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Formel 1: Analyse

Herstellerlösung oder Alternativmotor?

Die Hersteller sollen binnen sechs Wochen neue Antriebsideen präsentieren, doch auch der Alternativmotor ist noch nicht vom Tisch.

Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone und FIA-Präsident Jean Todt üben Druck auf die Motorenhersteller in der Formel 1 aus: Entweder diese präsentieren bis 15. Jänner 2016 ein Konzept für 2017 oder 2018, das Aggregate deutlich günstiger, einfacher und lauter macht, oder sie müssen sich mit einem Alternativantrieb herumschlagen, dessen Leistungsfähigkeit von den Regelhütern bestimmt wird.

Während es vor Wochen noch so ausgesehen hat, als hätten die Hersteller über die Strategiegruppe die Herrschaft in der Formel 1 übernommen und dem Formel-1-Zampano den Zahn gezogen, verfügen Ecclestone und Todt nun bis Ende Jänner über eine Vollmacht, um die wichtigsten Entscheidungen für die Weltmeisterschaft im Alleingang zu treffen.

Wenn das von den Motorenhersteller Ferrari, Honda, Mercedes und Renault erarbeitete Motorenkonzept Ecclestone und Todt nicht passt, können sie völlig problemlos die Einführung des bei den Herstellern so unbeliebten Alternativantriebs beschließen – da spielt es auch keine Rolle, dass diese Lösung bei der Abstimmung in der Formel-1-Kommission gescheitert ist.

"Alles wird davon abhängen, was die Hersteller bis 15. Jänner zustandebringen", weiß Christian Horner, dessen Team R·B·R 2016 erneut mit einem Renault-Antrieb an der Start gehen wird, der aber ein Verfechter des Alternativantriebs ist. "Dann wird man sehen, ob die FIA die Notwendigkeit sieht, die Pläne mit dem unabhängigen Motor voranzutreiben."

"Die Zeit bis zum 15. Jänner wird also heikel und stressig, denn da wird definiert, wie diese neue Antriebseinheit aussehen soll und worin die Kosten- und Verfügbarkeitskriterien liegen werden", so Horner. Im Fahrerlager gibt es Stimmen, wonach die Motorenkrise vom einstigen Weltmeisterteam, Ecclestone und Todt medial inszeniert wurde, um Mercedes in seiner Macht zu beschneiden. Wenn das tatsächlich der Plan war, scheint dieser aufgegangen zu sein.

Doch warum fürchtet sich Mercedes so sehr vor dem Alternativantrieb? Der Automobilhersteller hat viel Geld in die Entwicklung der hochkomplexen V6-Hybrid-Antriebseinheit investiert und dominiert die Formel 1 seit 2014 nach Belieben. Durch die Einschränkungen bei der Entwicklung, den sog. "Engine Freeze", hat die Konkurrenz naturgemäß große Mühe, den Rückstand wettzumachen.

Beim Alternativantrieb, einem größeren, simpleren Biturbomotor ohne komplizierte Hybridtechnik, würde die FIA über eine "Balance of Performance" bestimmen, wie stark die Konkurrenten sind. Die kleinen Teams müssten also nicht mehr so tief in die Tasche greifen, um einen Motor zu kaufen, sondern könnten diesen kostengünstig bei einem privaten Hersteller wie Ilmor beziehen.

Mercedes-F1-Aufsichtsratsvorsitzender Niki Lauda nimmt sich gegenüber der Welt am Sonntag wie immer kein Blatt vor den Mund: "Ein solch massiver Eingriff in das geltende Reglement ist wie ein schlechter Witz. Der Hintergrund war ein machtpolitischer. Ich habe die Diskussion als unnötig und dumm empfunden. Wenn ein Sport in einen Negativtrend rutscht, kann man ihn nicht durch eine Manipulation auffangen. Wenn man das trotzdem versucht, ist er am Ende tot – und es bleibt nach zwei Jahren nichts mehr übrig."

Wenig überraschend stimmt ihm Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zu: "In der Formel 1 sollte es meiner Meinung nach keine Äquivalenzformel geben. Es handelt sich um eine Weltmeisterschaft, an der die besten Fahrer, Autos und Ingenieure teilnehmen, und es ist wichtig, dass wir unsere DNS verstehen, denn sie hat lange sehr gut funktioniert."

Dem Österreicher ist aber bewusst, dass der Status quo, in dem ein Team plötzlich ohne Motor dastehen könnte, suboptimal ist. "Wir sehen uns das an und werden hoffentlich Mitte Januar ein funktionierendes, finanzierbares Konzept präsentieren, das alle Anforderungen erfüllt." Doch nicht nur bei Mercedes hält man wenig vom Alternativantrieb. Auch Renault – ab der kommenden Saison wieder mit eigenem Werksteam am Start – warnt vor den Risiken, die drohen, wenn die FIA zwei unterschiedliche Motorenreglements nach eigenen Kriterien angleichen darf.

"Jedes Jahr werden mehrere hundert Millionen verteilt", spielt Renault-Geschäftsführer Cyril Abiteboul darauf an, dass die Teams je nach Erfolg mit einem Anteil an den Formel-1-Einnahmen belohnt werden. "Da wäre ich ungern die Person, die über die Berechnungsgrundlage für die Verteilung entscheidet; das würde heftigen Diskussionen Tür und Tor öffnen, dabei gibt es ohnehin schon so viel Politik in unserem Sport. Das gehört zwar dazu, aber in dem Fall wäre es zu viel. Ich würde Renault nahelegen, von so etwas Abstand zu nehmen."

Man darf also gespannt sein, mit welcher Lösung die Hersteller Ecclestone und Todt davon abbringen wollen, einen Alternativantrieb einzuführen. Auf Herstellerseite ziehen nun zumindest alle am selben Strang. Niki Lauda zeigt sogar so etwas wie Mitgefühl für das Mittelfeld: "Die kleineren Teams müssen in der Lage sein, mit geringeren Motorkosten konkurrenzfähig zu sein. Wir müssen ihnen helfen."

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