MOTORSPORT

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter

Über Alex Wurz und den Red Bull-Ring

Teil 3 des motorline.cc-Backstage-Gesprächs mit Gerald Enzinger (Sportwoche). Über Alex Wurz und den A1- respektive Red Bull-Ring.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Marcus Kucera

Im dritten Teil des Gesprächs mit Gerald Enzinger (stellvertretender Chefredakteur der Sportwoche) für unsere motorline.cc-Serie "F1-Backstage - Österreichs Formel 1-Reporter" dreht sich alles um Alex Wurz und um den A1- oder besser den Red Bull-Ring - denn dort ist Enzinger ja aufgewachsen und dort hat er erstmals Benzinluft geschnuppert...

Apropos Magic Rennen. Alex Wurz hatte heuer ein solches. Platz 3 in Bahrain.

Gerald Enzinger: Alex Wurz hat heuer den Erfolg verzeichnet, dass er allen bewiesen hat, dass er gut war. Die Frage ist, ob er jetzt noch eine Zukunft hat.

Wenn du jetzt wieder in deine Kristallkugel schaust - siehst du Alex Wurz 2006 in einem Einsatzwagen?

Gerald Enzinger: Naja, momentan nicht. Aber ich hoffe, ich täusche mich. Das Problem ist dabei - es kann sein, dass er es genau um ein oder zwei Jahre versäumt hat und quasi seine Karriere ein bisschen für das Geld geopfert hat mit seinem tollen Arbeitsplatz bei McLaren.

Das mit dem Geld bei McLaren, das sagen ja sehr viele Leute. Ich hatte aber schon den Eindruck, dass Alex spätestens seit 2003 stets versucht hat, ein Renncockpit zu ergattern. Und dass er das Problem hatte, vertraglich zu sehr verstrickt zu sein.

Gerald Enzinger: Ja genau, das Problem ist, dass er ein etwas unglückliches Timing hat. Das Glück für ihn ist, dass er seinen Vertrag noch aus den fetten Jahren hat und er also sehr viel Geld verdienen kann und dass er auch einen tollen Job hat und auch einen tollen Job erledigt.

Das Problem ist aber, dass wir uns jetzt schon im Jahr 2006 befinden und dass seine Förderer nicht mehr da sind. Dass der David Richards nicht mehr bei BAR ist, der ihn eigentlich immer haben wollte, weil er ihn schon aus Benetton-Zeiten kannte. Dass der Peter Sauber, der ihn wahrscheinlich auch ohne Red Bull-Einfluss nicht ungern genommen hätte, auch nicht mehr da ist. Und dass vor allem Jaguar nicht mehr da ist, die ja sicherlich am konkretesten waren von allen. Und daher tue ich mir momentan etwas schwer damit, einen Platz für den Alex zu finden. Als Einsatzfahrer.

Midland? (leichtes Gelächter)

Gerald Enzinger: Ja, am ehesten noch.

DubaiF1...

Gerald Enzinger: Das wird ja glaube ich nichts. Also ich glaube eher, dass DubaiF1 nichts wird. (Schweigen) Ich meine, ich würde es dem Alex wünschen und ich glaube es war schon einmal schön, dass er dieses eine Rennen gefahren ist und dass er da zeigen konnte, dass er gut ist.

Mir fällt immer das Rad-an-Rad-Duell in Monaco ein, gegen Michael Schumacher. Überhaupt seine ersten Rennen, die waren ja wirklich gut.

Gerald Enzinger: Ich glaube wirklich, dass er ein guter Fahrer ist. Ich glaube, er ist in Wahrheit ein idealer zweiter Fahrer und es ist glaube ich eher Zufall, dass er nicht die Karriere eines Coulthard oder eines Barrichello gemacht hat.

Was sagst du zum Thema A1-Ring, du bist dort ja aufgewachsen?

Gerald Enzinger: Interessant finde ich, dass die Baufirma Porr Pläne hegt, in der Steiermark, in einem ehemaligen Kohlebergwerkrevier, eine Teststrecke zu bauen. Das wäre zumindest für den nationalen Motorsport vielleicht auch eine Alternative, die Strecke soll 2,6 Kilometer lang werden.

Die Situation für den österreichischen Motorsport ist ja dramatisch. Es kann nicht sein, dass es in Österreich keine anständige Rennstrecke mehr gibt und dass die österreichischen Motorsportler mehr im Ausland als im Inland fahren. Patrick Friesacher fuhr beispielsweise in der Formel 3000 überhaupt zum ersten Mal auf dem A1-Ring.

Jetzt, nachdem die Erstversion des Red Bull-Rings so kläglich gescheitert ist, gibt es ja den Red Bull-Ring neu. Was sagst du dazu?

Gerald Enzinger: Ich finde es sehr gut, dass man doch noch einen Weg gefunden hat, dieses ehrgeizige und einzigartige Projekt zu verwirklichen. Wenn sich Red Bull nun aber feiern lässt, finde ich das nicht ganz okay, weil sie - bei allem Respekt - die Strecke zerstört haben, bevor die nötigen Zusagen gegeben wurden.

Vielleicht kann ich es mit einem Vergleich ausdrücken: Kein Bauer käme auf die Idee, seinen Stall zu verkaufen, bevor nicht ein neuer für die Kühe angeschafft wurde. Es ist eine Sache des Anstands, die Strecke wieder aufzubauen.

Es war ja auch von einem Geheimvertrag die Rede - in dem Red Bull von der Landesregierung zugesagt worden sein soll, dass sich die Landesregierung um sämtliche Bewilligungen kümmert.

Gerald Enzinger: Wenn es einen solchen Vertrag wirklich geben würde oder wenn man Red Bull das wirklich versprochen hat, wäre die Situation natürlich eine andere. Das war ja das tollste Projekt, das es weltweit gegeben hat - ich bin überrascht, dass es auf Landesebene zu keinen Konsequenzen kam. Entweder hat die Projektleitung nicht geklappt oder Red Bull war zu wenig kompromissbereit. Umgekehrt verstehe ich den Herrn Mateschitz, wenn er sagt, dass er sich zum Wohle des Projekts über den Tisch ziehen lassen hat. Wahrscheinlich ist Mateschitz mit seiner Idee um zwanzig Jahre zu früh dran.

Worauf muss man künftig achten?

Gerald Enzinger: Es wäre wichtig, dass man endlich alle Grundstücke besitzen würde. Es wäre eine Jahrhundertchance, den unseligen Fleckerlteppich an Grundstücksbesitzern zu zerschlagen. Der Ring hatte einfach zu viele Herren.

Die Motorsportakademie soll es ja auch im neuen Projekt geben? Die ist ja wirklich beispiellos und eine große Chance für junge Motorsportler.

Gerald Enzinger: Ja, die wird es geben. Ich finde es nur schade, dass es diese Synergie mit dem Flugzeugbau nicht mehr gibt. Aber da ist wahrscheinlich das österreichische Bundesheer zu unflexibel. Es ist ja schon schwer, selbst für den Herrn Mateschitz, dass man überhaupt in Zeltweg landen darf.

Aber du glaubst schon an die Verwirklichung des Projekts?

Gerald Enzinger: Ja, so wie es klingt, klingt es gut. Nur muss man die Landesregierung an ihren Taten messen, nicht an ihren Worten. Man kann nur hoffen, dass es sich dabei nicht um ein Wahlkampfversprechen handelt.

Die Teile 1 und 2 dieses Gesprächs finden Sie in der Navigation rechts. Nächste Woche Montag finden Sie den vierten und letzten Teil des Gesprächs mit Gerald Enzinger - über Worthülsen und die Entrücktheit eines Michael Schumacher...

News aus anderen Motorline-Channels:

Formel 1: Backstage

Weitere Artikel:

Nachgefragt beim viermaligen Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel: Ob er wirklich über ein Comeback nachdenkt und mit wem echte Gespräche stattfinden

Norbert Haug im DTM-Interview

"Wäre Anschlag auf die eigene Sache!"

Wie Norbert Haug die neue Testbeschränkung in der DTM einschätzt, wieso man jetzt Valentino Rossi holen sollte und was ihm Hoffnung für die Zukunft gibt