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Formel 1: Backstage

Zum Saisonstart 2009:
Der neue „Mister Formel 1“ des ORF im Motorline.cc-Talk!

Als Nachfolger des legendären Heinz Prüller wird Ernst Hausleitner für den ORF kommentieren. motorline.cc bat ihn zum Interview.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Red Bull/GEPA

Ernst Hausleitner tritt ein schweres Erbe an –mehr als vier Jahrzehnte lang war Heinz Prüller der „Mister Formel 1“ des ORF, ab dem kommenden Saisonstart in Melbourne wird Hausleitner diesen Job übernehmen.

Der 1968 in Grieskirchen geborene Oberösterreicher hat im Jahr 2000 als Korrespondent beim Hörfunksender Ö3 und als Sportreporter im Landesstudio Oberösterreich begonnen, seit 2004 ist er als Moderator und Interviewer den österreichischen Formel 1-Fans ein Begriff.

Nur die wenigsten wissen, wie viel Benzin sich im Blut des ausgebildeten Landesskilehrers befindet: Auf zwei Rädern hat Ernst Hausleitner 2001 das Erzbergrodeo und 2002 die 1.000 km lange Ionian-Rally durch Griechenland bestritten. Heuer wird er auf dem Nürburgring an einem Lauf der Mini Cooper Challenge teilnehmen.

Im motorline.cc-Interview spricht Ernst Hausleitner über seinen neuen Job und seinen Zugang zur Formel 1 - der Betriebswirtschaftslehrefernstudent geht sympathisch unaufgeregt an die nicht gerade leichte Aufgabe heran…

Als Nachfolger von Heinz Prüller trittst du in die Fußstapfen einer Reporterlegende – das ist wahrscheinlich der härteste Job, den man sich vorstellen kann. Wie legst du deinen Kommentar an?

Mein persönlicher Zugang zu meiner Aufgabe als Kommentator hat in Wahrheit nichts mit meinem Vorgänger zu tun – ich bereite mich nach bestem Wissen und Gewissen vor und ich will mein Bestes geben. Und das hätte ich auch gemacht, wenn jemand anderer mein Vorgänger gewesen wäre.

Ich bin mir natürlich bewusst, dass ich einer Legende nachfolge – und weil ich Heinz Prüller nachfolge ist auch das Interesse an meiner Person groß. Es sind sehr viele Leute auf mich zugegangen, sie haben mich gefragt wie das künftig sein wird. Wenn mein Vorgänger jemand anderer gewesen wäre, der Herr XY, dann wäre das Interesse geringer gewesen. In so fern bin ich ein bisschen ein Passagier der Situation.

Heinz Prüller ist nicht nur eine Legende - er hat auch in einer Zeit als Formel 1-Reporter begonnen, als die Leute noch zugänglicher, die Informationen noch leichter zu haben waren. Heinz Prüller hat den großen Vorteil, dass er quasi in die Formel 1 hinein gewachsen ist.

Die Geschichten von früher – da wird es wahrscheinlich auf der ganzen Welt niemanden geben, der mehr Geschichten aus der Formel 1-Historie weiß als Heinz Prüller.

Aber die willst du ohnehin nicht erzählen, nehme ich an – denn sonst würde ja vielleicht ein gewisser Herr Oberhauser anrufen…

Das macht auch keinen Sinn – mich auf dieser Ebene mit Heinz Prüller zu messen, wäre komplett sinnlos. Weil da ziehst du den Kürzeren, was die Formel 1-Historie anbelangt. Aber da bin ich in bester Gesellschaft - denn ich glaube nicht, dass es viele Leute gibt, die mehr Bescheid wissen als der Heinz.

Hat sich euer Verhältnis seit der Ablöse verändert?

Ich hoffe nicht – ich muss gestehen, dass ich seit die Entscheidung bekannt gemacht worden ist den Heinz weder gehört noch gesehen habe.

Das heißt ihr seht euch in Melbourne…

Davon gehe ich aus. Ich glaube nicht, dass die neue Aufgabenverteilung an unserem Verhältnis etwas ändern wird. Wenn er weiter verpflichtet worden wäre, dann wären wir weiter als Kommentator und Moderator durch die Gegend gefahren – so wie in den letzten viereinhalb Jahren.

Hast du dich speziell auf das erste Rennen vorbereitet?

Man lebt ohnehin das ganze Jahr mit der Materie– es vergeht kein Tag, wo man nicht auf den diversen Internetseiten surft oder mit dem einen oder anderen Menschen telefoniert. Ich beginne ja nicht frisch in der Formel 1, sondern bin exakt seit September 2004 dabei. Natürlich ist es jetzt noch etwas intensiver als vorher.

Wenn du jetzt nicht der Nachfolger von Heinz Prüller wärst – was würdest du als ‚normaler’ F1-Freund dazu sagen, dass ein Reporter mit einem derartigen Status einfach in Pension geschickt wird?

Das ist für jeden Formel 1-Fan sicher eine sehr große Umstellung – wenn du vierzig Jahre zu einer Sportart immer nur diese eine Stimme gehört hast, dann ist das sicher ein großer Umgewöhnungsprozess. Andererseits weiß ich nicht, wie die genauen Umstände waren, die dazu geführt haben, dass sein Vertrag nicht verlängert wurde. Ich habe seinen Abgang nicht verhindern und auch nicht beschleunigen können, er ist einfach passiert.

Gab es eine Ausscheidung um die Heinz Prüller-Nachfolge oder war es von Vornherein klar, dass du es sein wirst?

Das war eigentlich von Vornherein klar – davon bin ich ausgegangen und das hat auch unser Sportchef Hans Huber gesagt, dass man mich nicht ohne Grund viereinhalb Jahre mitgeschickt hat und es keinen Sinn machen würde, dann wieder einen anderen zu nehmen. Das stand einfach im Raum – weil der Heinz halt auch älter geworden ist und irgendwann stand es eben an, einen Nachfolger heranzuziehen. Und das war halt dann ich. Aber ich bin davon ausgegangen, dass ich ihn eines Tages beerben werde. Dass es schon 2009 passiert….

…damit hast du nicht gerechnet?

Nein. Ob es jetzt 2010 oder 2011 passiert wäre – für mich hätte es vom Lebensrhythmus ohnehin nichts geändert, weil ich ja die letzten Jahre immer mitgefahren bin zu den Rennen.

Es gibt die Gerüchte, dass sich die Formel 1 beim ORF auf dem Schleudersitz befindet…

Der Vertrag läuft bis einschließlich 2011 – Hans Huber hat bekräftigt, dass er darum kämpfen wird, dass wir die Formel 1-Rechte behalten. Ich hoffe natürlich, dass man im Zuge der Wirtschaftskrise die Rechte angleichen wird und dass sie vielleicht nicht teurer sondern sogar günstiger werden. Irgendwann wird bei den Veranstaltern die Grenze erreicht sein – in Melbourne muss die öffentliche Hand irrsinnig viel beisteuern, damit man sich den Grand Prix überhaupt leisten kann. Das ist ja ein Wahnsinn!

Die Formel 1 ist ein bisschen wie ein Vampir – man kommt in ein neues Land, saugt dort den Veranstalter aus und dann begibt man sich wieder in ein neues Land….

(lacht) Ja – aber das kann ja nicht der Sinn der Sache sein. Silverstone – da blutet mir das Herz. So spannend das auch sein wird, wenn wir in Abu Dhabi fahren, aber ich hätte lieber die klassischen Rennstrecken erhalten. Die Atmosphäre ist auf diesen klassischen Formel 1-Rennstrecken einfach besser.

Du hast bei deinen bisherigen ORF-Interviews eine oftmals kritische Linie verfolgt, hast deine Interviewpartner auch mal hart angefasst – beispielsweise Dr. Marko als es um Christian Klien ging. Wirst du diese kritische Linie beibehalten?

Ja, das möchte mich mir schon herausnehmen. Wenn es in dem einen Fall den Dr. Marko getroffen hat, dann hat sich das damals eben aus den Umständen heraus so ergeben. Aber es stimmt: Im Wesentlichen habe ich zur Formel 1 durchaus einen kritischen Zugang. Du musst dir nur ansehen, was in den letzten Tagen wegen dem Punktesystem los war – einmal ändern, dann wieder nicht ändern. Das hat Kegelvereins-Niveau – und damit beleidigt man eigentlich jeden Kegelverein.

Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Diesen kritischen Zugang bewahre ich mir – man kann nicht alles als Gold verkaufen, was mit der Formel 1 zu tun hat.

Also wenn du ein Formel 1-Fahrerleger betrittst…

…dann tue ich das nicht mit Ehrfurcht, ganz sicher nicht. Da wird eine Illusion aufgebaut – da klafft eine große Schere zwischen dem, was sich die Leute vorstellen und dem, was wirklich ist. Ich weiß nicht, ob du mir zustimmst – aber so großartig ist es im Paddock nicht. So viele Schöne und Reiche laufen dort nicht herum, es gibt auch keine nackten Frauen und es ist auch keine Ansammlung an Stars vorhanden. Das ist in Wirklichkeit nicht so, wie es nach außen hin transportiert wird.

Ich hab einmal in Monza den Abbau etwas genauer beobachtet – es ist beeindruckend, wie grindig das Material eigentlich ist, das unter der Schicht der glänzenden Motorhomes zum Vorschein kommt.

Die Formel 1 ist ein Luftschloss, in Wahrheit. Und natürlich lebt die Formel 1 von dieser Illusion, weil die Leute sagen: ‚Das ist das Größte! Dort werden wir nie hinkommen!’ Und dann zahlen sie für den Paddock-Klub am Wochenende – ich glaube das kostet 3.000 Euro, oder?

Keine Ahnung, ich habe noch nie etwas bezahlt für die Formel 1…

Das ist halt Part of the game – dass du das in derart unerreichbare Sphären schiebst und das so großartig und so glamourös darstellst, dass sich die Leute einfach fürchten davor oder in Ehrfurcht erstarren, wenn sie irgendetwas über die Formel 1 hören.

Aber du wirst das eine oder andere Luftschloss abbauen in deiner Arbeit?

Ja, das möchte ich schon relativieren. Nach dem Motto: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.

Man hört oft, dass die Show verbessert werden muss – doch wir hatten das letzte Jahr sehr viele spannende Rennen und einen Knüller von einem WM-Finale…

Stimmt, die letzten beiden Jahre waren wirklich gut. Man hat schon beim Finale 2007 gesagt, das wird nicht zu toppen sein. Also von daher kann man sich nicht beklagen – natürlich können nicht alle Rennen ein Krimi sein.

Wie gefallen dir die neuen Autos?

Optisch? Ich sage einmal: Wenn es den Zweck erfüllt, dass es mehr Überholmanöver gibt, dann können wir optisch in den sauren Apfel beißen. Schön sind die neuen Autos nicht. Andererseits waren diese vielen Zusatzflügel, Luftleitbleche und Ohren ja auch nicht mehr schön. Am meisten freut mich, dass jetzt wieder mit den Slicks gefahren wird.

Du wünscht dir, so nehme ich an, wahrscheinlich auch, dass wieder ein Österreicher in der Grand Prix-Startaufstellung steht? Siehst du jemanden?

Es ist schwierig – auch wenn es diese Rookie-Testtage gibt, ist es jetzt viel schwieriger für junge Piloten, in der Formel 1 Fuß zu fassen. Aber ich würde – nach wie vor – dem Christian [Klien, d. Red.] noch eine Chance wünschen. Das sehe ich als Herzensangelegenheit – das würde ich mir wirklich wünschen, dass er noch einmal eine Chance erhält. Er gehört vom Alter her noch zur jungen Garde – und wegen dem zusätzlichen Gewicht von KERS würde er von seiner Statur her auch optimal passen.

Apropos – du kannst bei den Rennen auf einen versierten Co-Kommentator zählen, nicht wahr?

Ganz genau – Alex [Wurz, d. Red.]! Ich bin sehr froh, dass er wieder dabei ist. Er wird bei allen Rennen neben mir sitzen – es sei denn, er hat einen Einsatz mit Peugeot auf der Langstrecke.

Als Brawn-Ersatzpilot könnte er theoretisch auch einen Grand Prix bestreiten…

Klar, das könnte sein.

Obwohl er seine Rennkarriere ja eigentlich beendet hat. Das wäre dann beinahe grotesk – wenn der Alex fahren würde, der nicht so sehr darauf hofft wie eben der Christian…

Da müsste man dann sagen: Solche Geschichten schreibt nur die Formel 1!

Was wünscht du dir von den österreichischen Formel 1-Fans bzw. von deinen TV-ZuseherInnen?

Dass sie mir das Vertrauen schenken. Und dass ich eine ähnliche Schonfrist bekomme, wie sie bei uns auch eine Regierung oder Politiker erhalten (lacht)

Ich denke, das wird drin sein…

Ältere Interviews unserer 2004 begonnen Serie „F1 Backstage – Österreichs Formel 1-Reporter“ finden Sie in der Navigation rechts.

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