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Aufwachen nach der Party

Zugegeben, ein kleiner Transporter aus 2008 ist jetzt nicht das, was man als echten Klassiker verstehen würde. Und dennoch markiert der Renault Be Bop einen gravierenden Einschnitt in die Art und Weise, wie Autofirmen neue Ideen umsetzen.

Roland Scharf

Es musste ja ausgerechnet Renault passieren. Jener Marke, die über Jahrzehnte hinweg immer schon die kreativsten Ideen nicht nur hatte, sondern auch in echte Fahrzeuge umsetzte. Man denke nur an den windschutzscheibenlosen Spider, den unverständlichen Zweisitzer Wind, den missverstandenen Avantime, den völlig irren Renault 5 Turbo mit Mittelmotor, oder auch den Renault Clio V6, ebenfalls mit Mittelmotor – und natürlich Heckantrieb.

Sie sorgten aber nicht nur bei Modellen mit geringen Stückzahlen für Aufsehen. Mit dem Espace begründeten sie eine ganze Klasse, und der Kangoo ist bis heute unerreicht, was das Verhältnis aus Praktikabilität und Grundfläche angeht – und genau hier fängt unsere Geschichte an. Mitte der 2000er-Jahre war es in der Industrie noch üblich, dass man sich ab und zu neue Modelle “gönnte.” Ob man damit jetzt wirklich Geld verdient oder nicht – was soll’s, der Laden läuft ja sowieso, und ein wenig das Markenimage schärfen kann ja nie schaden. Gerade, wenn es um nüchterne Nutzfahrzeuge geht.

Also schnappten sich die Pariser den Kangoo, sägten mehr als dreißig (!) Zentimeter heraus, was fast den gesamten Kofferraum killte, und nannten das neue Stück: Be Bop! Den Namen entlieh man sich aus einem irren Show-Duo: So war der Be Bop ein kleines SUV (wie es heute überall beliebt ist) und der Be Bop ein kleiner Sportwagen (wie es sie heute überhaupt nicht mehr gibt), ja und wer nach einem tieferen Sinn bei diesem Päärchen sucht, hat die Idee von Konzeptfahrzeugen nicht ganz kapiert. Insofern – muss man leider sagen – passt der Name auch perfekt zum neuen Modell. Denn auch wenn Renault beteuerte, es handele sich hierbei um ein Spaßauto, wusste bei seinem Erscheinen 2009 dennoch niemand so wirklich, was man mit diesem Auto denn eigentlich jetzt soll. Schließlich lebt der Kangoo von seinem praktischen Wesen, das durch das Minus an Platz aber irgendwie verloren ging. Und dass man die hintere Dachhälfte völlig aufklappen konnte, war zwar ulkig, machte die Comic-haften Proportionen aber auch nicht wett. 

Heute wäre so ein Auto jedenfalls undenkbar. Spätestens nach der Finanzkrise 2008 wussten die Konzerne, dass jedes neue Modell auch richtig Geld verdienen muss. Geben die Buchhalter kein grünes Licht, gibt es auch keine Party auf Rädern mehr. Auffällige Eskapaden und Kleinserien gehörten somit der Vergangenheit an, und sogar die Macher des Be Bop gaben seinerzeit bei der Präsentation zu, dass man den Wagen auch nur deswegen auf den Markt bringen durfte, weil er nun Mal schon entwickelt war. Und jetzt, wo er schon einmal da war, könne man ja das Beste draus machen.

Die neue Nüchternheit machte es dem Be Bop jedenfalls schwer. Kaum jemand griff zu, sodass er 2013 bereits wieder aus dem Programm gestrichen wurde. Und damit endete die lange Phase der automobilen Tollerei ausgerechnet mit einem Transporter ohne Laderaum.

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