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Schlankheitskur

BMW hat den 5er GT entfettet, ihm das Germknödel-Design ausgetrieben und ihn auf 6er Gran Turismo umbenannt. Wir testen den erschlankten Riesen.

Text und Fotos: Johannes Toth

Der BMW 5er Gran Turismo wurde seit 2009 als voluminöse Schräghecklimousine angeboten und war zwischen 5er und 7er angesiedelt. Das hat sich beim Nachfolger 6er Gran Turismo nicht geändert, im Gegenteil: Die Umbenennung hat den Status zwischen 5er und 7er nun auch namenstechnisch manifestiert.

Mit einer Gesamtlänge von immerhin 5,09 m ist der 6er Gran Turismo rund 12 Zentimeter länger als ein handelsüblicher 5er und nur 7 Millimeter kürzer als der 7er mit normalem Radstand. Allerdings will der 6er GT sowohl bequemer als auch praktischer sein als seine beiden Brüder. Das gelingt zum Beispiel durch eine erhöhte Sitzposition, geringfügiges Anheben des Fahrzeugs und durch die riesige Heckklappe. Um dabei nicht zu plump zu wirken, wurde die Dachlinie coupeartig fließend gezeichnet und die seitlichen Fenster sitzen rahmenlos in den Türen. Im Vergleich zum Vorgänger wirkt der 6er GT trotz sogar leicht gewachsener Abmessungen zweifellos schlanker und eleganter.

Dabei sticht der GT auch beim Thema Kofferraumvolumen mit 610 Litern seine Brüder um jeweils rund 100 Liter aus. Und beim Thema Komfort gibt es sowieso keinen Grund zum Lamentieren. Sobald wir im optionalen gesteppten Nappa-Exklusivleder in Mokka mit der geschmackvoll kontrastierenden hellen Naht in Elfenbeinfarbe Platz genommen haben, versinken wir in hehrer Eleganz.

Manche sind im Zeitalter der Touch-Screens irritiert von den vielen Tastern und Drehreglern. Wir finden das weit praktischer in der Handhabung und besonders schön, wenn am Abend alles dezent illuminiert ist. Und wer unbedingt tatschen will, kann das inzwischen auch bei BMW. Die Cupholder – ohne die eigenartigerweise in keinem Auto mehr was geht – sind ebenso gekühlt wie das Fach der Mittelarmlehne.

Innen fühlt sich alles soft an. Nichts ist sperrig oder kann weh tun. Alle Kunststoff- und Lederbespannungen sind weich unterfüttert. Besonders die hinteren Kopfstützen fühlen sich an wie Frau Holles Polster kurz nach dem Ausschütteln. Überhaupt hinten. Der 6er GT ist ein Auto, mit dem man sich auch gern fahren lässt. Nicht so hoch wie ein SUV, aus dem kleinwüchsige Starlets eher herauspurzeln als stilvoll aussteigen.

Und nicht so flach wie ein staatstragende Limousine, aus der sich der Herr Minister entwürdigend mit gebeugtem Haupt herausschält. Die Rücksitzlehnen sind auf Wunsch elektrisch verstellbar zu ordern. Ebenso wie die elektrischen Sonnenrollos gegen neugierige Blicke und ebensolche Paparazzi.

Was jetzt nicht heißen soll, daß der Chauffeur keinen Spaß beim Fahren hat. Unser Testwagen ist als 630d mit einem drei Liter großen Sechszylinder-Dieselmotor ausgerüstet. Wobei 265 PS und fast zwei Tonnen Leergewicht in diesem Zusammenhang etwas träge klingen. Mitnichten.

Mit 620 Nm Drehmoment beschleunigt die 8-Gang Steptronic die Fuhre in nur 6,0 Sekunden auf 100 km/h. Wer mehr will, bleibt bis zur elektronisch abgeregelten Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h am Gas.

Unterstützt wird der Fahrer von zahlreichen teils optionalen Assistenzsystemen. So weit, so erwartbar. Überraschend aber, dass die meisten Systeme in drei Intensitäts-Stufen variierbar sind. Praktischerweise hervorzuheben ist die adaptive Geschwindigkeitsregelung, die den Abstand zum voraus fahrenden Fahrzeug durch Beschleunigen, Bremsen und Lenken hält, nach kurzem Stillstand selbstständig wieder anrollt und im Stau nach längerem Stillstand die Maschine startet, sobald der Vordermann losfährt. Da verliert Kolonnenfahren seinen Schrecken.

Mit dem optionalen Display-Schlüssel (Bild links oben) kann man neben dem Fahrzeug stehend der Motor starten und den 6er GT nach vorne oder retour bewegen. Das Lenken – respektive Hindernissen ausweichen und notfalls stoppen – übernimmt das System komplett eigenständig. Weiter als 3-4 Fahrzeuglängen traut sich der 6er ganz alleine und ohne Chauffeur aber nicht fahren. Schade eigentlich. Sonst hätten wir beim Treff mit den Jugendfreunden endlich das schnellste ferngesteuerte Auto.

Ein weiteres Gimmick ist der geschwindigkeitsabhängig selbst ausfahrende Spoiler am Heck. Lässt sich jederzeit auch per Knopfdruck aktivieren. Zum Beispiel vorm Casino. Verbessert den Flottenverbrauch von BMW aber sicher wieder um ein paar Zehntel und dient mit anderen Aerodynamik-Maßnahmen der Effizienzsteigerung.

Der Norm-Verbrauch liegt laut BMW denn auch bei epochalen 5,9 l/100km, pendelte sich in unserem Test allerdings bei realitätsnäheren 8,5 Litern Diesel auf 100 Kilometer ein.

Als Sonderausstattung erhältlich ist die Integral-Aktivlenkung, die die Hinterräder leicht mitlenken lässt. Im unteren Geschwindigkeitsbereich passiert das gegenläufig, um den Nachteil der schlechteren Wendigkeit des langen Radstandes auszugleichen.

Ab 60 km/h wird gleichläufig, das heißt bis zu einem gewissen Grad annähernd parallel mitgelenkt. Das soll die Stabilität und den Komfort erhöhen. Im Test war der hintere Lenkwinkel zwar sicht-, aber nicht deutlich spürbar, die Rückstellkräfte der Lenkung wirkten dagegen reduziert.

Das Platzangebot ist auch in der zweiten Reihe großzügig und besser als in der 5er-Reihe. Die schräge Heckscheibe gibt im Rückspiegel nur einen schmalen Sehschlitz nach hinten frei. Trotzdem ist die Rücksicht OK, wiewohl das Ende des Dickschiffs nur erahnt werden kann. Hier empfehlen wir das optionale Surround-View-System mit Rundumkameras und Abbildung des Autos mitsamt seiner Umgebung, darstellbar aus allen Blickwinkeln am Mittelscreen.

Der Einstiegspreis ins fette Vergnügen beginnt mit dem 258 PS starken 630i – Automatik gehört bei allen 6er Modellen zur Serienausstattung – um 70.650 Euro. Der allrad-getriebene 630d xDrive A ist ohne weitere Extras um 78.800 Euro und mit den Goodies des Testwagens, wie M Sportpaket, Firstclass-Paket, verschiedensten Assistenzsystemen und der wunderbaren, mit beleuchteten Lautsprechern ausgerüsteten, Bowers & Wilkins Soundanlage, um 116.628 Euro beim Händler abzuholen.

Plus
+ bequemes komfort-orientiertes Fahrzeug mit BMW bedingtem sportlichem Image
+ trotz hohen Gewichts flott zu bewegen
+ logische Menüführung und intuitive Anordnung der Bedienelemente

Minus
- bei optionalem Schiebedach: die Abdeckung ist nur aus Stoff und bietet dadurch geringere Geräuschdämmung
- die Außenhaut des 6er GT ist zwar deutlich erschlankt, zum Sixpack fehlt aber noch einiges

Resümee
Ja, er ist schlanker geworden, der BMW 6er Gran Turismo. Aber er wirkt noch immer kräftig gebaut. Soll er vermutlich auch, denn er will in der gemütlichen, raumorientierten Zielgruppe seine Käufer finden. Bei denjenigen, die das sportliche BMW-Image mit Bequemlichkeit – Stichwort leichteres Einsteigen – und Nützlichkeit – Stichwort Heckklappe – verbinden wollen, ohne gleich mit dem SUV-Monstrum durch die asphaltierte Gegend zu fahren.

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