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Das brave schwarze Schaf

So recht wollte der Peugeot 309 nie in die Modellpalette passen. Weil er nie ein echter Peugeot war. Und weil sein Name auch bewusst sein Außenseitertum zeigen sollte. Dennoch rettete er den gesamten Konzern.

Roland Scharf

Auf seinem ersten großen Beutezug heimste der PSA-Konzern in den 1970ern nicht nur Citroen ein, sondern etwas später auch den konfusen Mischkonzern bestehend aus Simca und Talbot, die wiederum so etwas wie die Europa-Sparte von Chrysler wiederspiegelten, und in denen die ehemalige Rootes-Gruppe aufgegangen ist. Das brachte wilde Mischwesen auf den Markt, allen voran den Talbot Simca, der praktisch gegen die hausinterne Konkurrenz namens Talbot (oder Chrysler) Horizon auf Kundenfang ging. Jedenfalls musste diese Bude einmal krachen, und als es dann an die Neuaufteilung der Pfründe innerhalb des PSA-Gefüges ging, war erst einmal klar, dass es auch weiterhin Talbots geben sollte. Und zwar einen Nachfolger des Horizon mit dem Namen Arizona.

Natürlich durfte es kein komplett neu entwickeltes Modell sein. Peugeot sah vor, möglichst viele Teile des gerade lancierten 205 zu verwenden, weswegen der Neuling optisch ein wenig verschroben daher kam. Aber die verlängerte Plattform mitsamt Vorderwagen und Türen des kleinen Löwen ließen keine andere Optik zu. Zumal es ja eh eines anderen Zugangs bedurfte, damit man sich keine eigene Konkurrenz heranzüchtete. Also verwendete man weder ein klassisches Schrägheck, wie es der 205 hatte, noch ein klassisches Stufenheck, wie es der 305 hatte. Sondern eine Art Stufenschrägheck. Talbots Image passte diese Lösung aber ganz gut.

Jetzt war es zu Beginn der 1980er aber so, dass Peugeot selbst in finanzielle Nöte kam. Wirklich Kohle konnten sie nur mit dem 205er machen, der Rest dümpelte ein wenig dahin, wobei – mit Ausnahme des 305 gab es ohnehin nichts nennenswertes in der Pkw-Palette. Also packte man den berüchtigten Rotstift wieder aus und strich praktisch alles, was kein Geld verdiente. Und das war zum Beispiel alles, was von Talbot kam. Solara, Tagora, alle Rohrkrepierer verschwanden also, der Horizon etwas später auch – aber was passiert nun mit dem eigentlich fertig entwickelten Arizona? Man strickt ihn einfach zu einem Peugeot um. Irgendwie musste man die Jahre überbrücken, bis der 405 endlich startklar war. Und zwar unken jetzt wieder viele herum, dass dieser ja kein Nachfolger des 305 sein kann, weil ja viel größer und blabla. Der Tatsache, dass die Mittelklasse einfach unglaublich schnell wuchs, und der 305 einfach schon viel zu lange auf dem Markt war, musste Peugeot ja irgendwie Rechnung tragen. Also ging man gleich in die Vollen und rüstete das neue Modell entsprechend auf, was für viele dem Überspringen eines Segments gleichkommen mag.

Es ist jedenfalls kein Wunder, dass der 309 nie so wirklich in die Palette passte, weil er das eigentlich nie hätte tun sollen. Daher wählte man auch nicht einen logischen Namen wie zum Beispiel 206 oder 306, sondern nahm die 309, um ihn bewusst von den bewährten Modellen zu distanzieren. Die Übernahme des Projekts erwies sich dennoch als gar nicht so blöder Schachzug, denn Talbot-Kunden sind treue Kunden, die mit den anderen Konzernprodukten nicht wirklich etwas anfangen konnten. So aber hielt man sie davon ab, zur Konkurrenz zu wechseln. Zugleich nutzte man die Gelegenheit, zu sagen, der 309 würde den 305 ablösen, der als kleine Limousine tatsächlich dem aktuellen Trend der Golf-Klasse hinterherhinkte. Und bis die neuen Modelle endlich auf den Markt kommen, konnte man so die Zeit zumindest halbwegs überbrücken. Tatsächlich hatte Peugeot in den Achtzigern Golf, Kadett und Co nicht wirklich etwas entgegenzusetzen. Das gelang erst Mitte der 1990er mit dem 306, der alle Insignien eines modernen Kompakten trug und den 309 auch schon wieder überflüssig machte. Im Endeffekt rettete das ungeliebte Kind aber der ganzen Marke das Überleben.

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