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Erst ein Subaru, dann ein Elektroauto

Es dauert noch eine ganze Weile, bis der Subaru Solterra im September tatsächlich zu den heimischen Händlern kommt. Wir hatten dennoch bereits jetzt die Möglichkeit den gemeinsam mit Toyota entwickelten, ersten Stromer der Marke für Abenteuerlustige zu testen; auch im Gelände!

Johannes Posch

Die Präsentationen des ersten E-Autos eines Herstellers, vor allem wenn es auf einer neuen, dezidierten E-Plattform steht, laufen aus Journalistensicht alle sehr ähnlich ab: Erst wird einem ganz stolz im Detail die neue Plattform vorgestellt, dann über die Vorzüge der neuen Architektur und des E-Antriebs an sich geschwärmt, um recht nahtlos zu den Konnektivität-Features überzugehen und mit Lifestyle-Floskeln zu schließen. Frei nach „Ach ja: und ein Auto ist es auch“.

Bei Subaru war das anders. Da ging es erst einmal viel darum, was einen Subaru für die kleine, aber treue Käuferschicht in Europa eigentlich ausmacht. Wie man alles dafür tun wollte, dass er Solterra für eben diese verhältnismäßig "elitäre" Gruppe, aber natürlich gerne auch ein paar Menschen mehr, auch wieder alle „Boxen tickt“. Wie er also selbstverständlich mit Allradantrieb daherkommt, tatsächlich auch abseits befestigter Straßen bewegt werden kann und wie robust er an und für sich gebaut ist, um „used und abused“ zu werden. Ganz so, wie es Subaru-Nutzer nun mal eben tun. Und zum Schluss dann erst kam „Ach ja: und er ist elektrisch“.

Klar: Allzu überschwänglich über die Plattform zu schwadronieren, wäre auch „gefährlich“ gewesen, weil man diese ja nicht allein entwickelt hat. Stattdessen setzte man auf die ja schon vom Toyota GT86 und Subaru BRZ bekannte und erfolgreiche Zusammenarbeit mit Toyota. Ein Umstand, den man nicht verheimlichte oder versuchte tot zu schweigen – wie es manch Mitbewerber mit deutlich größeren Marktanteilen gerne tun – sondern der ganz unprätentiös dargelegt und erklärt wurde: Grundsätzlich ist es eine 50:50-Entwicklung, bei der jeder der beiden Partner seine ganz eigenen Stärken einbringen sollte. Toyota also kümmerte sich um die Plattform und Elektrifizierung der selbigen, Subaru um den Allrad-Antrieb, die Robustheit und den Fahrspaß – obgleich dieser bei Toyota bz4x und Subaru Solterra aufgrund unterschiedlicher Abstimmung wohl etwas unterschiedlich ausfallen soll. Doch eines nach dem anderen.

Der "Elektroyobaru" also
Das Endergebnis dieser Kooperation wurde ein paar Zeilen weiter oben nicht umsonst mit der verglichen, die am Ende zum „Toyobaru“ führte, wie das kleine Coupé unter Kennern genannt wird. Da wie dort teilen sich die beiden Autos nämlich die exakt gleiche Technik und sehen sich zudem überaus ähnlich. Tatsächlich unterscheiden sich die beiden elektrischen Crossover mit ihren selbstbewussten und aerodynamisch clever gezogenen Linien rein optisch nur durch unterschiedliche Nasen, das schwarze Element auf der Motorhaube des Subaru, unterschiedliche Lackierungsoptionen und natürlich die montierten Logos. Innen sind die Unterschiede sogar noch kleiner. Hier ist im Grunde alles „Toyota“. Von den Bedienelementen, über die mutig gezeichnete Armaturenlandschaft bis hin zum Infotainment-System mit seinem 12,3 Zoll großen Touchscreen – für Subaru-Verhältnisse ein großer Sprung zu den bisher gebotenen Screens. Das alles ist aber freilich per se nichts Schlechtes: Verarbeitung, Materialien und Co. hinterließen allesamt einen guten Eindruck. Und sobald man sich einmal daran gewöhnt hat, dass der Tacho nicht hinter, sondern über dem Lenkradkranz prangt, passt auch die Sitzposition und Ergonomie bestens. Subaru-Langzeitfans müssen sich hier nur eben in so mancher Hinsicht etwas umgewöhnen.

Die Platzverhältnisse gehen im Großen und Ganzen auch in Ordnung. 441, bzw. 452 Liter Kofferraumvolumen, wenn man auf das große Harman Kardon Soundsystem (ebenfalls Subaru-exklusiv) und dessen Subwoofer verzichtet, passen gut in den Klassenschnitt und auch auf der Rückbank sind Kopf- und Kniefreiheit „OK“. Negativ fiel im Fond nur auf, dass der Abstand zwischen Fahrzeugboden und Sitzbank recht gering ist. Stellt man die Füße also nicht unter die Vordersitze, sondern zieht sie näher zu sich, liegen die Oberschenkel bei Erwachsenen kaum noch auf der Sitzfläche auf. Auch schade ist, dass man im Interesse einer schlanken Armaturenlandschaft das Handschuhfach wegließ. Es gibt zwar sonst reichlich Ablagen, bis auf die unter der Armlehne ist aber freilich keine davon verschließ- oder abdeckbar. Positiv hingegen konnten sich einerseits die Bedienung (noch mit ein paar echten Knöpfen, aber auch vielen kapazitiven Touchflächen) und die Ausstattung hervortun. Im naturgemäß zum Fahrtermin mitgebrachten Top-Trim lässt der Solterra mit beheiz- und belüftbaren Sitzen, jeder Menge USB-Ports, großem Panoramadach, einer breiten Phalanx an Assistenz- und Sicherheitssystemen vom adaptiven Tempomaten bis zur Ausstiegswarnung, beheizbarer Rückbank mit verstellbaren Rückenlehnen, Remote-Funktionen über eine eigene App und so manchem mehr kaum Wünsche offen.

Power is back!
So wie Subaru schon dem GT86 und BRZ aus technischer Sicht mit dem Boxer-Motor seinen ganz eigenen Stempel aufdrücken konnte, so bringt auch der Elektro-Japaner eine Eigenheit mit, die laut „SUBARU“ schreit: Während bei so gut wie allen Mitbewerbern ein starker E-Motor auf der Hinterachse und ein bloß unterstützender, schwächerer zwischen den Vorderrädern verbaut wird, setzt der „Elektroyobaru“ auf zwei exakt gleiche Motoren vorn und hinten. Dadurch wird die sonst so typische Eigenheit des „symmetrischen Allradantriebs“ bestmöglich in die Elektrifizierungsära geholt. Die Vorteile dieses Setups demonstrierte Subaru sodann auch gleich auf einem Offroad-Parcours (auch eher eine Seltenheit auf einem Elektro-Auto-Termin). Und tatsächlich: der Japaner gab sich in leichtem Gelände keine Blöße. Insbesondere, weil auch softwareseitig Subaru mehr bietet als sein Toyota-Geschwisterchen. Die eigenen X-Mode Fahrmodi für Schnee, Sand, Matsch und dergleichen ermöglichen gemeinsam mit der soliden 21 cm Bodenfreiheit, den 360°-Kameras samt Offroad-Anzeige und der Bergabfahrhilfe Vorankommen, wo andere EVs wohl schon längst die Batschen gestreckt hätten.

Auch auf Asphalt hinterließ der Solterra einen guten, ersten Eindruck, obgleich wie das gute Stück leider nur auf einer abgesperrten Strecke und nicht auf öffentlichen Straßen erleben konnten. Der Grund: Zum Zeitpunkt unseres Rendezvous gab es schlicht noch keine EU-Homologation, die Wagen konnten also nicht angemeldet werden. Aber sei’s drum: Slalom-Fahrten, Elch-Tests, Vollbremsungen bei Autobahntempo und so manche schnelle Runde auf dem schnellen, aber auch mit technischen Passagen gesegneten Kurs in Circuito di Vairano di Vidigulfo, hinterließen dennoch einen sehr soliden Eindruck: Wenig Karosseriebewegung, ausreichend viel Feingefühl in der Lenkung, solider Druckpunkt der Bremse … laut Subaru bekam der Solterra im Vergleich zum bz4x das sportlichere Setup verpasst und zumindest das fühlte sich gut an. Zudem freut sich Subaru, dass mit den E-Motoren die „Power“ bei ihrer Marke zurückkehrt. Denn obgleich man zu den aktuellen 1,6 Liter-Motoren immer freundliche Nasenlöcher machen musste, gab auch David Dello Stritto, Europa-Chef der Nischenmarke, zwischen den Zeilen zu, dass die alten 2,5er Turbos natürlich schon ein anderes Kaliber waren. Nun aber ist – dank der E-Mobilität – die Power-Durststrecke bei Subaru vorüber. Spätestens im Sport-Modus, in dem die Pedal-Kennlinie deutlich schärfer und die Lenkung schwergängiger wird (adaptive Dämpfer gibt es keine), gibt sich der Crossover-Stromer durchaus spritzig für seine „nur“ etwas über 200 PS maximale Nennleistung. Tatsächlich fühlte er sich, zumindest in dem beschriebenen Rennstrecken-Setting, sogar ein gutes Stück kräftiger an als es die nackten Zahlen vermuten lassen.

Ach ja …
Um somit aber auch unsererseits dem Grundsatz zu folgen, den Satz „Achja, und er ist elektrisch“ ganz am Schluss zu bringen, noch ein paar Eindrücke zu reinen E-Spezifika. Die Rekuperation ist mittels ebenfalls Subaru-exklusiver Schaltpaddels in fünf Stufen einstellbar, reicht aber nie für „One-Pedal-Driving“. Um stehenzubleiben, muss also stets das Bremspedal bemüht werden – eine Designentscheidung von Subaru. Beheizung von Innenraum und Akkus wird wiederum serienmäßig mittels Wärmepumpe samt einem alternativen Heizer realisiert, der auch bei wirklich tiefen Minusgraden für die nötige Wärme sorgt.

Zum Thema Laden: die 71,4 kWh fassenden Akkus lassen sich an einer AC-Quelle mit unüblichen 6,6 kW, an einem DC-Schnelllader mit bis zu 150 kW laden. Von 10 auf 80 Prozent sollen in letzterem Fall rund 30 Minuten Wartezeit vergehen. Reichweite? Kommt auf die Felgen an. Mit den schicken 20-Zöllern gibt Subaru diese mit 414 km an, greift man zu den kleineren 18ern (dazwischen gibt es nichts, die Reifenbreite beträgt da wie dort 235 mm) sind es 465 km laut WLTP. Das sind allerdings noch vorläufige Daten. Unser Stelldichein mit dem Solterra war in Relation zum Marktstart im September ja noch ein sehr frühes. Das brachte auch mit sich, dass eine entscheidende Info zum Auto bis zur Veröffentlichung dieses Artikels für uns ein Mysterium blieb: der Preis. Wir wissen nur Folgendes: Es wird zwei Ausstattungslinien geben (Experience und Experience+), wobei schon die kleinere durchaus üppig ausstaffiert sein wird. Zudem soll der Solterra ausstattungsbereinigt irgendwo zwischen dem VW ID.4 und dem Kia EV6 positioniert werden und „unter 60.000 Euro“ starten. Darüber hinaus erwarten die Japaner, dass vor allem Forrester-Käufer Marken-intern umsteigen werden, wobei dieser aber mit allen möglichen Extras maximal knapp unter 50.000 Euro kostet. Man wird sehen …

FAZIT
Mit seinem außen wie innen extrovertierten Auftreten ist der Solterra durchaus ein Hingucker und auch deswegen ein wirklich interessanter, neuer Mitstreiter in diesem heiß umkämpfen E-Crossover-Segment. Auch rein technisch scheint er „sinnvoll“ zusammengestellt und gut abgestimmt zu sein. Einerseits weil die gefühlte Performance die Erwartungen ob der Leistungsdaten locker übertrifft, und andererseits, weil er ganz offensichtlich tatsächlich leichtes bis mittelschweres Gelände nicht zu scheuen braucht. Und das wiederum macht ihn nicht nur zum „würdigen Subaru“, sondern aus just diesem Grund auch zu einer interessanten Option für Marken-Fans, die umsteigen wollen. Jene, aber auch alle anderen, die sich selbst aus Stromer-Piloten und Pilotinnen vom Einheitsbrei abheben wollen, sollten das gute Stück also definitiv auf der persönlichen Watchlist behalten.

Technische Daten Subaru Solterra:
Leistung | Drehmoment
218 PS (160 kW) | 337 Nm
0–100 km/h | Vmax 6,9 s. | 160 km/h
Getriebe | Antrieb 1-Gang aut. | Allrad
Reichweite (max.) | Batterie 414-465 km (WLTP) | 71,4 kWh
Ø-Verbrauch 16 – 18 kWh/100 km (WLTP)
Ladedauer AC | DC ca. 10 h1 | ca. 30 min (80??%)2
Kofferraum | Zuladung 452–k.A. l | k.A.
Garantie Fahrzeug | Batterie 5 Jahre | k.A.
Basispreis | NoVA „unter 60.000“ | -

Das gefällt uns: Look, Fahrverhalten
Das vermissen wir: Frunk, Handschuhfach, Preise
Die Alternativen: VW ID.4, Kia EV6, etc.

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