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"Die perfekte Lösung hat noch keiner gefunden!"

Österreichs "Mister Formel 1", Heinz Prüller, blickt im Interview mit motorline.cc auf die noch junge Formel 1-Saison und verrät, was er von den aktuellen Regeln hält.

Michael Noir Trawniczek

ORF-Kommentator Heinz Prüller moderierte am Dienstag die Eröffnung der 10. Höhenstrassen Classic, die am Samstag ab 9..00 Uhr startet - motorline.cc bat den legendären Sportjournalisten zu einem weiteren Gespräch für unsere Serie "F1-Backstage - Österreichs Formel 1-Reporter".

Herr Prüller, zuletzt saßen wir vor rund zwei Jahren in einem Wiener Kaffeehaus - damals ächzte die Formel 1 unter der Vorherrschaft von Michael Schumacher und Ferrari. Im Vorjahr jedoch kam die Wachablöse, es kamen Fernando Alonso und auch Kimi Räikkönen - und es gab auch einige sehr spannende Rennen zu sehen. In diesem Jahr haben manche mit vielen verschiedenen Siegern und Marken gerechnet - andere wiederum sehen für dieses Jahr eindeutig Renault dominieren. Wie ist Ihre Meinung?

Naja, wir haben jetzt vier Rennen erlebt, bei jeweils völlig verschiedenen Bedingungen - vom Wetter her, von der Strecke her - es lässt sich noch nicht wirklich viel sagen. Vor allem waren die ersten drei Rennen ja doch extrem - von den Bedingungen her. Vor zwei Wochen in Imola war ganz klar, dass dort die bessere Taktik oder die gescheiteren Leute gewinnen. Wer den Boxenstopp besser und gescheiter organisiert oder arrangiert, was den Zeitpunkt betrifft, der ist vorne.

Wobei, entscheidend ist bei einem Rennen: Es gewinnt immer der, der nach dem letzten Boxenstopp vorne ist. Das konnten der Michael Schumacher beziehungsweise die Strategen in der Ferrari-Box ganz genau ausrechnen, da ist es wirklich nur um eine Sekunde gegangen. Wenn der Boxenstopp von Schumacher eine Sekunde länger gedauert hätte oder wenn Alonso eine Sekunde früher wieder raus gefahren wäre, dann wäre der Alonso vorne gewesen.

Und an ein Überholen war ja nicht zu denken, Alonso kam nicht vorbei - und umgekehrt wäre es wohl genauso gewesen.

Dann wäre es dem Schumacher so ergangen wie im vorigen Jahr. Damals hat der Alonso gewonnen und Schumacher hatte damals auch das schnellere Auto, da haben die Bridgestone-Reifen sehr gut gepasst und Schumacher konnte um 1,5 Sekunden pro Runde schneller fahren als Alonso - und er konnte trotzdem nicht gewinnen. Weil der Alonso nach dem letzten Boxenstopp vorne war.

Heuer ist es umgekehrt gewesen: Schumacher vorne, der Alonso hatte das schnellere Auto, aber er kam natürlich nicht vorbei. Jetzt stellt sich die Frage: Was wäre passiert, hätte das Rennen auf einer anderen Strecke stattgefunden? Dann hätte der Alonso den Schumacher irgendwann einmal überholt und das Rennen überlegen und mit haushohem Vorsprung gewonnen. Es gibt in Imola einfach kein Überholen.

Was auf dem Nürburgring ja auch nicht so leicht ist.

Das ist die Frage, wo man auf dem Nürburgring überholen kann, das wird man am Wochenende sehen. Auf jeden Fall ist dort wieder die Aerodynamik wichtig. Ich würde auch nicht sagen: Der Michael Schumacher ist wieder da und er gewinnt ab jetzt wieder so wie früher jedes Rennen. Da habe ich leise Bedenken. Schumacher wird heuer Rennen gewinnen - Imola bleibt nicht der einzige Sieg, das ist für mich ganz klar.

Aber es wird sicherlich Renault öfter gewinnen. Es wird sicher auch McLaren gewinnen. Und irgendwann einmal muss auch der Honda gewinnen, weil: Die haben den stärksten Motor. Und wenn irgendwann ein lustiges Rennen kommt, vom Wetter her oder mit Safety Car-Einsatz, dann kann auch ein Wunder passieren - mit BMW, mit Williams, und unter Umständen sogar mit Red Bull.

McLaren-Mercedes geht sehr gern recht schwer in die Qualifikation, in Imola jedoch war das nicht die ideale Strategie - jetzt sagen viele, dass der Trend in diesem Jahr dorthin geht, dass man eher leicht in die Quali gehen sollte.

Naja, das ist streckenbedingt. Aber die McLaren hauen eigentlich öfter daneben in letzter Zeit, was die Strategie betrifft. Aber wenn diese Strategie einmal aufgeht - neulich haben sie einen Grand Prix mit nur einem Boxenstopp gemacht - damit kann man heutzutage schon auch Rennen gewinnen.

Und ich glaube, sie probieren da ein bisschen etwas in Hinblick auf Monte Carlo, wo man zwar nicht völlig ohne Boxenstopp, aber eben nur mit einem einzigen Boxenstopp durchkommen und dann auch gewinnen kann. Nur braucht man dort sicher einen guten Startplatz, um vorn zu sein. Nur hat man dann ein schweres Auto, mit dem man dann die Führung verteidigt - also das alles ist ein bisschen schwierig. Da rauchen die so genannten Superhirne - nur: Dann kommt eine Safety Car-Phase oder gleich mehrere und das haut die gesamte Strategie über den Haufen.

Christian Klien hatte bei Red Bull einen schwierigen Saisonbeginn, es gab schon im Winter Probleme mit dem Auto.

Ja, da gab es im Winter vor allem Probleme mit der Kühlung, aber diese Probleme haben sie mittlerweile aufgeholt - aber sie haben dadurch einen Monat an wertvoller Zeit verloren. Und das ist nicht so wenig. Sie haben sehr, sehr wenig getestet und das wirkt sich natürlich aus. Man kann das nicht mit dem vorigen Jahr vergleichen, im Vorjahr haben sie nach vier Rennen schon zwölf Punkte geholt und lagen vor Ferrari in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft.

Jetzt haben sie ja einen Ferrari-Motor - ich würde Red Bull gerne einmal in Fiorano, auf der Ferrari-Teststrecke sehen, mit dem aktuellen Auto. Ich glaube, das ist schon einmal angedacht gewesen, ist aber im Augenblick nicht geplant. Was mir leid tut, weil ich glaube, dass das ganz gut wäre.

Der Christian steht bei Red Bull ziemlich unter Druck, man erwartet, dass er Coulthard schlägt und Dr. Marko erklärte, dass achte Plätze nicht genug seien...

Ich sehe da keinen Druck, im Gegenteil - Dietrich Mateschitz hat gesagt: Über Fahrer denken wir frühestens im Sommer nach und dann, wenn wir der Meinung sind, dass wir neue oder andere Fahrer brauchen, dann schauen wir zuerst einmal, welche Fahrer wir bei uns im Pool haben. Und das sind ja mittlerweile 19 Red Bull-Junioren, das geht bis zum ersten Farbigen, ein Südafrikaner, der könnte der erste Schwarze in der Formel 1 werden.

Und Mateschitz sagte auch: Erst wenn wir diese Fahrer nicht in unserem Pool haben, dann schauen wir uns woanders um, dann schauen wir, wer frei ist und was möglich ist. Und dass schon relativ früh bei einem nicht so guten Saisonanfang die Diskussionen losgehen, das ist in der Formel 1 ja normal.

Bislang ist Klien, finde ich, gut gefahren.

Wenn er denn gefahren ist - es gab ja zwei Kollisionen, für die er nichts konnte. Es gab Defekte, für die er nichts kann. Man kann ihn eigentlich sehr schwer bewerten heuer. Man kann ihn nach dem Qualifying bewerten und da war er zweimal Achter. Das ist schon okay so. Man kann ihn auch nicht immer an David Coulthard messen - der Christian Klien ist grundsätzlich schon schneller als Coulthard, nur: Coulthard hat dafür mehr Erfahrung.

Anderes Thema: Gefällt Ihnen das neue Qualifying?

Es ist grundsätzlich schon besser als das alte - nur diese Benzinverbrennung am Ende, die finde ich nicht so toll, ehrlich gesagt. Dieses rundenlange Imkreisfahren, wo man glaubt, die Zuschauer haben etwas davon, weil der Benzin wieder nachgefüllt werden darf, für diejenigen, die in der dritten Phase des Qualifyings noch dabei sind. Das finde ich unnötig. Man hat ja schon alles probiert an Qualifying-Formen - und keine hat wirklich eingeschlagen.

Dabei könnte es extrem spannend sein, wenn man das letzte Drittel ebenfalls mit freier Spritwahl, also mit Low Fuel, bestreiten würde.

Ich finde überhaupt diese Rumtüftlerei mit Nachtanken oder nicht Nachtanken und wie viel Kilo und wie viel Zehntelkilogramm ziemlich überflüssig - das nimmt sehr viel weg vom ursprünglichen Reiz dieses Sports. Rennfahren ist Mann gegen Mann, Auto gegen Auto - wer schneller ist, gewinnt. Und schon auch von der Strategie her, wer gescheiter ist.

Obwohl ja die Rennen im Vorjahr zum Teil wirklich spannend waren - auch heuer, mit vielen Überholmanövern.

Das Gute an den Rennen war im vorigen Jahr für viele Leute, dass eben nicht dauernd der Schumacher gewonnen hat. Dann hat aber wieder dauernd der Alonso gewonnen - das ist ein neuer Typ.

Das Wenigfahren ist ja auch in Mode. Mark Webber am Freitag in Imola: Am Vormittag null Runden, am Nachmittag sechs Runden. Was halten Sie davon?

Ja, die wollen den Motor schonen und die wollen Reifen sparen, was pervers ist. Die Formel 1 braucht so viel Geld und verlangt so viel Geld und sie wird weiter viel Geld verlangen. Ich glaube sogar, dass es teurer geworden ist, dass es mehr gekostet hat, die neuen V8-Motoren zu bauen - die ja angeblich die Formel 1 um so viel billiger machen sollen.

Es wäre wahrscheinlich billiger gewesen, wenn man mit den alten Motoren weitergefahren wäre. Nur: Mit den alten Motoren weiterfahren hätte bedeutet, dass man jetzt bereits weit über 1.000 PS hätte und das wäre zu gefährlich geworden. Da gebe ich dem FIA-Präsidenten Max Mosley Recht. Das ist nicht so einfach.

Gut, man hätte die Zehnzylindermotoren beibehalten können und von der Drehzahl her reduzieren, so wie das bei den Motoren von Toro Rosso der Fall ist. Was aber rein optisch vielleicht nicht so toll ausgesehen hätte, wenn man die Formel 1 künstlich eingebremst hätte - die Formel 1 soll ja die Super-Formel sein. Sie soll auch nicht weniger Elektronik haben als unsere Straßenautos. Eine wirklich perfekte Lösung hat noch keiner gefunden.

Ein schöner Schlusssatz - dann sage ich danke für das Gespräch.

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