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Eine Liga für außergewöhnliche Gentlemen

Für Mittelstrecken-Reisen wird aktuell stark die Bahn propagiert. Und wir müssen gestehen: Auch wir sehen einen gewissen Reiz darin, etwa von Wien nach Salzburg zwei bis drei Stunden aus dem Fenster schauen und/oder arbeiten zu können, anstatt auf der Autobahn ein Lenkrad festhalten zu müssen. Außer natürlich, man nennt ein BMW M850i Gran Coupé sein Eigen. Das ist was anderes …

Johannes Posch

Kurze Plauderei aus dem Nähkästchen: Direkt vor der Testperiode im Gran Coupé hatte ich die Gelegenheit ein M8 competition Cabrio zu pilotieren. Und eigentlich hatte ich beim Wechsel von „echtem M“ auf „fast ein M“ mit einer gewissen Ernüchterung gerechnet. Doch weit gefehlt. Es war eher eine Offenbarung. Immerhin haben die bayrischen Motorenwerke ihre V8 Triebwerke mittlerweile so hochgezüchtet, dass in ihrem wahrhaftigen M8 wahnwitzige 460 kW / 625 PS anliegen. Das, gepaart mit spitzer Lenkung, hartem Fahrwerk, rotziger Abgasanlage und scharfer Gesamtabstimmung, ist zwar eh geil, aber für den Alltag ehrlicherweise nimmer schön.

Das schöne Biest


Da macht der M850i tatsächlich einen besseren Job, ein rundes Gesamtpaket abzuliefern. Vor allem, weil freilich auch er alles andere als eine lahme Ente ist. Beim Auto-Quartett ist man jedenfalls ganz vorn mit dabei: 390 kW / 530 PS und max. 750 Nm Drehmoment, zur Verfügung gestellt durch einen doppelt zwangsbeatmeten V8 mit 4,4 Litern Hubraum. Auf die Straße bringen dürfen das alle vier Räder gleichermaßen, was aus dem Stillstand und geradeaus eine Wartezeit von gerade einmal 3,9 Sekunden bedeutet, bis man innerstädtisch im worst case ein für alle Mal seinen Führerschein los ist. Damit auch Kurven Spaß machen, warten nebst einem fein austariertem Sportfahrwerk seit der letzten Modellpflege nicht nur serienmäßig schicke 20-Zöller, sondern auch das M-Sportdifferenzial an der Hinterachse. Achja; und einen beleuchteten Kühlergrill hat besagte Modellpflege auch mitgebracht - siehe weiter unten.

Was hingegen glücklicherweise nicht zu umfassend angegriffen wurde, ist der Innenraum. Während also bei 3er, 4er und Co. mit den letzten Facelifts der Dreh-/Drück-Regler fürs iDrive rausflog, ist er im 8er nach wie vor vorhanden. Und das ist gut so. Die somit letzte Inkarnation des nicht rein via Touch und/oder Sprache steuerbaren BMW-Betriebssystems ist merklich deren Zenit. Intuitiv, schnell, gut vernetzt; da gibt’s nichts zu meckern.

Das M850i Gran Coupe gibt aber auch ganz an und für sich wenig Anlass, sich zu echauffieren. Das Cockpit, mit seinen erstklassigen Sportsitzen, klassischer Fahrerorientierung und physikalischen Tasten, ist eine wahre Symphonie der Ergonomie und sportlichen Noblesse. Die Materialienauswahl erfolgte ausnahmslos aus den obersten Regalen. Die Verarbeitung ist erstklassig und die Ausstattung auf Wunsch voller, als manch Bürgermeister nach einer Heurigeneröffnung: Panoramaschiebedach, Sitzbelüftung vorn, -Heizung überall (samt Armauflagen), Laserlicht, Bowers & Wilkins Surround-Soundsystem, Hinterachslenkung, elektrische Sonnenschutzrollos, Wireless-Charging, Apple Carplay sowie Android Auto sowieso, HUD, Soft-Close-Automatik und, und, und …

Rechenspiele


Man ahnt aber schon, dass die Sache einen Haken hat; dass es einen Grund dafür gibt, warum man so wenige 8er Gran Coupés auf Österreichs Straßen sieht. Es ist – wer hätte es gedacht – der Preis. So wie auf den Bildern zu bewundern, also gar nicht mal mit allem, was wir gerade aufgezählt haben, dafür aber mit Carbon-Dach um bissl über 3.000 Euro, stand am Ende unserer Testwagenkalkulation für den M850i ein Brutto-Tarif von 190.140 Euro. Bumm.

Das wirft selbst bei Marken-internen Seitenblicken Fragen auf. Wer etwa vor allem in Luxus schwelgend Kilometer fressen will oder muss, kriegt um das Geld bereits einen BMW M760e mit mindestens ebenso vielen, feinen Extras; dafür aber halt zwei Zylindern weniger und die Möglichkeit bis zu 80 km elektrisch zu fahren. Möglich macht die preisliche Nähe hierzulande freilich der Plug-in-bedingte Wegfall der NoVA und anderer Verbenner-induzierter Strafsteuern, die sich im Falle des 8er-Testprobanden auf Fiskus-erfreuende 38.657 Euro belaufen. Gleichzeitig aber, NoVA hin oder her, könnte man sich um dasselbe Entgelt, das für den 8er fällig wird, auch einen M5 gönnen. Obgleich man hier dann aber mit der Ausstattung etwas knausern müsste, wäre man da noch ein Stück sportlicher unterwegs und hätte gleichzeitig ein bisserl mehr Platz. Hm. Dass allerdings weder 7er noch 5er auch nur ansatzweise so gut aussehen wie der Achter, kann ihm keiner nehmen.

Zudem sind es ja, wie schon in Ansätzen dargelegt, nicht bloß die subjektiven Aspekte, die den M850i Gran Coupé so herrlich machen. Auch objektiv gönnt er sich keine Ausrutscher. Hat man sich durch die kleinen, hinteren Türen durch gezwickt, warten zwei herrlich bequeme Einzelsitze und alle Annehmlichkeiten, die man sich jenseits der Super-Luxus-Tangente, Abfahrt Rolls-Royce, wünschen kann. Auch der Kofferraum ist mit seinen 440 Litern und den umlegbaren Lehnen der Fondbank durchaus Familien- und/oder Urlaubs-tauglich.

Ja und sogar sparsam ist das M850i Gran Coupé … relativ betrachtet. Wer den Eco-Modus bemüht und sich selbst in Zurückhaltung übt, erreicht recht problemlos einstellige Verbräuche, auch wenn uns WLTP anderes weiß machen will. Zumindest haben wir am Ende unserer Testrunde inklusive 30 Prozent Autobahnanteil durchaus beeindruckende 9,8 Liter auf 100 km am Display abgelesen. Nicht schlecht, für ein 2-Tonnen-Reiseschiff mit über 500 PS. Wer wirklich beim Gran Coupé-fahren sparen will, greift aber vermutlich eh zum Diesel. Wer hingegen zum V8 tendiert (und es sich leisten will), den wird freuen zu hören, dass der M850i zwar deutlich leiser ist als der ausgewachsene M8, aber ebenso eine Klappenanlage mitbringt und spätestens wenn sich diese öffnen großartig klingt; sonor, kraftvoll, tief grollend, aber eben nie übertrieben laut. Genau richtig eben.

Fazit


Ja, das M850i Gran Coupé ist, man muss das Kind beim Namen nennen, sauteuer. Wie jeder Achter – insbesondere im Vergleich zu den markenintern verfügbaren Alternativen. Und doch ist es schwer, ihm daraus einen Strick zu drehen. Denn eigentlich hat er innerhalb des blau-weißen Portfolios keine echten Alternativen. Und außerhalb davon sind es dann Kaliber wie der Porsche Panamera oder der Mercedes-AMG GT 4-Türer. In dieser Relation ist der BMW dann fast schon wieder ein Schnäppchen. Aber Schluss mit den Vergleichen. Fest steht: Der M850i Gran Coupé ist sicher eine der schönsten Arten von A nach B zu kommen, die man heute erwerben kann.


Technische Daten:
BMW M850i xDrive Gran Coupé
Hubraum | Zylinder
4.395 cm3 | 8
Leistung 530 PS (390 kW)
Drehmoment 750 Nm bei 1.800–4.600/min
0–100 km/h | Vmax 3,9 s | 250 km/h
Getriebe | Antrieb 8-Gang aut. | Allrad
Ø-Verbrauch | CO2 10,7 l S | 243 g/km (EU6d)
Kofferraum | Zuladung 440 l | 515 kg
Basispreis | NoVA 161.750 € (inkl.) | 29 %

Das gefällt uns: das Design, der Motor, der Innenraum ... eigentlich alles
Das vermissen wir:Ein EuGH-Urteil zur Abschaffung der NoVA
Die Alternativen:Porsche Panamera, Mercedes-AMG 4-Türer, Audi RS7 Sportback

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