AUTOWELT

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter

Understatement-Sportler

Das Mythos GTI wird von VW laufend am Köcheln gehalten. Aktuell mit dem Polo GTI, der mit 200 PS vorfährt. Wir testen den kleinen Sportler.

Text und Fotos: Johannes Toth

Man könnte sagen, der VW Polo GTI ist ein Großneffe des Ur-Golf-GTI von Volkswagen. Seither ist einiges Wasser die Donau und auch die Aller in Wolfsburg hinabgeflossen. Der Polo ist mit 4,05 Metern gut und gern so groß wie die dritte Golf-Generation und hat als Polo GTI inzwischen 200 PS.

Doch damals wie heute rollen die GTI aus dem Hause VW optisch relativ zahm aus dem Werk. Eine ein bisschen böser wirkende Frontschürze, seitliche Verkleidungen unter der Karosserie, Doppelauspuff, rote Bremssättel, Tieferlegung um ca. 15 Millimeter und 17- bzw. 18-Zoll Räder zeigen hauptsächlich Insidern, dass sich hier der schärfste Polo im etwas dickeren Schafspelz versteckt. Radaubrüder und Rotzlöffel sehen anders aus.

Innen dann rote Ziernähte am Automatik-Wahlhebel, am Sportlenkrad und an den Sportsitzen. Diese sind zusätzlich serienmäßig in dem klassischen Clark-Karo mit roten Streifen tapeziert. Das erinnert an schottisches Tartan-Muster und mag in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts den Gentlemen Drivern gefallen haben. Und es passt nicht allzu gut zu unserer wirklich feschen Außenfarbe "Reef Blue". Abhilfe schaffen um rund 1.100 Euro Aufpreis Sitze in schwarzem ArtVelours – dann aber ohne rote Ziernähte.

Wenn wir drinsitzen, sehen wir die Karos ohnehin nicht mehr und bekommen dazu perfekten Seitenhalt und eine Lendenwirbelstütze. Das Raumangebot auf den Rücksitzen ist absolut OK. Da kann Opa den Hut auflassen und der Junior hat für seine langen Beine genug Platz. Die Sicht nach hinten ist gut und kann durch die optionale Heckkamera sowie Umfeldsensoren unterstützt werden. Wer noch mehr Unterstützung benötigt, kann den automatischen Lenkassistenten zum Einparken dazu bestellen - was kein stolzer GTI-Fahrer tun wird.

Das Beats-Soundsystem ist eine Empfehlung wert, senkt aber die Lautstärke im Retourgang allzusehr ab. Das geht ein Bisschen stark in Richtung Bevormundung. Ebenfalls lästig: wenn bei einem kurzen Halt das Getriebe auf „P“ gestellt und eine Tür geöffnet wird, geht der Motor aus und muss per Startknopf neu gestartet werden.

Warnung an Bösewichte jeder Art: kein optimales Fluchtauto. Aus anderen Gesichtspunkten betrachtet jedoch schon. Mit einer Beschleunigung von 6,7 Sekunden auf 100 km und einer Spitzengeschwindigkeit von 237 km/h haben die meisten Polizeiautos das Nachsehen und schauen dem Polo GTI verärgert ins verchromte Doppelendrohr.

Ein weiterer Pluspunkt ist, dass für Kurven kaum mehr gebremst werden muß. Vom Gefühl her biegt der Kleine in vollem Zug um jede Ecke, auch wenn sie 90 Grad hat. Er zieht sauber durch die Kurven und der Grip hält sehr lange. Nur wenn der Belag etwas rutschig wird, verlieren die Vorderräder an Haftung und das ESP-Lamperl blinkt ganz nervös.

Dazupassend ist das automatische DSG 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe perfekt abgestimmt. Über den Mode-Knopf neben dem Ganghebel wählen wir zwischen Eco, Normal, Sport und Individual und variieren damit die Einstellung von Lenkung, Gasannahme, Stoßdämpfern und Schaltzeitpunkten. Normal hat sich als ideal für – man glaubt es kaum – normale Gangart erwiesen.

Sport ist immer dann die richtige Wahl, wenn´s eilig sein muss. Unter diesen Umständen ist es dem Fahrer dann meist auch egal, wenn das Auto durstiger wird. Denn ob der späteren Schaltzeitpunkte wird natürlich freudig höher gedreht. Der Motor hängt fein am Gas und der Auspuff klingt deutlich räudiger und heiserer. Automatische Zwischengasstöße beim Herunterschalten erhöhen unser akustisches Wohlbefinden.

Dass das eingestellte Fahrprogramm gespeichert wird und beim nächsten Motorstart nicht wieder auf Normal oder gar Eco gestellt ist, vermerken wir als großes Positivum, das zur sportlichen Idee des Fahrzeugs passt. Ebenso erfreuen wir uns über die abrufbare Öltemperatur, damit wir wissen, wann der Motor warm genug ist, um dem Buben Stoff geben zu können.

Für die Verspielten unter uns und natürlich die Wörthersee-Fangemeinde gibt es im Mitteldisplay bei entsprechender Einstellung auch die Playstation-Anzeigen. Ladedruck- und Querbeschleunigungswerte sowie die eben abgerufene Kraft in kw werden auf digitalen Rundinstrumenten eingeblendet.

Alles hier fühlt sich knackig und direkt an, macht Freude. Und doch. Es fehlt ein bisschen der ultimative Kick. Optisch könnte da ein bissl mehr Racing hervorblitzen. Schubkraftmäßig liegen 320 Nm Drehmoment aus zwei Litern Hubraum an. Das ist viel für einen frontgetriebenen Kleinwagen, aber eine Spur zu wenig, um beim Hochschalten jedesmal nochmals kräftig anzureißen.

Der Normverbrauch wird von VW mit 5,9 Liter 95-oktanigem Superbenzin angegeben. Im flotten Testverbrauch lagen wir bei 7,3 Litern auf 100 km.

Preislich liegt der Polo GTI DSG gut im Rennen. Um 26.440 Euro gibt es viel Fahrspaß, der sich durch ein paar Kreuzerln bei der Sonderausstattung definitiv noch erhöhen lässt. Gleichzeitig erhöht sich auch der Preis, wie in unserem Fall unter anderem durch schlüsselloses Schließ- und Startsystem, Beats-Soundsystem, Premiumpaket mit Navigationsgerät, digitalem Info Display und automatischer Distanzregelung sowie Komfortpaket mit Einparkhilfe, 2-Zonen-Klimaanlage und Sitzheizung auf rund 33.600 Euro.

Wer lieber selbst schaltet, erhält den Polo GTI mit Sechsgang-Getriebe bereits um 24.940 Euro, spart also rund 1.500 Euro gegenüber der DSG-Variante.

Plus
+ viel Platz auch in der zweiten Reihe
+ mit 305 Liter Fassungsvermögen im Klassenvergleich großer Kofferraum
+ die optionalen digitalen Armaturen lassen sich vielfältig konfigurieren
+ Tempomat mit automatischer Distanzregelung funktioniert perfekt
+ optionales Beats-Soundsystem ist mit rund 500 Euro wohlfeil und klingt phänomenal

Minus
- nur noch als 5-Türer erhältlich
- das Retro-Sitzmuster-Design gefällt nicht jedem und kann nur über gehörigen Aufpreis verhindert werden

Resümee
Auch der Polo GTI ist ein typischer VW: keine allzu großen Emotionen, aber es passt einfach alles. Wer also seiner Umgebung einen netten, praktischen Kleinwagen präsentieren, gleichzeitig aber fahraktiv und sportlich unterwegs sein will, wird hier von VW bestens bedient.

Ähnliche Themen:

News aus anderen Motorline-Channels:

Weitere Artikel:

Mehr Leistung, mehr Sicherheit, mehr sauber

Škoda Scala und Kamiq werden umfangreich aufgewertet

Skoda verpasst den Kompaktmodellen Scala und Kamiq neu gestaltete Front- und Heckschürzen, ein neues Interieurdesign inklusive Design Selections und neuen nachhaltigen Materialien. Dazu git es ein umfassendes Angebot an Assistenzsystemen.

Vor allem der Benziner könnte preislich interessant werden

Omoda: Crossover-SUV Omoda 5 kommt nach Österreich

Für den Start auf dem österreichischen Markt bringtg Omoda ihr SUV-Modell 5. Den Anfang macht im ersten Halbjahr 2024 die Benziner-Variante, Hybrid und BEV folgen kurz darauf. Besonders erstaunlich: die Preise, die bei 26.000 Euro starten sollen.

Lexus LBX – schon gefahren

Luxuriöser Einsteiger für Aufsteiger

Ein gewöhnlicher B-Crossover passt nicht mehr zur dienstlichen Position? Dann bietet Lexus mit dem LBX künftig das Passende. Das kleinste Modell der Japaner liefert gewohntes Premium-Flair.

Pro und Contra – Diskussion auf Puls 4

Auf der Straße festkleben: Protest oder Zerstörungswut?

Vertreter aus der Politik, der Autofahrer-Lobby und von der Letzten Generation versuchen – vergeblich – auf einen grünen Zweig zu kommen: Wie kann man gemäßigt aber zielführend auf ein Thema aufmerksam machen, ohne zu (zu) drastischen Mitteln zu greifen?

Der Prozess bringt erstaunlich viel

Warum eine DPF-Reinigung sinnvoll ist

In der heutigen Zeit, in der Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle spielen, gewinnt die Reinigung des Dieselpartikelfilters (DPF) an Bedeutung.

Mit einem Fahrsimulator zur Entwicklung von neuen Reifen können nicht nur Zeit und physische Prototypen eingespart werden: Pirelli kommt damit auch seinem Ziel näher, bis 2030 CO2-neutral zu produzieren.