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Verdrehte Welten

Was mit dem Traum eines jungen Ingenieurs anfing, wurde zum potenziellen Ferrari-Killer, der europäischer war als es die amerikanischen Kunden gedacht hätten. Dass es scheiterte, lag nur an den Zahlen.

Roland Scharf

Die 1960er-Jahre galten als das goldene Jahrzehnt der Grand Tourer. Zahlreiche – vor allem englische – Firmen bauten große Coupés mit großen Motoren, die fast durchwegs aus den USA stammten. Einer der ersten indes war ausgerechnet aus Kalifornien, wobei seine Motorwahl sehr europäisch war. Und der Produktionsstandort teilweise auch. Eine wirre Geschichte, die auch zum größten Problem des Apollo GT werden sollte.

Es gab einmal einen jungen Ingenieur aus Kalifornien namens Milt Brown, der seine Flitterwochen gleich zum Anlass nahm, sich in Europa ein wenig nach Inspiration umzusehen. Er wollte nämlich unbedingt eine Autofirma aufmachen, was Ende der 1950er noch relativ simpel zu bewerkstelligen war. Und wenn man schon einmal in der alten Welt unterwegs war, bot es sich ja förmlich an, sich ein wenig umzusehen. Schnell reifte der Gedanke, dass die ursprüngliche Idee, ein preiswertes und einfaches Alltagsauto zu bauen, nicht unbedingt der richtige Weg war. Schnell erkannte Brown, dass sich zum Beispiel in England bei Aston Martin oder – noch deutlicher – in Italien bei Ferrari die GT-Bewegung immer mehr in Bewegung setzte. Und als er just beim Grand Prix von Monaco 1960 auf Frank Reisner traf, schien der Weg seiner Firma namens Brown’s International Motorcars besiegelt: Reisner, ein Ungar, der in Kanada und den Staaten als Chemiker tätig war, machte nämlich 1959 in Italien Urlaub und verliebte sich dermaßen in dieses Land, dass er in Turin eine Firma eröffnete, um künftig als Coach Builder Karosserien in Auftrag zu fertigen: Intermeccanica.

1960 besuchte er ebenso den Großen Preis von Monaco, und Browns Pläne passten perfekt in sein Geschäftsmodell. Schnell legte man los, beauftragte Franco Scaglione, der sein Handwerk bei Bertone erlernte, als Designer und fertigte zwei Prototypen in Aluminum an: ein Coupé und einen Roadster. Technisch bediente man sich amerikanischer Großserientechnik, und sicher gab es noch den ein oder anderen Punkt zu ändern, bevor es mit der Serienfertigung losgehen konnte, aber der grundsätzliche Fahrplan stand fest: Intermeccanica fertigt die Karossen, ehe es zur Montage per Schiff nach Oakland geht.

Blieb noch die Frage, welchen Motor man nehmen sollte. Brown entschied sich für den Vollaluminium-V8 von Buick mit schlanken 3,5 Litern Hubraum, der von allen amerikanischen Achtzylindern als der europäischste galt. So sehr sogar, dass später Rover die Patente daran aufkaufte und ihn für Jahrzehnte fast überall verbauen sollte, was von den Bändern British Leylands rollte. In den USA aber blieb der Erfolg aber aus – zu teuer in der Produktion, zu wenig Drehmoment, zu wenig Hubraum. Für den nur 1,2 Tonnen schweren Apollo GT aber, dessen Serienmodelle nicht mehr aus Aluminium sondern aus Stahl gefertigt wurden, schien der Antrieb nahezu ideal.

Das Problem war nur, dass Brown jegliche Erfahrung fehlte, wie man nicht nur ein Auto, sondern vor allem eine Autofirma hochzog. Und so europäisch der Apollo aussah und sich auch fuhr – die Fertigung lief dann doch ein wenig zu italienisch ab. Intermeccanica vergab zahlreiche Fertigungen an Subunternehmer, die dann wiederum an einzelne Karosserieschmieder noch kleinere Fertigungen vergaben. Während der eine also einen Kotflügel dengelte, kam der andere vom nächsten, und so wurde alles ziemlich kompliziert, zeitaufwändig und teuer, bis bei Reisner in Turin endlich fertige Karosserien zum Verschicken parat standen.

Das wäre immer noch nicht das größte Problem gewesen. Der Wagen kam in den USA nämlich erstaunlich gut an, nur zeigte sich jetzt langsam, wie sehr sich Brown beim Budget verrechnet hat. Keine 7.000 Dollar kostete ein GT, was damals zwar viel Geld, für einen handgefertigten Sportwagen aber durchaus fair war. Um die horrenden Produktionskosten und den aufwändigen Versand aber irgendwie reinzuspielen, hätte der Preis aber mindestens 10.000 Dollar betragen müssen. Bis man das kapierte, war es aber nicht nur zu spät. Auch hätte wohl kaum ein Kunde es akzeptiert, wenn sein bestelltes Auto auf einmal fast die Hälfte mehr gekostet hätte. So oder so musste Milt Brown 1964, nur zwei Jahre nach Start seiner Firma, das Handtuch werfen. Alle seine Freunde und Familienmitglieder hatte er schon um Geld angepumpt, die Zahlungsschwierigkeiten ließen ihn in die Insolvenz schlittern.

Als letzten Rettungsversuch einigte man sich mit Intermeccanica auf eine Lösung, fixfertige Karossen an Vanguard Industries zu liefern, die sich in Texas eigentlich nur ums Zuliefergeschäft kümmerten. Hier wollte man sich wirklich nur helfen, denn die Idee dieses Deals war, IMC zu entlasten, ehe man wieder zahlungskräftig war. Was aber nicht mehr gelingen sollte. Nach rund 70 Exemplaren war 1965 endgültig Schluss, alle weiteren Versuche kleinerer Unternehmen, den Apollo weiter zu fertigen, bestanden eigentlich nur mehr darin, bereits gebaute Rohkarossen zu komplettieren. Brown war trotz alledem auf dem richtigen Weg. Denn in Europa blühten jetzt erst die ganzen GTs so richtig auf – dann aber durchwegs mit mindestens 5,2 Liter Hubraum, und entsprechend saftigen Preisen.

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