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Ennstal-Classic 2015

„Das Wesentliche ist die Freude!“

Justizminister Dr. Wolfgang Brandstetter gibt sein Debüt in Gröbming. Im Interview spricht er über Oldtimer, Freundschaft, Ängste und die klassenlose Gesellschaft der Ennstal-Classic.

Text: Michael Noir Trawniczek
Foto: Peter Meierhofer

Seit Dezember 2013 ist der parteilose Dr. Wolfgang Brandstetter Justizminister der Republik Österreich. Am kommenden Wochenende zwängt sich der 57-jährige Eggenburger in einen Steyr-Puch aus 1964, um gemeinsam mit seinem Freund Dr. Norbert Mylius die Ennstal-Classic zu bestreiten.

Im Interview spricht Brandstetter über seine Oldtimer-Leidenschaft, über die spezielle Bedeutung seines Starts, aber auch über aktuelle Ängste der Bevölkerung und warum die Ennstal-Classic als möglicher Brückenbauer dazu beitragen kann, Feindseligkeiten abzubauen.

Herr Justizminister, Sie haben, so scheint es, ein bisschen Benzin im Blut…

(lacht) Ja, für mich ist es eine Riesenfreude, bei der Ennstal-Classic dabei sein zu dürfen.

Woher kommt Ihre Vorliebe für Oldtimer?

Ich hatte immer schon eine Vorliebe für Geschichte und insbesondere für Technikgeschichte. Mich fasziniert die technische Entwicklung und Oldtimer sind dabei ein ganz wesentlicher Faktor. Ich besitze selbst ein paar Oldtimer, allerdings sind das Alltagsfahrzeuge. Ich habe einen Puch 500, einen VW Käfer und noch weitere Fahrzeuge, zu denen ich eine persönliche Beziehung habe – die wollte ich nicht wegschmeißen und sie funktionieren heute noch.

Das ist mein Zugang – und natürlich fasziniert mich jeder Oldtimer, von denen man hier in Gröbming ja ganz wunderbare Exemplare sieht. Oldtimer sind historisch wertvolle Kulturgüter, die es zu erhalten gilt. In diese Richtung unterstütze ich auch jede Aktivität, weil ich das für außerordentlich wichtig halte – dass wir auch der jungen Generation und den nächsten Generationen zeigen, wie wir mit diesen Fahrzeugen vor einigen Jahrzehnten unterwegs waren.

Das macht natürlich auch sehr viel Spaß, diese Autos in einem Umfeld wie hier bei der Ennstal-Classic zu bewegen – wo man sehr gut nachempfinden kann, wie das früher war, als man den Stoderzinken wirklich mit einem Steyr-Puch bewältigen musste.

Da sind wir gleich bei Ihrem Fahrzeug: Es ist ein Steyr-Puch 650 TRII mit Baujahr 1964 - mit dem wurde der Pole Sobieslaw Zasada 1966 Rallye-Europameister der Kategorie G2. Das Auto gehört Dr. Norbert Mylius, mit dem Sie die Ennstal-Classic bestreiten – welche Beziehung haben Sie zu diesem Fahrzeug?

Eine ganz besondere Beziehung, das Fahrzeug gehört Dr. Norbert Mylius, der in den späten Fünfziger- und den frühen Sechzigerjahren sehr erfolgreich in Österreich Bergrennen bestritten hat. Mit einem Messerschmitt Tiger, den er auch noch besitzt und der hier ebenfalls starten wird, ein Freund von ihm sitzt hinter dem Steuer.

Mit Norbert Mylius verbindet mich eine jahrzehntelange Freundschaft, deren Bezugspunkt unsere Oldtimer-Leidenschaft war. Wir kannten ja noch die Sammlung des Herrn Erich Schenkel, mit kleineren Fahrzeuge der Fünfziger- und Sechzigerjahre, klassische Vertreter des österreichischen Wirtschaftswunders. Ich habe seinerzeit initiiert, dass diese Sammlung in meinem Heimatort Eggenburg in einem Museum, in der Nostalgiewelt auch präsentiert werden kann. Und das ist bis heute so geblieben – der legendäre Zasada-Puch ist dort auch regelmäßig zu besichtigen, wir haben auch vor drei Jahren initiiert, dass Sobieslaw Zasada nach Eggenburg gekommen ist und er sich das Auto angesehen hat, schließlich ist er auch eine Runde damit gefahren. Das war für mich ein großartiges Erlebnis…

Sie saßen neben ihm?

Nein, ich fuhr mit meinem eigenen Puch – zuerst vor ihm, aber nicht sehr lang. Es hat nicht lang gedauert, bis er mir das Heck gezeigt hat. Er war ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann in Polen und ist jetzt über 80 Jahre alt. Er hat das Fahrzeug auch signiert. Ich habe eine Riesenfreude, dass ich hier mit meinem jahrzehntelangen Freund Norbert Mylius gemeinsam bei der Ennstal-Classic fahren kann – mit seinem legendären Puch, der so viele Schlachten gewonnen hat.

Das ist eine Krönung unserer bisherigen Freundschaft – wir werden einander ergänzen, die schwierigen Passagen wird sicher er fahren, den Stoderzinken überlasse ich ihm. Aber ich werde auf den ebenen Passagen zum Einsatz kommen und wir haben wirklich die feste Absicht, hier durchzuhalten.

Wie schaut es mit dem sportlichen Ehrgeiz aus? Haben Sie die letzten Tage mit Schnitt-Tabellen verbracht?

Da haben wir nicht viel trainiert – das hätte bei einem so alten Puch auch keinen Sinn, unser Auto hat rund 40 PS. Es wird sicher eine Herausforderung für uns sein, die gesamte Strecke in der vorgegebenen Zeit zu schaffen. Wir wollen es aber versuchen – ich sage Ihnen aber ganz ehrlich: Sollten wir am Ende eine Platzierung erreichen, die ungefähr unserer Startnummer 117 entspricht, dann wäre ich bereits hoch zufrieden.

Sie haben vorhin gesagt, dass ein Oldtimer einen Wert hat – jetzt leben wir gerade in einer Zeit, in der wieder viele Menschen Angst haben um ihren Besitz und um ihre Werte, in wie weit ist diese Angst berechtigt?

Würde man diese Fahrzeuge nur als Wertanlage sehen, dann wäre das sicher der falsche Zugang – bei mir war das noch nie der Fall, meine Fahrzeuge sind keine Preziosen, sondern mir macht das einfach unheimlich viel Spaß.

Dass heutzutage wieder viele Zukunftsängste da sind, die man schon überwunden glaubte, ist eines der Probleme, mit denen wir derzeit massiv zu kämpfen haben. Da ist auch da oder dort viel Vertrauen verloren gegangen – wir haben ja auch alle geglaubt, dass es im Rahmen der Europäischen Union nur aufwärts gehen kann. Wir haben auch gedacht, dass wir nie wieder ein großes Problem mit Flüchtlingen haben werden. Wir haben alle geglaubt, die wirtschaftliche Entwicklung, speziell auch in den Oststaaten kann ja nur nach oben gehen.

Das hat sich eben leider als Irrtum herausgestellt, sodass wir jetzt mit vielen großen Problemen gleichzeitig konfrontiert werden, die ich aber alle für lösbar halte. Wichtig ist nur, dass wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen – das gilt in Österreich genauso wie in der Europäischen Union. Da sind wir noch nicht dort, wo wir hin müssen – das ist jedem klar, aber ich denke, der Vergleich ist gar nicht so weit hergeholt, wie er klingt: Wenn das , was in der Steiermark mit der Reformpartnerschaft gelungen ist, auf allen anderen Ebenen, wo wir das noch nicht geschafft haben, auch gelingen würde, bis hin zur Europäischen Union, dann wären wir schon viel weiter und dann wären diese Probleme auch lösbar, davon bin ich fest überzeugt.

Und so schlecht stehen wir im europäischen Vergleich nicht da, auch Österreich nicht – wir haben noch eine Menge Potential nach oben, wir müssen es nur ausschöpfen.

Kann eine Veranstaltung wie die Ennstal-Classic, die ja total international besetzt ist und bei der es daher ja keine Ausländerfeindlichkeit gibt, auch Brücken bauen und dazu beitragen, dass solche Feindseligkeiten abgebaut werden?

Absolut. Das passiert hier ganz selbstverständlich, es sind ja auch alle Teilnehmer gleich per du. Es vereint einen einfach das Interesse für diese wunderschöne Sache, die Erhaltung eines technisch und historisch wertvollen Kulturguts, die Liebe zu den Oldtimern, die Liebe auch zur Nostalgie, zur Zeitgeschichte.

Das ist ein viel zu starkes einigendes Band, sodass es ganz selbstverständlich ist, dass es hier eine – wenn Sie so wollen – klassenlose Gesellschaft gibt. Und das ist auch gut und richtig so.

Ich bin hier ein ganz einfacher Teilnehmer mit Startnummer 117, und das bereitet mir eine riesengroße Freude – und ich werde mich genauso anstrengen wie alle anderen, ich werde vielleicht da oder dort genauso fluchen wie alle anderen, selbstverständlich. Aber es ist ein unglaublich tolles und vor allem auch emotionales Erlebnis.

Das Wesentliche ist doch – und das wird zu wenig beachtet – dass man bei solchen Veranstaltungen so vielen Menschen so viel Freude bereitet. Das haben wir vor allem auch den Veranstaltern Helmut Zwickl und Michael Glöckner zu verdanken – und was gibt es schöneres, als Menschen Freude zu machen? Denn Freude ist eben etwas, das sich vermehrt, wenn man es teilt.

Ein schönes Schlusswort, Herr Minister – vielen Dank für das Gespräch und viel Spaß und Erfolg bei der Ennstal-Classic.

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