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Schön schräg

Abfallende Dachlinie, schräge Heckscheibe - der neue Audi A6 Avant sieht flott aus. Ob er sich auch so fährt, testen wir anhand des 231-PS-Diesels.

Text und Fotos: Johannes Toth

Kombis sind im Moment leider etwas aus der Mode gekommen. Das ist rational nicht erklärbar. Denn ein Kombi ist im Vergleich zu einem der total gefragten SUV sowieso das bessere sportlich nutzbare Fahrzeug, sprich Sport Utility Vehicle.

Wegen der tiefer liegenden Ladekante ist ein Kombi bequemer zu beladen. Die geringere Stirnfläche bedeutet bessere Aerodynamik und bringt in Verbindung mit dem zumeist geringeren Gewicht gleich auch geringeren Spritverbrauch.

Das wird mit ein Grund dafür sein, dass der überwiegende Teil der A6 Käufer sich bisher für den Avant entschieden hat. Vermutlich wird das auch bei der neuen Generation so bleiben. Als Entscheidungshilfe haben die Designer aus Ingolstadt nochmals die Linien nachgezogen und die Kanten geschärft. Der Neue wirkt länger und schnittiger, obwohl die Außenmaße sich nur minimal vergrößert haben. Die sportliche Anmutung wird zusätzlich durch unser optionales S-Design Paket verstärkt.

In jeder Avant-Variante ist die Dachlinie fast coupéartig abfallend und findet ihren Abschluss in der schrägen D-Säule mit Heckfenster. Trotzdem ist auch das Kofferraumvolumen mit 565 bis 1.680 Litern konstant geblieben. Für die Passagiere steht ein Hauch mehr Platz zur Verfügung als im Vorgängermodell.

In der Konzeptions-Abteilung von Audi war man nie um technoid-cooles Design verlegen. So auch beim neuen A6. Das Lenkrad hat eine angenehme Haptik und eine steile Optik. Am Armaturenträger wurde der aufgepflanzte Schirm entsorgt. Dafür ziehen auf dezente Weise immer mehr und immer größere Screens ein, herkömmliche Schalter werden durch glatte, berührungssensitive Flächen ersetzt. So ist auch die Betätigung der Lichter nur über eine Fläche zu steuern. Wobei außer dem Nebellicht nicht mehr viel manuell einzuschalten ist.

Die Normalstellung ist „Auto“. Diese Bezeichnung kommt vermutlich daher, dass ab sofort das Auto entscheidet, wann das Licht eingeschaltet wird, wann und vor allem welcher Bereich auf und abzublenden ist. Denn die optionalen HD Matrix LED-Scheinwerfer schalten sowohl im Ablend- als auch im Fernlichtbereich einzelne Lichtsegmente ein beziehungsweise aus. Das funktioniert so unglaublich gut, daß wir immer wieder verleitet werden, dem Licht bei der Arbeit zuzusehen. In der Audi-Broschüre hilft das wunderbare Licht übrigens einem Pärchen beim nächtlichen Zeltaufbau im Wald. OK, dafür ist es sicher auch verwendbar und wird den potentiellen A6 Käufern definitiv die letzten Zweifel nehmen.

Selbst der Gangwahlhebel der 8-stufigen Tiptronic-Automatik macht optisch was her. Genauer betrachtet aber ist er eigentlich zu groß, da es nur drei Stufen – R/N/D – zu bedienen gibt. Auch das Drücken der glatten Touchscreens – der bekannte Dreh- und Drückregler auf der Mittelkonsole wurde wegrationalisiert – erfordert recht viel Druck. Positiv hingegen, daß die glatten Flächen eine spürbare Rückmeldung geben.

Weil wir grad beim Nörgeln sind. Die Ablagen und Ablagefächer sind für ein Fahrzeug der oberen Mittelklasse zahlenmäßig zu gering und größenmäßig zu klein geraten. Egal, Platz für drei Kreditkarten findet sich allemal. Und wer sich für die kühle Anmutung des gebürsteten Alu-Dekors am Armaturenbrett entscheidet, muss damit leben, dass die beste aller Beifahrerinnen bei wunderbarem Sonnenschein ständig darüber klagt, dass sie geblendet wird.

Lobenswert hingegen die langstreckentauglichen, angenehmen Sitze. Die Federung ist perfekt, nämlich unmerklich und einfach da. Weder zu straff noch zu weich abgestimmt – wir gleiten über das Geläuf. Souveränes Cruisen bei jedem Autobahntempo also.

Um die Leistungsreserven abzurufen, denkt das Getriebe nach einem Gasstoß allerdings in jeder Voreinstellung etwas lang nach, bevor es reagiert. Und der Motor benötigt Drehzahl. Was mit ein wenig Brummen quittiert wird. Zum Angasen ist dieser Audi halt doch zu elegant. Unser A6 Avant 45 TDI hat einen 231 PS starken Dieselmotor mit drei Litern Hubraum und 500 Nm Drehmoment. Das genügt für einen Sprint in 6,5 Sekunden auf 100 km/h und eine abgeregelte Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h.

Die aufmerksame Leserin fragt sich jetzt sicher: Wieso gerade A6 45? Seit rund einem Jahr stellte Audi komplett auf eine neue Nomenklatur um. Weil unterschiedliche Antriebskonzepte in den Fahrzeugen Verwendung finden, geben Zahlen zwischen 30 und 70 in neun Stufen einen bestimmten PS-Bereich an. So schafft unser A6 mit 231 PS gerade noch den 45er Bereich zwischen 230-252 PS. Erinnert irgendwie an Schulnoten.

Ein Wort noch zur Elektronik. Eventuell haben die Burschen in Ingolstadt da noch ein bisschen was nachzubessern. Im Testeinsatz blieben die beiden mittleren Screens einmal nach dem Motorstart dunkel und ließen sich erst wieder zu bunten Bildern überreden, nachdem das Auto mit Fernbedienung zu- und wieder aufgesperrt wurde.

Auch die Spracheingabe wollte uns vorerst nicht bei der Tankstellensuche helfen, sondern versuchte einen alten Bekannten anzurufen. Hat uns an den Telefonjoker der Millionenshow erinnert. Der darauffolgende Versuch klappte. Als nächste Tankmöglichkeit schlug das Navigationsgerät eine Tankstelle in Skopje/Mazedonien vor. Unglücklicherweise waren wir in Krems.

Wunderbar hingegen die optionale Soundanlage von B&O, mit der das Musikhören im Auto zum Genuss gerät. Besonders loben möchten wir Audi in diesem Zusammenhang für den Lautstärke-Drehregler, der hier noch im Einsatz ist. Zwar nicht mehr die praktische Rolle in der Mittelkonsole, dafür an dieser Stelle ein Drehrad. Das ist old-school, jedoch im Vergleich zu Tastern und Touchscreens für die menschliche Hand die beste - zudem blind ertastbare - Lösung.

Gut positioniert und logisch bedienbar ist der Tempomat mit Abstandhalter, der hier nicht hinter einer dicken Lenkradspeiche verschwindet. So sind die aufgedruckten Bedienhinweise auch ohne Verrenkungen währen der Fahrt abzulesen. Und auf Grund des logischen Aufbaus ist das Nachschauen nach kurzer Eingewöhnung sowieso nicht mehr nötig. Der Sicherheit dienlich ist auch die Anzeige des Zweiminuten-Abstands zum Vordermann.

Der Basispreis für einen Audi A6 Avant sport in unserer 45er Diesel-Konfiguration beträgt 69.850 Euro. Ein bisschen tief in die Aufpreisliste geschaut – wie bei unserem Testwagen passiert – und schwupps, kann die Endsumme auch knapp sechsstellig werden. Dafür können Vielfahrer beim Verbrauch wieder was einsparen.

Denn Audi hat hier eine Mild-Hybrid Technologie verbaut, die auf einem 48-Volt Bordnetz und einem Riemen-Starter-Generator beruht. Beim Verzögern werden zuätzlich eingebaute Lithium-Ionen Akkus gespeist, die etwa beim Anfahren wieder ihre Leistung abgeben können. Des weiteren schaltet der Motor sich im Fahrbetrieb kurzzeitig bis zu 40 Sekunden ab, um Treibstoff zu sparen, wenn der Fahrer vom Gas geht. Audi gibt einen Mix-Verbrauch von 5,7 Liter auf hundert km an. In unserem Test lag der Wert des 1,9-Tonners bei immer noch respektablen 7,4 Litern.

Plus
+ sehr gelungenes, coupéartiges Design
+ trotzdem viel Platz im Innen- und Kofferraum
+ derie gewählte Fahrmodus des "drive select"-Systems bleibt auch nach dem Motor-Abstellen erhalten
+ Federung und Sitze absolut langstreckentauglich
+ souveränes Dahingleiten bei jedem Tempo

Minus
- Bedienung nur noch über Touchscreens, der Dreh- und Drückregler auf der Mittelkonsole wurde leider wegrationalisiert
- Elektronik in manchen Details beim Testwagen unzuverlässig

Resümee
Der Audi A6 Avant ist für Vielfahrer ein geräumiger Reisekombi, der ermüdungsfreies Ankommen sichert. Audi ist hier wieder ein feines Fahrzeug für den Flottenfuhrpark gelungen - wenn auch nur für den Chefbereich. Aber für Normalbürger-Dienstwagen gibt es in den Konzernregalen ja noch genügend andere Modelle zur Auswahl.

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