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Wie von Geisterhand

Im April 2016 startet die Neuauflage der Mercedes E-Klasse. Wir fuhren schon jetzt zwei E-Klasse-Prototypen in der Wüste von Nevada.

mid/stg

Daimler hat sich für die Neuauflage der E-Klasse einiges vorgenommen: "Wir wollten durchaus eine kleine S-Klasse bauen", sagt Michael Kelz mit einem selbstbewussten Nicken.

Der Entwicklungsleiter der Mercedes E-Klasse ist unweit des kalifornischen Barstow auf die Interstate I-15 Richtung Norden unterwegs. Es geht nach Las Vegas, wo der neue Stern am Mercedes-Horizont seine Langstreckenfähigkeiten ausspielen soll.

Kelz pilotiert einen noch vermummten Mercedes E 400 der kommenden W213-Generation, die auf der Detroit Motor Show im Januar 2016 Premiere feiert. Knapp drei Monate später kommt der kleinere Bruder der S-Klasse in den Handel. Michael Kelz ist auf den finalen Erprobungsfahrten nicht allein unterwegs. Eine zweite E-Klasse mit ähnlicher "Bemalung" steuert Erprobungsleiter Hubert Schneider.

Michael Kelz beschleunigt die 245 kW/333 PS starke Limousine, die im Vergleich zum Vorgänger bei leicht gewachsenen Dimensionen rund 70 Kilogramm abgespeckt hat: "Wir setzen mit dem neuen Modell Maßstäbe. Doch das ist nicht einfach, denn die E-Klasse hat bei uns eine maximale Spreizung. Von der einfachen Taxi-Version bis zum AMG-Topmodell muss jeder zufrieden sein."

Neben der Limousine wird es wie beim Vorgänger W 212 die Derivate Kombi, Coupé, Cabrio und die viertürige Coupéversion CLS geben.

Die Mercedes E-Klasse der Generation W213 will als visuelle Symbiose aus C- und S-Klasse nicht zuletzt mit einem spektakulären Innenraum punkten. Die Sitze mit Klimatisierung vorne und hinten setzen ebenso wie das geringe Geräuschniveau Maßstäbe.

Für Wohlfühlambiente sorgen Wellness-Massagen vorn sowie beheizte Paneele in Türtafeln und der Mittelkonsole. Leider ist vieles am edel und chic gestylte Interieur nicht serienmäßig. Die beiden mächtigen 12,3-Zoll-LCD-Displays auf denen Instrumente, Navigation und Klimatisierung wie in einem Kinofilm inszeniert werden, kosten etwa Aufpreis - und verfügen über keinerlei Touch-Funktion.

Zudem will die E-Klasse der Baureihe W 213 mit einer nahezu grenzenlosen Vernetzung punkten, indem bei Stau, Gefahren oder Pannen über einen zentralen Server mit anderen Fahrzeugen - auch anderer Marken - kommuniziert wird. Aber selbst das einfachste Navigations-System ist in der E-Klasse nicht serienmäßig.

Doch wenn schon der üppig dimensionierte Innenraum neue Maßstäbe setzt, satteln die Fahrer-Assistenzsysteme mehrere Klassen obenauf. Ein sogenannter "Drive-Pilot" lässt die E-Klasse insbesondere bei Straßen mit baulich getrennten Fahrbahnen nahezu autonom kutschieren.

Je nach Geschwindigkeit, Straße, Kurvenradius, Markierungen und vorausfahrenden Autos kann Michael Kelz die Hände meilenweit vom Steuer nehmen. Auf der Interstate I-15 nach Las Vegas hat der erfahrene Entwickler seit Minuten die Hände im Schoß; der Wagen bremst, beschleunigt und lenkt automatisch.

Wenn eine Meldung kommt, wieder das Steuer zu übernehmen, reicht ein Streicher über einen der beiden Touchtaster am Lenkrad und es geht ohne Handarbeit weiter. Selbst die Kurven-Kombination erledigt die getarnte E-Klasse ohne Mucken und sorgt so für ein zufriedenes Lächeln des Chef-Entwicklers.

In aller Ruhe betätigt Michael Kelz den Blinker und der E 400 wechselt automatisch die Spur und überholt. Letztlich könnte er ebenso wie sein Kollege Hubert Schneider im nachfolgenden Mercedes E 300 die Fahrt nach Las Vegas für das Abarbeiten von E-Mails nutzen, doch die Rechtslage wäre im Fall eines Unfalles problematisch.

"Daher haben wir zahlreiche Hinweise im Bordbuch und eine mehrstufige Warnstrategie, damit der Fahrer die Hände wieder ans Lenkrad nimmt", sagt Kelz. Das System ist dabei so variabel, dass es sich der lokalen Gesetzeslage anpassen kann. Zudem bremst die E-Klasse für Fußgänger und kreuzende Autos oder weicht bei einem bevorstehenden Zusammenprall selbsttätig aus.

"Dreizylinder wird es bei uns nicht geben", meldet sich Erprobungsleiter Hubert Schneider zu den Basics. So bleibt es bei aufgeladenen Vier- und Sechszylindern für die normalen E-Klassen, und die bis zu 600 PS starken AMG-Varianten werden vom bekannten 5,5-Liter-V8 befeuert.

Der Marktstart im April ist mit dem 135 kW/184 PS starken E 200 und dem komplett neu entwickelten E 220d mit 143 kW/194 PS allerdings überschaubar gespreizt. Wahlweise verfügen die Modelle über eine Sechsgang-Handschaltung oder eine Neungang-Automatik.

Über das Jahr folgen stärkere Versionen wie E 250 (155 kW/211 PS), E 300 (177 kW/240 PS) E 400 (245 kW/333 PS) und AMG 450 (270 kW/367 PS). Bei den Dieseln wird der neue, zwei Liter große Aluminium-Selbstzünder OM 654 mit 110 kW/150 PS, 140 kW/190 PS und 170 kW/231 PS der Kern sein.

Im Programm bleibt der in Sachen Leistung längst nicht mehr konkurrenzfähige V6 vom Typ OM 642 mit drei Litern Hubraum und rund 260 PS die Top-Version. Ein neuer Sechszylinder-Diesel dürfte erst 2017 mit der dann überarbeiteten S-Klasse vorgestellt werden und dann bis zu 400 PS leisten. Neben dem Benzin-Hybriden des Mercedes E 350 e wird es ebenfalls einen Diesel-Hybriden und später auch Varianten mit 48-Volt-Technik geben.

Als es wieder herunter von der Interstate I-15 geht, glänzt diesmal der schwächere Mercedes E 300 erneut mit seinem Reisekomfort. Trotz schlechter Fahrbahn rollt er flüsterleise ab, und es sind kaum Vibrationen im Innenraum zu spüren.

Serienmäßig laufen die E-Klasse-Limousinen mit einem Stahlfederfahrwerk. Optional gibt es für beide Achsen eine Mehrkammer-Luftfederung. Die einfache Luftfeder-Variante gibt es für die Kombi-Version wie gewohnt ab Werk für die Hinterachse.

Gut zu hören: Preislich soll sich die Mercedes E-Klasse der Generation W 213 auf dem Niveau der Vorgänger-Generationen bewegen - der Wettbewerb ist bei den Business-Limousinen schließlich härter denn je.

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