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Ratgeber: Thema Gebrauchtwagenkauf

Gebraucht wagen!

Warum nicht einen jungen Gebrauchtwagen erstehen und viel Geld gegenüber einem Neuen sparen? Was man beachten muss, lesen Sie hier.

Spätestens seit der Wirtschaftskrise 2009 ist Geiz für die meisten von uns geil. Auch, und vor allem, wenn es um eine verhältnismäßig große Investition wie ein Auto geht. Von dieser neuen Einstellung profitieren auch die „Billigmarken“ großer Konzerne. Warum einen Renault kaufen, wenn es doch auch Dacia gibt? Warum einen VW, wenn Skoda alles genauso gut kann.

Durchaus legitime Überlegungen, aber denkt man noch einen Schritt weiter, landet man beim Thema Gebrauchtwagen. Ein beispielsweise drei Jahre alter Gebrauchter hat den größten Wertverlust schon hinter sich, ist aber technisch noch immer auf einem weitgehend aktuellen Stand. Außerdem kann man heutzutage Gebrauchtwagen jederzeit leasen oder via Kredit erwerben.

Allerdings lauern beim Thema Gebrauchtauto deutlich mehr Fallen als bei Neuwagen. Beim neuen Auto kann man bestenfalls bei der Rabattverhandlung patzen oder ein Montagsauto erwischen, mit dem man mehrmals außerplanmäßig in die Werkstatt muss.

Dank Fahrzeuggarantie bzw. Gewährleistung kostet das aber häufig „nur“ Zeit und Nerven, doch immerhin kein Geld. Deutlich komplexer wird die Sache beim Gebrauchtwagenthema, hier daher ein paar Tipps, die nachträglichen Ärger ersparen helfen:

1. Wo kaufe ich am besten einen Gebrauchtwagen?

Hier beginnt schon mal die Grundsatzentscheidung: Privat vs. Händler. Beim Autokauf von Privaten gibt es keine Garantie und man hat kaum die Möglichkeit den Verkäufer für Mängel zu belangen. Bestenfalls, wenn sich das Auto als komplette Mogelpackung entpuppt. Aber auch in diesem Fall bleibt einem der Weg vor Gericht samt sämtlichen finanziellen Vorleistungen nicht erspart.

Anders beim Händler. Der Händler muss eine Gewährleistung für das Auto geben. Aber auch hier ist Vorsicht geboten. Es gibt auch unter den Händler unseriöse Anbieter. Daher: Erscheint ein Autoplatz oder der Verkäufer schon etwas suspekt, sollte man beim Auto der Wahl nochmals ganz genau hinsehen.

Bei einem Fahrzeugalter von mehr als drei Jahren ist eine Überprüfung beim ARBÖ oder ÖAMTC empfehlenswert. Oft genügt schon die Frage danach. Lehnt der Verkäufer rundweg ab, ist Vorsicht geboten. Umgekehrt mutet die Frage nach dem ÖAMTC-Test bei einem zwei Jahre alten, servicegepflegten Auto mit 20.000 Kilometern am Tacho etwas seltsam an.

2. Wie erkenne ich, ob das Auto meiner Wahl schon mal einen Unfall hatte?

Für den Laien ist diese Aufgabe relativ schwierig – vor allem wenn bei der Reparatur wirkliche Profis am Werk waren. Meistens sind davon aber eher teure Gebrauchtwagen betroffen. Bei billigen Autos zahlt sich eine aufwändige Reparatur, die Unfälle vertuschen soll, kaum aus.

Man sollte jedoch stutzig werden, wenn auch nur eines der folgenden Dinge auftritt:

- Der Lack ist an manchen Stellen unterschiedlich hell bzw. dunkel
- Es sind Lackspuren an Stellen wo sonst kein Lack ist (z.B. am Federbein, an Gummidichtungen etc.)
- Türen, Motorhaube oder Kofferraumdeckel weisen unterschiedliche Spaltmaße auf.
- Schrauben bzw. Muttern an Karosserieteilen sind neu oder erkennbar vor kurzer Zeit verschraubt worden
- Der Geradeauslauf des Autos ist nicht gut.

3. Welche Formulierungen im Kaufvertrag sollten mich stutzig machen?

Gefährlich wird es, wenn z.B. ein Händler „ohne Gewährleistung“ in den Kaufvertrag schreiben möchte. Wenn sich der Händler so aus seiner Verantwortung ziehen möchte, sollten alle Alarmglocken läuten.

Auch eine Floskel, die immer wieder gerne genommen wird, ist „Wie gesehen und probegefahren“. Da kann später schnell gesagt werden „Das war ja schon bei der Probefahrt so“. Eine solche ist bei Privatverträgen zur Absicherung des Verkäufers OK (denn auch er geht ein gewisses Risiko ein), bei einem Händler sollte sie jedoch Misstrauen erwecken.

4. Woran erkennt man einen manipulierten Kilometerstand?

Die Manipulation des Kilometerstands ist heutzutage noch leichter als früher. Musste bei Autos mit analogem Kilometerzähler noch das halbe Armaturenbrett ausgebaut und eine Bohrmaschine o. Ä. zum tagelangen Rückstellen bemüht werden, ist bei den neuen Autos mittels Computer der Kilometerstand in wenigen Sekunden geändert.

Wenn jemand den Kilometerstand von 287.000 auf 160.000 ändert, ist es recht schwer das herauszufinden. Wird der Kilometerstand aber von 140.000 auf 70.000 geändert, kann dies schon festgestellt werden.

Das deutlichste Indiz ist hier die Abnützung des Innenraums. Bei einem Auto mit 70.000 Kilometern sollten Pedale, Schaltknauf und Sitze in einem recht guten Zustand sein. Ist aber etwa der Fahrersitz durchgesessen und sind keine Rillen mehr an den Pedalen zu erkennen, sollte man lieber ein anderes Auto bzw. einen anderen Händler wählen.

5. Wie wichtig ist ein Serviceheft?

Am wichtigsten beim Kauf eines Gebrauchten ist das Serviceheft. Hier sehen Sie auf einem Blick, wie gut das Auto gewartet wurde. Gerade bei relativ neuen Autos sollte es unbedingt ein Serviceheft geben. Noch besser ist es natürlich, wenn auch noch die Originalrechnungen mit dabei sind.

Trotz vorhandenem Serviceheft sollten man stutzig werden, wenn die Stempel für die Inspektionen vom gleichen Händler sind, der das Auto verkauft. Dann muss man besonders darauf achten, ob Unterschrift, Kugelschreiberfarbe und Intensität immer die gleiche ist. Geheimtipp: Wird der Stempel von Jahr zu Jahr schwächer, wurden die "Services" garantiert binnen Sekunden im Büro erledigt.

6. Kann ein Blick in den Typenschein beim Kauf helfen?

Der Blick in den Typenschein zeigt sehr viel über die Vergangenheit des Autos. Man sieht sofort, wie viele Vorbesitzer das Auto hatte bzw. wo das Auto angemeldet war (z.B. im Ausland). Ist im Typenschein an erster Stelle eine Autovermietung, kann man sicher sein, dass der Wagen von der ersten Sekunde an wenig pfleglich behandelt wurde. Das gleiche kann auch bei Firmenwagen gelten, die keinem bestimmten Fahrer zugeordnet waren.

Ebenfalls merkwürdig sollten zahlreiche Vorbesitzer erscheinen, bei denen das Auto immer nur ein paar Monate lang in Diensten stand. Hier könnte es sich um ein Montagsauto handeln, von dem sich die Vorbesitzer so schnell wie möglich wieder trennen wollten.

7. Das Auto hat schon über 100.000 Kilometer auf dem Tacho – zu viel?

Der Kilometerstand allein sagt noch nicht viel über das Auto und seinen Zustand aus. Viel wichtiger ist es, hier die Rahmenbedingungen zu sehen. Kann der Vorbesitzer plausibel machen, dass er - etwa aufgrund seines Berufs - vor allem lange Autobahnstrecken gefahren ist und das Auto immer pünktlich zum Service gebracht hat, ist das oft besser, als ein Auto mit 40.000 Kilometern, die ausschließlich im Stadtverkehr zurückgelegt wurden.

Bei 100.000 Kilometern sollte man aber auch darauf achten, ob schon Verschleißteile getauscht worden sind. Ist das nicht der Fall, wird auf die nächsten paar tausend Kilometer einiges an Reparaturkosten dazukommen. Daher sollte man sich unbedingt erkundigen, bei welchem Kilometerstand bei diesem Modell Wechsel von Verschleißteilen wie z.B. dem Zahnriemen notwendig sind.

8. Wie sieht es bei gebrauchten Autos mit der Sicherheit aus?

Ein von Rost zerfressener, 15 Jahre alter Wagen ist bei einem Unfall natürlich nicht mehr so sicher wie ein erst drei Jahre alter Wagen der über sämtliche Airbags oder gar Assistenzsysteme verfügt. Es ist ein Trugschluss, dass ein altes großes Auto sicherer ist als ein neues kleines. Die Chance, ein und denselben Unfall mit einem zwei Jahre alten Kleinwagen unverletzt zu überstehen, ist größer, als den gleichen Unfall mit einem zwölf Jahre alten Wagen der Luxusklasse.

Ganz wichtig ist auch der Zustand von Bremsen und Reifen plus das Reifenfabrikat. Ein zehn Jahre altes Auto mit neuen Bremsbelägen und -Scheiben sowie jungen Markenreifen steht mit großer Sicherheit früher als ein drei Jahre altes Auto mit abgenützten Bremsen und Reifen einer unbekannten Billigmarke.

9. Kann man bei Gebrauchtwagen vom Händler Rabatt rausholen?

Hier bestimmt wie immer die Nachfrage den Preis. Grundsätzlich sollte man natürlich nichts unversucht lassen. Bei manchen Autos hat es der Händler aber nicht notwendig, nochmals mit dem Preis entgegenzukommen.

Die Verhandlungsposition des Käufers ist umso besser, je exotischer das Auto ist. Ein kompakter drei Jahre alter Diesel verkauft sich um einiges schneller als eine große Limousine aus Fernost mit 200 PS starkem Benzinmotor.

10. Sind "garagengepflegte" Fahrzeuge wirklich besser?

In Anzeigen findet man oft klassische Floskeln, die als Kaufargumente dienen sollen. Hier deren Vor- und Nachteile:

- "Pensionistenfahrzeug" bzw. „Rentnerfahrzeug“
Soll mitteilen, dass dieses Auto gepflegt und behutsam bewegt worden ist. Dass die Kupplung frühzeitig aufgibt und der 5. und 6. Gang eingerostet sind, wird verschwiegen.

- „alle Extras“
Kann wirklich sein, dass es jemanden gibt, der die ganze Ausstattungsliste in sein Auto gestopft hat. In Wirklichkeit fehlt nach „alle Extras“ der Hinweis „die der Erstbesitzer haben wollte“.

- „Notverkauf“
Dies soll uns mitteilen, dass der Wagen unbedingt schnell verkauft werden muss und daher günstig zu haben sein wird. In Wirklichkeit muss der Wagen schnell weg, damit die teure Reparatur, die bald ansteht, nicht selbst gemacht werden muss. Alternativ dient die Floskel auch dazu, einen günstigen Preis vorzugaukeln, der in Wirklichkeit aber keiner ist.

- „Garagengepflegt“
Will sagen, dass dieses Auto immer in der Garage gestanden ist und nicht nur einen Laternenparkplatz hatte – somit in einem Top-Zustand. Dass es für das Auto gar nicht gut ist, die salznasse Kruste der Winterausfahrt mit in die warme Garage zu nehmen, wird hier genauso verschwiegen, wie dass die Garage noch mit einem Motorrad, Rasenmäher, Fahrrad und der Aluleiter geteilt werden muss – Kratzer rundum sind da natürlich inklusive.

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