatte sich in Finnland noch ein weiterer Lokalmatador stark in Szene gesetzt. Teemu Suninen (Ford), der erst seine dritte Rallye im WRC-Auto fuhr, war lange Zeit der erste Verfolger des Führungsduos Lappi/Latvala und lag am Schlusstag auf Kurs zu Rang zwei. Bei der vorletzten Sonderprüfung entkam der 23-Jährige dann aber mit Glück einem schweren Unfall. Sein Fiesta überstand den Dreher bei hohem Tempo mit lädierter Front, Suninen konnte seine Fahrt fortsetzen und kam als Vierter ins Ziel.

Temporekord wird knapp verpasst

Wie erwartet wurde die Finnland-Rallye zu mit den stärkeren Autos des Jahrgangs 2017 zu einer Tempojagd. Teilweise wurden bei den Sonderprüfungen Durchschnittsgeschwindigkeiten von 140 km/h gefahren, Mads Östberg (Ford) flog am großen Sprunghügel der Sonderprüfung "Ouninpohja" am Samstag 50 Meter weit. Allerdings hatten die Organisatoren einige Sonderprüfungen durch umstrittene Schikanen aus Strohballen eingebremst, sodass der Rekord für die schnellste WRC-Rallye aller Zeiten knapp verpasst wurde. Lappis Durchschnittsgeschwindigkeit betrug 126,1 km/h, womit der den Rekord von Kris Meeke (126,6 km/h) aus dem Vorjahr bestehen bleibt.

Während die Top 3 auf dem ungewöhnlich besetzten Podium allen Grund zum Feiern hatten, mussten die WM-Favoriten bei der Finnland-Rallye reihenweise Federn lassen. Allen voran Ogier, dessen Rallye schon am Freitag nach einem Unfall bei der vierten Sonderprüfung beendet war. Bei einem weiten Sprung hatte Ogier das Fahrwerk seines Fiesta WRC beschädigt und war in der Folge abgeflogen.

"Die Landung war etwas heftig, und dann hatte ich hinten rechts keine Dämpfung mehr", erklärt Ogier. "Gegen Ende der Prüfung war ich dann ein wenig abgelenkt, und habe ein bisschen zu spät gebremst. Das in Kombination mit dem kaputten Stoßdämpfer hat zum Abflug geführt." Der Fiesta WRC schlug heftig mit der rechten Seite gegen einen Baum. Während Ogier den Unfall unverletzt überstand und M-Sport das abgerissene Hinterrad ebenfalls ersetzten konnte, erging es Beifahrer Julien Ingrassia nicht so gut.



Nullnummer für Ogier nach Abflug am Freitag

Der Franzose zog sich bei dem Unfall eine Gehirnerschütterung zu, weshalb er und Ogier nicht wie zunächst geplant am Samstag unter Rallye-2-Reglement in den Wettbewerb zurückkehrten. Zunächst hoffte das Team, dass sich Ingrassia im Laufe des Samstag ausreichend erholt, um am Sonntag zusammen mit Ogier um Punkte in der Powerstage zu kämpfen. Nach einer weiteren Untersuchung stand jedoch fest, dass ein Neustart aus gesundheitlichen Gründen ausgeschlossen ist. Ogier und Ingrassia blieben damit in Finnland ohne WM-Punkte.

Durch den Ausfall von Ogier schien der Weg frei zu sein für den WM-Zweiten Thierry Neuville (Hyundai). Doch der Belgier konnte den Elfmeter ohne Torwart nicht verwandeln. Seine frühe Startposition spielte bei seiner durchwachsenen Vorstellung am Freitag sicherlich auch eine Rolle, aber der Hyundai i20 WRC war einmal mehr in Finnland nicht konkurrenzfähig. "Wir geben alles, aber die Zeiten kommen einfach nicht", klagte Neuville, der am Freitag schon 58 Sekunden auf die Spitze verlor.

Auch an den nächsten beiden Tagen kam der Belgier nicht recht in Schwung. So stand am Ende nach sechs Podiumsresultaten in Folge nur Platz sechs für ihn zu Buche. Teamkollege Dani Sordo fuhr in Finnland hoffnungslos hinterher und wurde Neunter, Hayden Paddon schied am Freitag und Samstag durch Unfälle aus. Die Finnland-Rallye bleibt damit die große Achillesferse von Hyundai. Seit dem Comeback des koreanischen Werksteams im Jahr 2014 stand dort noch nie ein Hyundai-Fahrer auf dem Podium.

Hyundai verpasst in Finnland erneut das Podium

Nach den Problemen von Ogier und Neuville sah es lange Zeit so aus, als wäre Latvala (Toyota) der große Profiteur. Der erfahrene Finne hatte sich am Freitag und Samstag einen packenden Zweikampf mit Lappi um die Spitze geliefert. Nach fünf SP-Bestzeiten am Samstag lag Latvala in Führung, ehe ihn bei der 19. Sonderprüfung ein Technikdefekt ereilte. Beim zweiten Durchgang von "Ouninpohja" rollte sein Yaris WRC ohne Vortrieb aus. "Es war die Motorsteuerung. Dieses Problem ist vorher noch nie aufgetreten. Das Teil kommt von einem Zulieferer und war kein Fehler des Teams", ärgert sich Latvala.

Speerspitze von Citroen, die alle sportlichen Ambitionen in der Saison 2017 abgeschrieben haben und sich ab sofort auf das Jahr 2018 vorbereiten, war mit Platz fünf Craig Breen. Rückkehrer Kris Meeke, der zuletzt bei der Rallye Polen hatte aussetzen müssen, belegte nach einer farblosen und einmal mehr nicht fehlerfreien Leistung Rang acht.
In der in Finnland schwach besetzten WRC2-Wertung setzte sich in Abwesenheit der Titelkandidaten der Finne Jari Huttunen durch. Der Skoda-Pilot hatte im Ziel mehr als zwei Minuten Vorsprung vor Quentin Gilbert (Skoda Fabia R5), Dritter in der Klasse wurde der Brite Tom Cave in einem Hyundai i20 R5.

Ogier und Neuville in der WM nun gleichauf

In der WM-Wertung liegen Ogier und Neuville wie erwähnt mit 160 Punkten gleichauf. Da Neuville jedoch eine Rallye mehr als Ogier gewonnen hat, wird er auf Position eins gewertet. In der Herstellerwertung baute M-Sport die Führung durch das schwache Abschneiden von Toyota auf 34 Punkte aus.

Weiter geht es mit der Rallye-Weltmeisterschaft in drei Wochen. Dann ist die WRC vom 17. bis 20. August bei der Deutschland-Rallye in St. Wendel und Umgebung zu Gast.

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