CLASSIC

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter

Zu groß für diese Welt

So großspurig der Name klingen mag, er war alles andere als unpassend. Der Mega Track war von Sportwagen bis Geländewagen alles auf einmal – und somit einfach viel zu viel.

Roland Scharf

Aixam? Ach Aixam! Das ist ja dieser Hersteller von 50-Kubikzentimeter-Mopedautos aus Frankreich, dessen Produkte halb Europa unsicher machten und aufgrund ihrer großspurigen Preise zwar nicht bei der anvisierten jungen Zielgruppe unter 18 punktete. Dafür aber bei den älteren Generationen und bei jenen, die ihren Führerschein – warum auch immer abgeben mussten. Aixam jedenfalls war immer schon eine Firma der Extreme, und das zeigt sich am Besten am anderen Ende der automobilen Nahrungskette, wo man sich für ganz kurze Zeit an etwas völlig Neuem versuchte.

Anfang der 1990er war die Autowelt noch sehr überschaubar konzipiert: Es gab Klein- und Kompaktwagen, Limousinen natürlich, Kombis und auch ein paar Geländewagen. SUV? Crossover? Nicht einmal Fremdworte, und wenn man von einem Exoten sprach, dachte man automatisch an flache und meist ziemlich unbequeme Flundern, die zudem fast nur aus Italien kamen. Da muss es doch noch mehr geben, dachte sich wohl Aixam, und in alter Tradition französischen Automobilbaus, gerne einmal etwas völlig Neues auszuprobieren, von dem man aber nicht wusste, ob es auch funktionieren würde, wollte man so etwas wie das endgültige Überdrübermobil bauen. Also eines, das scharf aussieht, dennoch genügend Platz bietet, Leistung natürlich ohne Ende hat und aber auch überall gefahren werden kann, wo der Besitzer es möchte.

Ein Best of des Fahrzeugbaus also, wobei schnell klar war, dass man für einen so grundlegend neuen Denkansatz eines Luxusautos Aixam nicht als Namen nehmen konnte. Also wählte man ein Wort, das nach ein wenig mehr klingt: Mega! Und da man wirklich alle Pfade der Luxusautowelt gleichzeitig befahren wollte, konnte das erste Modell nur einen bestimmten Namen tragen: Track. Man muss fairerweise dazu sagen, dass die grundsätzliche Idee heutzutage keinem mehr auffallen würde. Aixam nahm quasi die ganze SUV-Coupé-Bewegung vorweg. Nur was heute vielleicht als ein wenig übertrieben wirken würde, mutete seinerzeit wie ein Überlaufen an Maßlosigkeit an.

Und zugegeben – dank der gewählten Dimensionen wirkte der Track überraschend schlank und elegant. All das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch hier versucht wurde, dem Namen Mega so gut es geht gerecht zu werden. Der Track misst in der Länge fast 5,1 Meter, in der Breite unglaubliche 2,3. In der Höhe blieb man dafür mit 1,4 m erstaunlich bescheiden, doch dadurch entsteht erst dieser massive Flachmann-Look, der dank der wuchtigen 20-Zoll-Räder erst wirklich zur Geltung kommt. Nicht vergessen: Wir reden hier von einer Zeit, als 17 Zoll als Riesenwalzen galten. Kein Wunder also, dass Michelin die Pneus nur für dieses Projekt anfertigen musste, aber so war man dann auch gerüstet für wilde Ritte durch leichtes Gelände. Vor allem dann, wenn man das höhenverstellbare Fahrwerk ganz in die Höhe pumpt und 34 Zentimeter Bodenfreiheit zur Verfügung hatte.

Beim Antrieb vertraute man auf Bewährtes und griff bei Mercedes zu dem souveränen V12-Motor mit sechs Litern Hubraum aus der S-Klasse. Knapp 400 PS waren ausreichend, und verwaltet wurden sie von einem Automatikgetriebe mit damals zeitgemäßen vier Gängen, die die Power allerdings nur an die Hinterräder weiterleiteten. Allrad war anscheinend nicht so leicht realisierbar, was die universelle Einsatztauglichkeit des Track natürlich von Anfang an stark einschränkte. Im vollen Offroad-Modus genehmigte sich der Track dennoch gerne 50 Liter Super im Schnitt, aber wir sprechen hier ja auch von einem Leergewicht von mehr als 2 Tonnen, das muss man erst einmal in Schwung halten. Vor allem, wenn man eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h angab.

Wem bei diesen Werten kein anderes Wort als Gigantismus einfällt, dürfte man wohl ziemlich normal gepolt sein. Aber so waren die 90er-Jahre eben, wo eine inhaltsleere Spaßgesellschaft auf die Ausläufer des Mehr-ist-besser-Denkens der 80er traf. Irgendeiner musste es ja dann übertreiben, und da sich ziemlich zeitgleich die Sorge um die immer voller werdenden Straßen zunehmend breiter machte – genau so wie der Turbodiesel, und leistbare Fahrzeuge mit Allradantrieb, mit denen man praktisch überall hin kam – war es klar, dass ein Auto mit umgerechnet 300.000 Euro Basispreis (heute wohl mehr als 600.000) kein bahnbrechender Erfolg werden dürfte.

Um es kurz zu fassen: Der Mega Track war ein finanzieller Megaflop. Gebaut wurden insgesamt fünf oder sechs Stück, wobei zwei sich nach wie vor in der Aixam-Zentrale befinden. Und – ob man es glaubt oder nicht – ein Exemplar der vier Stück in Kundenhand ist oder war in Österreich zugelassen. Die anderen versandeten irgendwo zwischen Russland und den Emiraten.

News aus anderen Motorline-Channels:

Helden auf Rädern: Mega Track

Weitere Artikel:

Flashback Garage startet Crowdfunding

Elektrische Oldtimer bald aus Wien

Emotionen von damals ohne die Emissionen von heute – so lautet das Motto der Flashback Garage, die Oldtimer mit Elektromotor und Batterie versorgt. Für den ersten Schritt werden noch Interessenten gesucht, die sich per Crowdfunding beteiligen. Da reicht sogar der Kauf eines hochertigen T-Shirts. Vielleicht als Geschenk!

Die Ennstal-Classic 2023 ist entschieden

Ennstal-Classic 2023: Schlussbericht

Die Sieger der Ennstal-Classic 2023 heißen Helmut Schramke / Peter Umfahrer auf Jaguar XK150 von 1960, sie gewinnen nach 2003, 2006 und 2012 zum, vierten Mal. Auf Platz 2 landeten Sebastian Klackl und Nicola Kovacic-Klackl auf Mini 1000 MKII, Platz 3 erreichten Peter Schöggl und Wolfgang Artaker auf Alfa Romeo Spider Verloce 1750 von 1970.

Unter Mithilfe des Gegners

Helden auf Rädern: Wismar Hannover

Die Eisenbahn lukrativ zu betreiben, ist seit jeher ein Problem. Vor fast 100 Jahren zeigte die Waggonfabrik Wismar aber mit dem Schienenbus Hannover, wie ausgerechnet mit Kfz-Technik jede Menge Kosten eingespart werden können.

Die Mühen vieler Väter

Helden auf Rädern: Audi 60

Schöne Audis heißen Avant. Früher aber nicht, wobei es Anfangs nicht einmal für einen Beinamen gereicht hat. Die „60“ bekam der F 103 als erster Nachkriegsaudi auch erst später verpasst.

Wir komplettieren den Innenraum

Video: Project Tawny, Teil 8

Neue Dichtungen, neue Module, neue Schrauben, es gab viel zu tun in den letzten Wochen, weswegen sich dieses Video auch ein wenig verzögert hat. Aber dafür sind wir jetzt auch fast fertig mit dem Lotus. Fast. Oder eigentlich: nicht einmal annähernd fast.

Trotz Wetterkapriolen auch heuer ein Highlight

Ennstal-Classic 2023: Die Zusammenfassung

Ein neues Reglement, das noch mehr Spannung versprach, ein Wiederholungssieger, mit dem zu rechnen war und Wetterkapriolen, die es den Teilnehmern schwer machten, erfolgreich durchzukommen. Das waren die Ingredienzien der 31. Auflage der Ennstal-Classic 2023.