AUTOWELT

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter

Fahren, Tanken & Kosten

Stefan Schmudermaier

Sportliche Fahrleistungen

Genug gemeckert, es ist Zeit einzusteigen und loszufahren. Beide Busse sind mit den Topmotorisierungen bestückt, im Falle des Mercedes ist das ein Zweiliter-Turbodiesel mit satten 239 PS und bulligen 500 Newtonmeter Drehmoment, beim Volkswagen immerhin 199 PS aus ebenfalls zwei Liter Hubraum, die 450 Newtonmeter können sich auch sehen lassen. Die 40 Mehr-PS wirken sich wenig überraschend in den Fahrleistungen aus, sportliche 8,6 Sekunden benötigt die V-Klasse auf Tempo 100, immer noch flotte 10,3 Sekunden sind es beim Multivan.

In der Praxis hat man bei beiden Fahrzeugen jedenfalls genügend Leistungsreserven parat. Die 9-Gang-Automatik im Mercedes überzeugt auf ganzer Linie, das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe gibt sich auch keine Blöße, kann dem Stern aber nicht ganz das Wasser reichen. Dafür merkt man beim Multivan selbst bei vollem Einschlag keine allradbedingten Verspannungen, die V-Klasse schiebt – spürbar etwa beim Rangieren auf Rollsplitt – über die Vorderräder hinaus.

Im normalen Fahrbetrieb ist davon aber nichts zu merken, beide Testautos weisen eine Handlichkeit auf, die man in dieser Fahrzeugklasse normalerweise vergeblich sucht. Erst recht mit den in beiden Fahrzeugen verbauten, adaptiven Dämpfern, die je nach Anforderung Sport oder Komfort verstehen. Der VW ist generell etwas sportlicher, der Mercedes markentypisch eine Spur komfortabler abgestimmt. Beim Verbrauch sind indes beide zurückhaltend, der Multivan genehmigte sich 8,5 Liter auf 100 Kilometer, der immerhin 20 Prozent beziehungsweise 40 PS stärkere V 300 d gab sich sogar mit erstaunlichen 8,2 Litern zufrieden, Respekt!

Niedrigere Einstiegshürde beim T6.1

Rein optisch ist der Multivan das dezentere und zumindest optisch etwas sportlichere Auto, erst recht mit den schicken 18-Zoll-Alufelgen. Und trotz des Testwagenpreises von rund 93.000 Euro dürften die wenigsten Nachbarn darauf neidig sein. Auch, weil man ihm den Preis nicht wirklich ansieht, schon gar nicht im unschuldigen Weiß. Der Mercedes macht mit AMG-Line und funkelndem Kühlergrill da schon mehr auf sich aufmerksam, die eigentlich vorgesehenen, 19-Zoll großen schwarzen Alufelgen würden das noch einmal deutlich unterstreichen.

Die 17-Zoll-Winterräder, die unserer V-Klasse verpasst wurden, sind da sichtbar zurückhaltender. Ganz im Gegensatz zum Preis. Der V 300 d in Exclusive-Vollausstattung bringt es auf mehr als 120.000 Euro (alle Preise im Vergleich brutto, Vorsteuerabzug für Unternehmer möglich) und kostet somit noch einmal eine A-Klasse mehr als der VW. Fairerweise sei dazugesagt, dass die Autohersteller bei den Presseautos gerne zeigen, was alles möglich ist, der durchschnittliche Kaufpreis einer V-Klasse liegt mit Sicherheit deutlich darunter.

Orientieren wir uns daher nicht an den opulenten Preisen der Testautos, sondern werfen einen Blick in die Preislisten, um einen fairen Vergleich anzustellen. Der günstigste Multivan in Trendline-Ausstattung, mit 110 PS TDI und 5-Gang-Schaltgetriebe startet bei 44.736 Euro. Da kann die V-Klasse nicht mit, allerdings bietet das günstigste Modell mit Stern – der V 220 d in kurzer Ausführung – auch 163 PS und 9-Gang-Automatik für 56.796 Euro.

Die Basics wie elektrische Fensterheber oder halbautomatische Klimaanlage sowie sechs Sitzplätze sind hier dabei, auch eine ganze Armada an Assistenzsystemen werkelt serienmäßig. Viele praktische und angenehme Features kosten aber Extra oder sind höheren Ausstattungslinien vorbehalten.

Volle Hütte für 120.000 Euro

Ähnlich das Bild im Multivan Trendline, der zwar schon eine Klimaautomatik mitbringt, dafür aber nur eine Dreiersitzbank und keine Einzelsitze in Reihe zwei, was ihn zum Fünfsitzer macht. Um einen Preisvergleich anstellen zu können, nehmen wir den Multivan mit 150 PS und 7-Gang DSG mit kurzem Radstand in erwähnter Trendline-Ausstattung, am Preisschild des VW stehen dann 51.403 Euro, somit etwas günstiger als der Mitbewerb aus Stuttgart.

Wenn wir einen Blick auf das obere Ende der Fahnenstange werfen, dann treffen wir dort auf den von uns getesteten V 300 d in Exclusive-Ausstattung für 120.666 Euro und 60 Cent. Da ist dann aber mit Ausnahme des AMG-Paketes für rund 1.900 Euro aber auch schon alles serienmäßig inkludiert, was gut und teuer ist. Der teuerste Multivan mit 199 PS, DSG und Allradantrieb in Highline-Ausführung bringt es auf „nur“ 89.080 Euro, lässt dafür so viel Spiel für Extras dass man, wenn man es drauf anlegt, ebenfalls die 120.000 Euro erreichen kann.

Die goldene Mitte

Die Vernunft liegt wie so oft in der Mitte. Im Falle des Bulli heißt das 150 PS, DSG und 4Motion-Allrad im attraktiv ausgestatteten Sondermodell „Cruise“ für 79.843 Euro, ein paar Tausender sollte man freilich auch hier für Extras bereithalten. Ähnlich das Bild bei der V-Klasse, für 74.013 Euro gibt’s dort den V 220 d Avantgarde mit 163 PS und 4Matic-Allrad, ebenfalls mit preislicher Luft nach oben.

Zugegeben, beides alles andere als Schnäppchen, erst recht, wenn man sich den ein oder anderen Mitbewerber ansieht. Der mitunter deutlich kleinere Preis bedeutet allerdings auch spürbar mehr Nutzfahrzeug-Flair als bei T6.1 Multi­van und V-Klasse, die sich selbst beim Fahrkomfort gegenüber Oberklasse-Limousinen nicht verstecken müssen und deutlich variabler sind. Allerdings dann auch auf einem ähn­lichen Preisniveau spielen.

Das Resümee

Die Mercedes V-Klasse und der VW T6.1 Multivan gehören ohne Frage zum Besten, was man in dieser Klasse kaufen kann. Fahrleistungen und Komfort auf Pkw-­Niveau und jede Menge Platz für Passagiere und Gepäck zeichnen das luxuriöse Duo aus. Dass dieser Luxus ordentlich kostet – erst recht, wenn man sich in der seitenlangen Liste der Extras austobt – ist dann freilich nicht überraschend.

Die Basispreise der Testautos täuschen, die Exclusive-Ausstattung der V-Klasse beinhaltet beinahe alle Extras, würde man den Multivan so aufrüsten, läge auch er deutlich über 100.000 Euro. Immerhin sind beide vorsteuerabzugsfähig, für Firmen ein starkes Argument. Ein Blick auf die prognostizieren Restwerte zeigt, dass sich das Duo auch hier ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefert. Um fairere Verhältnisse zu schaffen, wurden hier die beliebtesten Modelle verglichen.

News aus anderen Motorline-Channels:

Vergleichstest: VW T6.1 Multivan vs. Mercedes V-Klasse

Weitere Artikel:

Pro und Contra – Diskussion auf Puls 4

Auf der Straße festkleben: Protest oder Zerstörungswut?

Vertreter aus der Politik, der Autofahrer-Lobby und von der Letzten Generation versuchen – vergeblich – auf einen grünen Zweig zu kommen: Wie kann man gemäßigt aber zielführend auf ein Thema aufmerksam machen, ohne zu (zu) drastischen Mitteln zu greifen?

Afra Porsche von der Letzten Generation und Gerhard Lustig vom Volksbegehren "Kosten Runter!" diskutieren bei Wolfgang Schiefer darüber, ob Autofahren günstiger werden muss, wie man alle Menschen mobil machen kann und wer das Ganze zahlen soll.

Diesel um 1,169 Euro? Ein Fehler!

Billigdiesel führt zu Ansturm auf Tankstelle

Am 29. Jänner fuhren zahlreiche Diesellenker nach Horn zum Spritsparen. Eine Tankstelle hatte einen fehlerhaften Preis ausgewiesen – erst am 30. Jänner in der Früh wurde der Lapsus bemerkt. Glück gehabt: Zurückzahlen müssen die Glücklichen die Differenz nicht.

Mit einem Fahrsimulator zur Entwicklung von neuen Reifen können nicht nur Zeit und physische Prototypen eingespart werden: Pirelli kommt damit auch seinem Ziel näher, bis 2030 CO2-neutral zu produzieren.