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Tesla Model 3: Dauertest Auftakt

Tesla führt mit dem Model 3 die Elektrozulassungs-Charts in Österreich an. Grund genug für uns, dem Bestseller über acht Wochen ordentlich auf den Zahn und vor allem den Akku zu fühlen.

Ein Blick in die Zulassungsstatistik macht deutlich, dass die E-Mobilität auf dem Vormarsch ist, von einem Boom zu sprechen, wäre aber übertrieben. Von Jänner bis September 2020 wurden 8.942 E-Pkw zugelassen, gegenüber dem Vorjahr entspricht das einem Plus von 21,1 Prozent. Klar an der Spitze liegt dabei Tesla mit einem Marktanteil von satten 25 Prozent, gefolgt von Renault mit 17 und VW mit 9,2 Prozent. Bei den Modellen führt damit wenig überraschend das Model 3 die Tabelle mit 1.982 Fahrzeugen vor dem Renault Zoe mit 1.516 sowie dem Kia Niro mit 646 Einheiten an.

Zwar sind bereits 251 VW ID.3 in der Statistik erfasst, sobald die volle Lieferfähigkeit gegeben ist - und da muss man kein Prophet sein - dürfte der Elektro-VW aber wohl die Spitze übernehmen. Aktuell hat aber nach wie vor Tesla das Sagen, Grund genug für uns, dem Bestseller Model 3 intensiver auf den Zahn zu fühlen. Im klassischen 14-Tages-Test war die Long-Range-Variante bereits Mitte 2019 im FLOTTE-Testfuhrpark, nun haben wir aber acht Wochen Zeit, uns eingehend mit dem Strom-Amerikaner zu beschäftigen. Und auch entsprechend Kilometer zu sammeln.

Smartphone auf Rädern Trotz der Tatsache, dass die Tesla-Modelle für uns kein Neuland sind, ist es immer wieder ein digitales Erlebnis, das Auto auf seine persönlichen Bedürfnisse einzustellen. Was nahezu ausschließlich über den riesigen 15-Zoll-Touchscreen in der Mittelkonsole passiert, abgesehen davon gibt es nämlich Schalter nur noch in Form von den Lenkstockhebeln für Blinker und Automatikwählhebel, für die elektrische Sitzverstellung, die elektrischen Fensterheber, am Lenkrad und im Dachhimmel, um einen Notruf abzusetzen.

Alles andere passiert voll digital und per Fingertip. Und eines muss man Tesla wirklich lassen, während sich andere Hersteller damit abmühen, ihr Funktionen in verschiedene Menüs halbwegs sinnvoll zu verpacken - was öfter schiefgeht - ist das Model 3 nahezu selbsterklärend. Wer mit einem Smartphone umgehen kann, wird sich hier auf Anhieb wohlfühlen. Wer allerdings schon mit seinem Handy auf Kriegsfuß steht, der könnte der Verzweiflung nahekommen. Bei all der geballten Ladung Technik verwundert es ein wenig, dass Tesla - und die Erfahrung haben wir auch bei anderen Modellen bereits gemacht - es nach wie vor nicht hinbekommt, Fernlichtassistent und Regensensor abzustimmen.

Ersterer sorgt mit Unentschlossenheit für Blendung von Gegenverkehr und vor allem vorausfahrenden Fahrzeugen, der nicht in der Intensität verstellbare Regensensor ist meist eine Stufe zu langsam oder auch zu schnell unterwegs. Immerhin kann man die Wischerstufen auch manuell festlegen und selber entscheiden, wann das Fernlicht tauglich erscheint. Und weil wir schon am Meckern sind: Dass der Tacho im linken oberen Zipfel des Bildschirms eingeblendet wird, spart zwar ein Zusatzinstrument, wirklich fein wäre aber ein Head-up-Display.

Mehr als ausreichend Platz

Das Interieur wirkt kühl und schlicht, während die einen auf diesen technisch, sachlichen Look abfahren, finden es die anderen langweilig, man gewöhnt sich aber schnell daran. Ob die weiße Kunstlederinnenausstattung eine kluge Wahl ist, muss jeder für sich entscheiden, alternativ gibt's das Gestühl ja auch in Schwarz. Immer mit dabei ist das riesige Glasdach, das für eine luftige Atmosphäre sorgt, wenngleich es nicht zu öffnen ist. Das Raumangebot für Fahrer und Beifahrer ist mehr als ordentlich, im Fond geht es etwas enger zu.

Weniger bei der Kopffreiheit -die auch für große Passagiere tadellos ausfällt -als bei der Beinfreiheit, die hinter großen Fahrern etwas kleiner ausfällt. Der Kofferraum schluckt 486 Liter, bei Bedarf lassen sich die Rücksitzlehnen umlegen und es gibt zudem ein großes Fach unter dem Kofferraumboden, in dem sich zum Beispiel Ladekabel gut verstauen lassen. Zusätzlichwartet noch der Frunk -also der vordere Kofferraum - auf Beladung, dort lassen sich weitere 56 Liter unterbringen, was mehr ist, als man glauben mag.

4,7 Sekunden auf 100 km/h

Einen Startknopf sucht man hierübrigens vergebens, der Tritt auf das Bremspedal erweckt das Model 3 zum Leben. Drive wird mit dem Wählhebel rechts vom Lenkrad eingelegt und schon kann die Fahrt losgehen. Und eins wird sofort klar, auch wenn es sich bei unserem Testauto nicht um das Performance-Modell handelt, an Vortrieb mangelt es auch hier nicht, im Gegenteil. Dank Allradantrieb - Tesla nennt das Dual Motor, weil je ein E-Motor pro Achse arbeitet -sprintet das Model 3 wie von der Tarantel gestochen nach vorn, nach nur 4,7 Sekunden stehen 100 km/h auf dem Screen.

Nicht minder beeindruckend sind auch die Zwischensprints,etwa beim Überholen. Und hatten wir zuletzt beim Model X noch unsere Probleme mit dem adaptiven Tempomaten, so klappt das jetzt wirklich gut. Besonders fein: Beschleunigt der Vordermann zügig, heftet sich der Tesla augenblicklich an seine Fersen, die vor allem bei Verbrennern oft lähmende, da zähe Beschleunigung ist hier kein Thema. Einwandfrei auch die Verzögerung, auch hier gibt sich der Ami keine Blöße.

Rund 400 Kilometer in der Praxis

Last but not least das wohl spannendste Kapitel: Batterie, Ladedauer und Reichweite. Ist der Akku vollgeladen, verkündet die App -die sich auch als Fahrzeugschlüssel nutzen lässt und zudem die externe Klimasteuerung ermöglicht - 491 Kilometer. Auf unserer Testrunde, die alle E-Autos bestreiten müssen und die durch die Stadt über Autobahn und Landstraßen geht, haben wir den WLTP-Verbrauch von 12,9 kWh mit15,4 kWh zwar nicht ganz erreicht, würden damit aber dennoch an der 500-Kilometer-Marke kratzen. Im normalen Alltagsbetrieb sind 400 Kilometer durchaus realistisch, wie das bei Autobahnfahrten und niedrigeren Temperaturen aussieht, werden wir in den nächsten Wochen erfahren. Eins sei schon vorab verraten: Die Strecke Wien-München war mit Tempo 130 km/h und einem Ladestopp von lediglich 15 Minuten möglich!

Am 11-kW-Wechselstrom-Lader dauert das Vollladen knapp acht Stunden, deutlich schneller geht es an den Tesla-eigenen Superchargern, die sich mittlerweile über ganz (West-)Europa erstrecken. An den Standardstationen mit 120 kWh dauert der Ladevorgang bis 80 Prozent rund eine halbe Stunde bei den V3-Superchargern mit satten 250 kWh Spitzenleistung noch einmal deutlich weniger. Zum Abschluss noch ein Blick in die Preisliste, das Modell mit Standardreichweite und Heckantrieb startet bei netto 38.417 Euro, unser Long Range bei 46.250 Euro. Davon können noch Förderungen und Prämien abgezogen werden, was den Preis für Unternehmer auf unter 30.000 Euro drücken kann. Wie es uns mit dem Tesla Model 3 ergangen ist, erfahren Sie bald.