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Radioreporter Gerhard Prohaska im Gespräch mit motorline.cc

Teil 2 des Gesprächs mit Gerhard Prohaska: Über Wurz-Witze, das erste Interview in Silverstone, kritische Worte in Live-Reportagen und vieles mehr.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: www.medien-pro.at

Du hast vorhin sehr lobend über Alex Wurz gesprochen - auf deinem Sender Ö3 gab es doch auch Wurz-Witze - hast du damit etwas zu tun?

Nein, überhaupt nicht. Aber ich sage immer, man muss sich erst einmal einen gewissen Stellenwert erarbeitet haben, damit man überhaupt veräppelt wird.

Die Wurz-Witze waren also eine Ehre für Alex Wurz?

Ja, man kann es auch so sehen. Obwohl das inhaltlich vielleicht nicht immer als passend erschienen ist -aber wie gesagt: Über uns würde man wahrscheinlich keine Witze machen.

Weil man uns ja nicht so gut kennt, wobei man dich sicher noch viel besser kennt als mich.

Wie gesagt: Man muss einen gewissen Stellenwert haben. Und noch einmal: Ich bin ein großer Fan vom Alex. Er hat sich persönlich meiner Meinung nach super entwickelt. Er ist mittlerweile wirklich eine Instanz in der Formel 1. Er sagt etwas, wenn es etwas zu sagen gibt - auch unpopuläre Äußerungen. Er analysiert ganz toll. Und ich freue mich, dass er für 2007 noch einmal die Chance bekommen hat.

Damals, als es die Wurz-Witze gab, kam er da eigentlich zu dir und fragte zum Beispiel: 'Gerhard, was macht ihr denn da mit mir?'?

Nein, eigentlich nicht.

Er hat gewusst, dass du damit nichts zu tun hattest?

Davon gehe ich aus.

Ihr habt also gar nicht über die Wurz-Witze gesprochen...

Es werden auch über Niki Lauda Witze gemacht. Es werden auch über Heinz Prüller Witze gemacht.

Ich kenne halt nur diese Wurz-Witze, obwohl ich sie eigentlich nie gehört habe - aber man sprach halt über sie, man schrieb auch über sie, die waren berühmt, irgendwie...

Wie gesagt, man muss das als Kabarett betrachten, als Überzeichnung. Er war damals sicher auch noch eine andere Persönlichkeit als er es jetzt ist. Aber noch einmal: Ich habe mit den Wurz-Witzen nichts zu tun. (lacht)

Kannst du dich noch an dein allererstes Interview in der Formel 1 erinnern?

Das war in Silverstone, ich glaube es war mit Gerhard Berger.

Und? Lief alles normal?

Relativ normal - ich kann mich nur erinnern, dass ich Schwierigkeiten hatte, mich zurecht zu finden bei diesem Riesen-Grand Prix und dass ich überhaupt nicht gewusst habe, wohin ich gehen muss. Ich habe nicht gewusst, dass die Boxengasse Pitlane heißt - es war alles irrsinnig groß und kompliziert, mit Linksverkehr. Ein Riesenparkplatz voller Trucks. Das ist die Erinnerung an meinen ersten Grand Prix. Ich war froh, als ich endlich einmal in einem Pressezentrum gelandet bin.

Hat dich Heinz Prüller quasi in der Formel 1 eingeführt?

Ja, er hat mich dann irgendwann einmal mitgenommen und mir gewisse Personen vorgestellt.

Hat er dir auch eine Art Tipp gegeben - wo du heute noch sagst: 'Da bin ich froh, dass er mir das damals gesagt hat!'?

Nein, an so einen Tipp kann ich mich nicht erinnern. Heinz Prüller hängt bei mir im Wohnzimmer, weil ich ja diesen Sportreporterwettbewerb gewonnen habe. Und ja- wir pflegen ein freundschaftliches Verhältnis. Wir sind auch keine Konkurrenten.

In diesen 1:30 Minuten wird es wahrscheinlich keine Möglichkeit geben einen Kommentar hinzuzufügen respektive Kritik an einem Fahrer, Team oder einer Entscheidung anzubringen, oder?

Ich probiere immer das zu vermitteln, wie alles auf mich wirkt. Und wenn es so auf mich wirken sollte, dass ich Kritik einzuwenden habe, dann sage ich das auch. Als Beispiel die Aktion in Spielberg 2002 - als Schumacher damals, nachdem er per Stallorder an Barrichello vorbeifuhr und das Rennen gewonnen hatte, er mit dem Barrichello auf dem Podium Platz tauschte, bin ich schon auch über ihn hergezogen. Und habe aus der Emotion heraus auch geschimpft.

Da habe ich sehr wohl gesagt, dass er das einfach nicht notwenig hat und dass das eine irrsinnig schwache Aktion war. Aber ich versuche eben zu transportieren, wie eine Situation vor Ort auf mich wirkt. Und wenn ich der Meinung bin, ein Fahrer macht einen Fehler, dann sage ich das auch.

USA 2005, der "Petit Prix" mit nur sechs Fahrzeugen - wie hast du damals deine Einstiege gestaltet?

Ich habe sie wie immer gemacht, habe das Geschehen dann aber nicht wie immer kommentiert, sondern ich habe es schon von einer anderen Seite her beleuchtet. Weil es sonst ja langweilig war für die Zuschauer.

Die Fahrer hören deine Einstiege ja nicht...

Nein, aber erzählt wird es ihnen. Und ich nehme an, dass es Christian Klien gehört hat, dass ich wegen der Aktion in Monza auch in der Sendung gesagt habe, dass sein Verhalten unprofessionell war. Ich musste mich ja auch vor den Hörern rechtfertigen dafür dass ich kein Interview mit dem Christian hatte.

Kommst du oft dazu, mit einem Piloten alleine zusammen zu sitzen für ein Interview, bei einem Kaffee zum Beispiel?

Das passiert selten. Mit dem Alex Wurz - und da auch nur, weil er heuer relativ viel Freizeit hatte, am Samstag und am Sonntag eines Grand Prix-Wochenendes. Sonst eher mit den Laudas und Bergers. Aber bei den anderen Fahrern sind es hauptsächlich die Pressetermine.

Wie hast du die Entscheidung von Red Bull Racing empfunden, dass man Klien nicht weiter verpflichtet hat?

Wenn es vorher intern wirklich klar kommuniziert wurde, dass Klien und Coulthard eine Ausscheidungssaison fahren und einer gehen muss, dann wäre es, rein nach den Ergebnissen, schwer gewesen Coulthard zu feuern. Ob das eine gescheite Entscheidung war, den beiden Piloten schon vor dem Saisonbeginn einen solchen Druck aufzuerlegen - das steht wiederum auf einem anderen Blatt Papier.

Die österreichischen Jungpiloten wurden bei Red Bull immer weniger - wie erlebst du Red Bull in der Formel 1?

Ich glaube, dass es für die Fahrer angenehm ist, in einem solchen Programm zu sein - ich bin diesbezüglich nur ein wenig skeptisch. Weil die Jungen zu lange in diesem sicheren Boot mitschwimmen - und in dem Boot gibt es halt nicht unendlich viel Platz. Und wenn dann also einer aus dem Boot raus muss, dann können sie meistens nicht alleine schwimmen. Das liegt daran, dass viele nicht das nötige Netzwerk haben, über welches andere aber sehr wohl verfügen.

Wenn ich nämlich von klein auf immer kämpfen muss, dann bin ich einmal bei dem Team und einmal bei dem anderen Team, dann kenne ich entsprechend viele Ingenieure, muss irrsinnig viel kämpfen, arbeiten, um weiter zu kommen. So wird ihnen jedoch viel abgenommen - das ist wunderbar, bis sie in dem letzten Boot drinnen sind, nur wie gesagt: Die Probleme haben sie, wenn sie raus fallen. Das gilt auch für den Patrick Friesacher, das gilt für viele. Es fehlt einfach das Fangnetz.

Jetzt sitzt in den vier Red Bull-Autos kein einziger Österreicher.

Das ist zum einen sicher schade, zum anderen hat Red Bull zwar den Firmensitz in Österreich, aber das ist eigentlich eine Weltfirma. Ich bin überzeugt davon, dass der Dietrich Mateschitz [Red Bull-Boss, d. Red.] immer noch einen Österreicher-Bonus hergibt - der würde gerne einen Österreicher haben, davon bin ich überzeugt. Darum finde ich es auch schade, dass der Christian gehen musste.


Zurück zu deinem Medium Radio - würdest du sagen, dass sich die Formel 1-Protagonisten unterschiedlich verhalten, je nach dem welches Medium du bist?

Naja, Fernsehen ist natürlich das wichtigste Medium - überhaupt in einer Sportart, in der irrsinnig viele Sponsoren tätig sind.

Es ist für dich schon wieder um einiges schwieriger, einen Piloten für ein Interview vor das Mikro zu bekommen, da haben die TV-Stationen Vorrang...

Ja, natürlich. Wie gesagt läuft das meiste über Pressetermine. Manchmal aber passieren auch Zufälle. Ich habe einmal den Ricardo Zonta mitgenommen auf die Rennstrecke, vom Hotel in Malaysia. Der hatte den Shuttle von seinem Team verpasst und war alleine. Da sind wir dann schon ins Gespräch gekommen, das war doch fast eine Stunde, die wir vom Hotel zur Strecke gefahren sind. Der Ricardo war sehr offen, wir hatten ein gutes Gespräch.

Auch das TV muss strenge Regeln einhalten, zumindest war das bei Schumacher der Fall. Keine Frage durfte zweimal gestellt werden - oft wussten die nachkommenden Journalisten aber nicht, was bereits gefragt wurde.

Schumi war eine eigene Kategorie. Er war natürlich der begehrteste Interviewpartner, und es war wohl für beide Seiten nicht immer einfach. Als Journalist brauchte man die Statements von Schumacher und er wollte seine Ruhe. Mit dem Schumacher hatten fast alle Journalisten wenig Kontakt. Der machte seinen Job und dann sah man ihn am Rennwochenende nur sehr selten.

Was ich dich noch fragen wollte: Du sollst ja bei deinen Live-Einstiegen das Geschehen so gut wie möglich, so plastisch wie möglich darstellen - übst du dafür, zum Beispiel in dem du aus dem Fenster schaust und das Geschehen auf der Straße kommentierst?

(lacht) Nein. Es kommt dann auch Routine ins Spiel.

Nach der Alonso-Bestrafung haben 86 Prozent unserer LeserInnen gesagt, die Formel 1 würde manipuliert werden - deine Meinung dazu?

Manipuliert ist ein bisschen heftig. Es fielen in letzter Zeit öfter Entscheidungen, die zu hinterfragen sind. Es wird immer wieder gesagt, dass manipuliert wird - aber ich glaube nicht daran, es sind so viele Faktoren, die da mitspielen. Das würde gar nicht funktionieren, das alles zu manipulieren. Allerdings: Lobbying gibt es natürlich in der Formel 1. Dass Ferrari eine größere Lobby hat als Midland ist vollkommen klar.

Merkst du beim Radio an den Quoten, ob ein Österreicher mitfährt? Wirkt sich das aus?

Nur minimal. Aber der Rücktritt von Schumacher wird sich auswirken - und nicht nur in Deutschland, auch in Österreich. Der Schumacher hat polarisiert - den hat man sich angeschaut weil man wollte, dass er gewinnt oder weil man wollte, dass er nicht gewinnt. Schumacher ist einfach eine wichtige Figur gewesen.

Schumacher galt als schillernde Figur - ist das nicht auch viel sagend, dass ein Mann wie Schumacher als schillernde Figur bezeichnet wird?

Eine schillernde Figur ist er vor allem wegen seiner sportlichen Erfolge und eher weniger wegen seiner Persönlichkeit. Andererseits gibt es kaum mehr einen Platz für diese schillernden Figuren - aufgrund dieser ausgeprägten Professionalität. Diese Geschichten wie sie noch zu Bergers Zeiten herumgeisterten - das ist kaum noch möglich.

Da musst du schon ein ganz Guter sein, wenn du dir irgendwelche Dinge leisten willst - das kann sich gerade noch ein Kimi Räikkönen leisten, weil er zu den Besten gehört. Montoya war auch ein Revoluzzer, dem war vieles egal, aber er konnte seine Leistung nicht halten.

Villeneuve wurde auch als Revoluzzer bezeichnet, dabei war er doch recht angepasst, bis auf die Haarfarben?

Der Villeneuve war ein Querdenker - aber so, vom Tagesablauf her, war er relativ bieder.

Den ersten Teil des Gesprächs mit Gerhard Prohaska finden Sie in der Navigation rechts.

Gerhard Prohaska gibt sein Fachwissen auch an Interessierte aus allen Berufsgruppen weiter - Rhetorik, Kommunikation, Medientraining oder auch Fragen wie 'Medien richtig nutzen' werden in zum Teil auch maßgeschneiderten Seminaren erörtert. Zur Website von Gerhard Prohaska (www.medien-pro.at)

In der Navigation rechts finden Sie auch sämtliche Interviews, die seit 2004 im Rahmen der Serie "F1-Backstage - Österreichs Formel 1-Reporter" abgehalten wurden. Darunter auch Gespräche mit den Reporterlegenden Hein Prüller, Helmut Zwickl oder Österreichs TV-Lady Tanja Bauer.

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