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Formel 1: Analyse

Fairer Alternativmotor unmöglich?

Die von der FIA forcierte alternative Antriebseinheit ab dem Jahr 2017 spaltet das Formel-1-Fahrerlager; Jenson Button äußert Bedenken.

Die von FIA-Präsident Jean Todt angekündigte Einführung einer Alternative zur aktuellen Antriebseinheit sorgt hinter den Kulissen der Formel 1 für Diskussionen. Während die Hersteller, die Millionenbeträge in die Entwicklung ihrer Hybridmotoren investiert haben, naturgemäß keine Freude an der Idee haben, eine solche zu einem wesentlich günstigeren Preis einzuführen, sehen das die bisherigen Kundenteams differenzierter.

Selbst wenn er kommen sollte: Diesen Alternativmotor im Vergleich zum Hybrid richtig einzustufen – Stichwort "Balance of Performance" oder kurz BoP – wird denkbar schwierig. "Machen sie ihn so leistungsstark wie den schwächsten oder den stärksten 1,6-Liter-Motor? Wie bewertet man das?", fragt sich etwa McLaren-Fahrer Jenson Button. Die faire Einstufung von Motoren mit und ohne Energierückgewinnung hält er für beinahe unmöglich.

Button sieht außerdem noch ein ganz anderes Problem: "Wenn es den kleinen Teams hilft, ist es vielleicht eine gute Sache, aber es ist andererseits schwierig für die Hersteller wie Mercedes, Ferrari oder Honda. Die haben so viel Anstrengung in diese Antriebseinheiten investiert, die so komplex sind. Für uns zum Beispiel ist es dieses Jahr schwierig und es dauert, konkurrenzfähig zu werden. Dann auf einmal einen Motor auf den Markt zu werfen, den jemand einfach ins Auto schrauben kann, finde ich heikel."

Kaltenborn gegen Zweiklassengesellschaft

Auch Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn warnt vor einer Zweiklassengesellschaft auf Basis einer BoP: "Als das Thema zum ersten Mal aufkam, als wir noch Herstellerteam waren, habe ich schon gesagt, dass eine Zweiklassengesellschaft nicht gut ist. Ich bin überzeugt, dass das nach wie vor die Denke [d.h. der Gedankengang; Anm.] sein wird. In einer Zweiklassengesellschaft wird immer irgendjemand einen Vorteil haben. Man kann sich denken, wo die Vorteile liegen werden, wenn jemand einen solchen Motor unterstützt."

Hintergrund ist, dass eine BoP den Mächtigen des Sports ein Werkzeug in die Hand gibt, je nach Gutdünken das eine oder andere Motorenformat zu bevorzugen. Weil zum Beispiel Formel-1-Boss Bernie Ecclestone bekennender Hybridgegner ist, wäre ein Vorteil für den Alternativmotor fast zwangsläufig von Diskussionen begleitet. Kaltenborn schlägt daher vor: "Das Finanzproblem kann man sehr einfach lösen, indem man einen Preis festsetzt." Dagegen hat allerdings ausgerechnet Sauber-Lieferant Ferrari ein Veto eingelegt.

Legt Ferrari erneut ein Veto ein?

Auch dieses Vetorecht lässt Kaltenborn an der Umsetzbarkeit eines Alternativantriebs zweifeln: "Wir haben ja jetzt festgestellt, dass es ein Vetorecht gibt. Da frage ich mich, wie lange der Plan aufrechterhalten werden kann. Für mich ist derzeit nicht einmal klar: Was ist die Grundlage für diese Ausschreibung, was wird diese Ausschreibung beinhalten, wie werden die Regeln dazu aussehen? Und wenn es ein Vetorecht gibt, dann wird das auch irgendwann einmal greifen. Vielleicht nicht heute, nicht morgen, aber irgendwann einmal wird es das Vetorecht geben."

Bei Red Bull Racing, wo immer noch nach einer Alternative zu Renault gesucht wird, bewertet man die FIA-Initiative naturgemäß völlig anders: "So macht die Formel 1 wieder einen Sinn", sagt Motorsportkonsulent Helmut Marko. "Das ist der Weg zurück zu echtem Rennsport. Wir haben immer gesagt, dass Hybrid der falsche Weg ist. Damals haben uns alle ausgelacht. Das wird ein starker Motor. Vor allem ein simpler, der diesen ganzen Hybrid-Schmarr'n nicht hat. Die FIA wird sicherstellen, dass dieser Motor schnell sein wird."

Auch Teamchef Christian Horner hält es für wichtig, dass es eine billigere Lösung gibt: "Ferrari hat gegen einen billigeren Motor ein Veto eingelegt, und jetzt wird es für die kleineren Teams unleistbar. Unser Problem ist ein bisschen anders. Bei uns geht es nicht nur um die Kosten, sondern darum, überhaupt einen Lieferanten zu finden. Wenn dieser Motor kommen und konkurrenzfähig sein sollte, unterstützen wir das."

Red Bull Racing will bezahlbaren Motor

"Es gibt derzeit keine Regeln, die den Anbietern von Antrieben vorschreibt, dass sie liefern müssen, ungeachtet dessen, ob der Preis ein angemessener wäre", kritisiert er. "Keine Frage: Die Formel 1 braucht für eine gute und sichere Zukunft einen unabhängigen Motorenlieferanten. Wenn man nirgends Antriebe bekommt, kann man keine Rennen fahren. Es ist für die Serie wichtig, dass es einen bezahlbaren und konkurrenzfähigen Motor gibt. Wenn das mit den aktuell vorhandenen Motoren nicht geht, muss eben ein anderer her."

"Es gibt in der Formel 1 einige Teams, die finanziell am Abgrund agieren. Wenn man dann durch ein solches Triebwerk locker um die 20 Millionen sparen kann, stellt sich diese Frage doch gar nicht. Wenn die Preise so bleiben, sind vielleicht einige der aktuellen Teams 2017 gar nicht mehr dabei", erklärt Horner und glaubt an einen Markt für den Alternativmotor: "Ich wäre überrascht, wenn einige Teams nicht zugreifen würden, wenn es einen deutlich günstigeren Antrieb gäbe."

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