MOTORSPORT

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter

Auch McLaren bleibt beim bewährten Konzept

McLaren-Mercedes hat als zweites Formel 1-Team den neuen Boliden vorgestellt – auch der MP4-28 ist nur eine sanfte Weiterentwicklung des Vorgängers.

Foto: McLaren

Ein halbes Jahrhundert nach der Gründung des McLaren-Rennstalls durch Bruce McLaren geht die Truppe aus Woking mit der Präsentation des brandneuen MP4-28 für die Saison 2013 in eine neue Ära. Erstmals seit den 1990er-Jahren muss man für die Motoren, die weiterhin von Mercedes stammen, wieder zahlen.

Und mit dem erst 23-jährigen Mexikaner Sergio Perez setzt das Team neben der fixen Größe Jenson Button auf einen Youngster, der sein Talent zwar schon bewiesen hat, aber auch als fehleranfällig gilt - er hat mit dem zahlungskräftigen Telmex-Boss Carlos Slim einen mächtigen Unterstützer. Perez tritt in die Fußstapfen von Lewis Hamilton, der nach sieben Jahren zu Mercedes abwandert.

Unverändert ist aber die Liebe zum Detail, auf die man bei McLaren seit jeher großen Wert legt. Das zeigte sich schon im Vorfeld der Präsentation des MP4-28 im McLaren-Technology-Centre, als das Enthüllungstuch noch gebügelt wurde, damit es ja keine Falten aufweist.

Als Aufgalopp für die Präsentation ließ man zahlreiche geschichtsträchtige McLaren-Boliden aus der 50-jährigen McLaren-Geschichte am See vor der Fabrik vorbei in den Vorstellungsraum einfahren - Erinnerungen an die McLaren-Legenden Bruce McLaren, James Hunt, Ayrton Senna, Mika Häkkinen und Hamilton wurden geweckt.

Was dann - um 11:15 Uhr Ortszeit - vor 250 geladenen Gästen zum Vorschein kam, sieht auf den ersten Blick wie eine konsequente Evolution des Vorjahresautos aus. Der MP4-28, der nach dem Lotus E21 als zweites Auto der neuen Saison präsentiert wurde, war zwar im Vorfeld als durchaus radikal bezeichnet worden, die Erwartungshaltung wurde aber nicht erfüllt. Die Nase ist im Gegensatz zum Lotus nicht mit einer Stufe versehen. Die Seitenkästen sind tief eingezogen und auch das Auspuffsystem erinnert an das Vorjahr.

Das muss aber nichts bedeuten, denn wie jedes Jahr bringen die Teams spannende Aerodynamikentwicklungen meist erst bei den Testfahrten. Auch Button ist bewusst, dass der neue McLaren auf den ersten Blick mit auffälligen Neuigkeiten geizt: "Durch das gleich gebliebene Farbschema sieht er wie im Vorjahr aus, aber unter der Haut ist dieses Auto ganz anders. Da sich aber die Regeln nicht großartig geändert haben, kann man schon von einer Evolution sprechen." Der 33-Jährige stellt jedenfalls den Titelanspruch: "Wir wollen Weltmeister werden."

Damit ist er nicht alleine. Sein um zehn Jahre jüngerer Teamkollege Perez - ebenfalls ein "Reifenflüsterer" - stellt sofort klar: "Ich will mit diesem Auto die WM gewinnen - das ist mein Ziel, und das muss bei McLaren dein Ziel sein. Ich will mit Jenson zusammenarbeiten." Der Stolz ist dem Youngster, der im Vorjahr noch für Sauber ins Rennen ging, anzusehen: "Es ist ein tolles Gefühl, meinen Namen auf diesem Auto zu sehen."

Mit dem neuen Auto soll es endlich gelingen, den Erfolg nach Woking zurückzubringen. Seit dem Rückzug von Ron Dennis als Teamchef im März 2009 und der Übernahme von Martin Whitmarsh ist es dem britischen Traditionsteam nicht mehr gelungen, einen Fahrertitel zu holen. Das letzte Mal gelang dies durch Hamilton im Jahr 2008 - vor der großen Reglementrevolution.

Noch düsterer sieht es in der Konstrukteurs-WM aus, wo McLaren in diesem Jahrtausend immer noch erfolglos ist. Auf den Titel im Jahr 1998 folgte eine Durststrecke von 14 Saisons. 2013 wird daher ein Schlüsseljahr, schließlich muss Teamchef Whitmarsh beweisen, dass er mit Perez einen veritablen Ersatz für den anerkannten Topfahrer Hamilton geholt hat.

Zudem haben sich bei der Perfektionisten-Truppe in den vergangenen Jahren immer wieder Fehler eingeschlichen, die sich über die Saison hinweg summierten und schließlich verhinderten, dass Whitmarsh seinen ersten Titel als Teamchef feiern darf. McLaren profitiert zwar immer noch vom enormen Test-Know-how der Vergangenheit, doch die fetten Jahre, als man in Woking aus dem Vollen schöpfen konnte, könnten bald vorbei sein, wenn nicht bald ein WM-Triumph eingefahren wird.

Das liegt auch daran, dass Dennis' Lebenswerk, die Produktion von luxuriösen Supersportwagen, bisher nicht den erhofften Anklang findet und McLaren in diesem Unternehmenssektor Verluste schreibt. Die Mercedes-Gelder werden in Woking in Zukunft ebenfalls fehlen, auch Hauptsponsor Vodafone fährt sein Engagement von Jahr zu Jahr zurück - Gerüchte über ein Ende der Partnerschaft mit Saisonende wollen nicht verstummen.

Und mit den Wechselgerüchten um Technikchef Lowe, der nach fast 20 Jahren bei McLaren mit Mercedes in Verbindung gebracht wird, könnte den Briten eine Schlüsselperson abhandenkommen - wenn auch frühestens in einem Jahr, denn für 2013 ist Lowe bei McLaren bestätigt.

Um die bösen Geister endlich aus Woking zu verjagen und wieder für etwas Aufbruchsstimmung zu sorgen, käme ein Erfolg in dieser Saison also gerade zum rechten Zeitpunkt. Beim Testauftakt in Jerez am kommenden Dienstag, den Button bestreitet, wird das Team einen ersten Eindruck erhalten, ob der MP4-28 das Zeug zum Weltmeisterauto hat.

Technische Daten Chassis:

Monocoque: bestehend aus formgepresstem Kohlefaser- und Aluminium-Honigwaben-Verbundstoff mit frontalen und seitlichen Crashstrukturen sowie einer Sicherheitszelle für den Fahrer, produziert vom McLaren-Team

Vorderradaufhängung: Drehstabfeder- und Stoßdämpfersystem mit Zugstrebe und Umlenkhebel, oben- und untenliegende Querlenker, Felgen von Enkei

Hinterradaufhängung: Drehstabfeder- und Stoßdämpfersystem mit Zugstrebe und Umlenkhebel, oben- und untenliegende Querlenker, Felgen von Enkei

Kraftübertragung: halbautomatisches Kohlefasergetriebe mit sieben Gängen und einem Rückwärtsgang, Schnellschaltung für maximale Geschwindigkeit beim Gangwechsel

Kühlung: separate Öl- und Wasserkühler in den Seitenkästen sowie Kühlung durch den Luftstrom bei Vorwärtsbewegung

Elektronik: Standard-Steuereinheit von MES-Microsoft

Bremssystem: Karbonscheiben und -beläge, Sattel von Akebono, Masterzylinder von Akebono

Cockpit: entnehmbarer Fahrersitz aus anatomisch geformtem Kohlefaser-Verbundstoff mit Sechs- oder Achtpunktgurt, Lenkrad mit Schalt- und Kupplungswippen sowie Heckflügel-Verstellmöglichkeit

KERS: Generator ist an den Motor angebunden, mit Batterien als Energiespeicher, Generator und Elektroniksteuerung von Mercedes-Benz

Gewicht: 642 Kilogramm mit Fahrer, Kameras und Ballast (2012: 640)

Technische Daten Motor:

Typenbezeichnung: Mercedes-Benz FO 108F

Konfiguration: 2,4 Liter Hubraum, V8

Zylinder: 8

Ventile: 32

Hubraum: 2.400 Kubikzentimeter

Gewicht: 95 Kilogramm

Zylinderbank-Öffnungswinkel: 90 Grad

Maximale Drehzahl: 18.000 Umdrehungen pro Minute

Benzin: ExxonMobil

Schmierstoffe: Mobil 1

Leistung: über 750 PS

Ähnliche Themen:

News aus anderen Motorline-Channels:

Formel 1- Launches 2013

Weitere Artikel:

Winward enthüllt Designs

"Mamba" 2024 doch im DTM-Einsatz!

Wieso die "Mamba" 2024 vor allem in der Anfangsphase der Saison für Verwirrung sorgen könnte und mit welcher Optik Winward die Mercedes-Historie beschwört

Das Saison-Highlight der Langstrecken-Rennen zweimal rund um die Uhr auf der Nürburgring Nordschleife bestätigte die ersten Saison-Ergebnisse: Die Porsche 911 GT3 sind aktuelle das Maß der Dinge, insbesondere die beiden türkisfarbenen Renner im Falken Design sowie der „Grello“ von Manthey.