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Der dritte Streich

Mit der Rivale 800 bringt MV Agusta eine alltagstaugliche Supermoto als Kreuzung aus Enduro und Naked Bike auf den Markt.

Thilo Kozik/mid

MV Agusta - allein beim Namen bekommen Motorradfahrer leuchtende Augen. Denn die italienische Traditionsmarke ist längst ein Mythos. Das liegt vor allem an den Erfolgen im Rennsport. MV Agusta, das ist ein Ferrari auf zwei Rädern. Der legendäre Giacomo Agostini hat auf MV zwischen 1966 und 1974 nicht weniger als 13 Weltmeistertitel gewonnen.

Doch Rennerfolge allein füllen keine Kassen, und in der Folgezeit kam das Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die Motorradproduktion musste 1980 eingestellt werden. Nach der Wiederbelebung 1992 kennzeichneten wechselhafte Erfolge, Eigentümerwechsel und Finanzlücken die Firma. Erst eine umfassende Restrukturierung des gesamten Unternehmens 2010 schuf die Basis für die aktuelle positive Entwicklung: In diesem Jahr hat die Traditionsmarke gut 7.500 Einheiten weltweit verkauft, womit Firmenchef Giovanni Castiglioni tatsächlich einen Gewinn erwirtschaftet hat.

Ein Großteil des Zuwachses geht auf die neuen Mittelklasse-Modelle zurück, die seit drei Jahren die Produktpalette ergänzen. Und jetzt legen die Italiener genau hier nach. Mit der Rivale 800 bringen sie eine alltagstaugliche Supermoto als Kreuzung aus Enduro und Naked Bike auf den Markt. Dieses Motorrad betört das Auge mit typisch italienischem Design. Und der charakterstarke Dreizylindermotor garantiert jede Menge Fahrspaß.

Schon beim Anblick der gedrungenen, nach vorn orientierten Silhouette und den zahllosen feinen Details beginnt das Herz zu klopfen: Die markanten drei Auspufftöpfe, die edle Einarmschwinge, das im Heck untergebrachte zweigeteilte LED-Licht, die am Kennzeichenträger montierten LED-Blinker oder die ausklappbaren Rückspiegel am Lenkerende sind Designmerkmale, die ihresgleichen suchen.

Doch die Rivale ist weit mehr als ein Objekt fürs Wohnzimmer, sie ist eine echte MV mit fahraktiven Tugenden. Die verdankt sie nicht zuletzt dem selbst entwickelten Dreizylinder-Motor, der aus 800 ccm Hubraum eine Extraportion Druck bereitstellt: 92 kW/125 PS sind für die Mittelklasse schon ein Wort, doch mit 84 Newtonmetern Drehmoment liefert die Rivale schon ab 2.000 Touren einen höchst verwertbaren Schub.

Dazu kommt ein Elektronikpaket mit Ride-by-wire und vier Motor-Mappings (Sport, Normal, Rain und Custom), die sich über den Startknopf anwählen lassen. In drei Modi wird die Maximalleistung erreicht, nur das Ansprechverhalten ändert sich. Eine achtstufige Traktionskontrolle lässt sich etwas umständlich vom linken Lenkerende bedienen. Tatsächlich nutzbar ist der serienmäßige Schaltassistent, der ein Hochschalten im gut bedienbaren Sechsgang-Getriebe ohne Kupplungsbedienung und Gaswegnehmen ermöglicht.

So agiert die Rivale schon bei niedrigen Drehzahlen druckvoll in der Stadt, freut sich mit zunehmend heiserer Auspuffnote über geöffnete Drosselklappen am Ortsausgang und fackelt über Land ein richtiges Feuerwerk ab, untermalt vom orchestralen Gesang aus den drei seitlichen Auspuffflöten. Zum Überholen ist dank der druckvollen Auslegung kein Herunterschalten notwendig, nur bei der Gasannahme zeigt sich der Rivale-Triple bisweilen etwas zögerlich - doch das ist Kritik auf hohem Niveau.

Ungeachtet der extremen Optik platziert die Rivale ihren Piloten zwar sehr vorderradorientiert in beachtlichen 881 Millimetern Höhe, doch angenehm niedrige Rasten und die nicht zu tief montierte Lenkstange sorgen für ein erstaunlich entspanntes Ambiente.

Der markante Rahmen aus Gitterrohr- und Leichtmetallgussteilen vermittelt ein direktes, dennoch stabiles Fahrverhalten. Die sensibel agierende Gabel und das straff, aber nicht zu hart abgestimmte Federbein liefern glasklare Rückmeldungen über die Asphaltbeschaffenheit, ohne den Komfort komplett aus den Augen zu verlieren.

Schnelle Richtungswechsel sind mit der trocken 178 Kilo leichten MV im Handumdrehen absolviert. Die gute Handlichkeit geht nicht zu Lasten der Stabilität oder einer souveränen Straßenlage. Aber klar: Die Rivale macht im kurvigen Geläuf einen Riesenspaß, für gemütliches Gondeln ist allein schon die Fahrerpositionierung zu ambitioniert.

Extrem fällt auch die Bremsanlage aus: Vierkolben-Radialzangen verbeißen sich vorne gnadenlos in die beiden Scheiben und verzögern die Rivale wie einen Supersportler. So kommt das Heck beim heftigen Ankern schnell in die Höhe, und man ist gezwungen, die Bremse wieder leicht zu öffnen. Sicherer und nicht minder effektiv bremst die Rivale ab Anfang 2014, wenn das ABS serienmäßig wird.

Hinter dem Berg Freude an der Dynamik bleibt die Alltagstauglichkeit etwas im Schatten. Der minimale 12,9-l-Tank wie das knappe Polster schränken die Etappenlänge stark ein. Die Rücksicht in den klappbaren Spiegeln fällt noch knapper aus.

Bei einem monodimensional in Richtung Fahrspaß konzipierten Vehikel wie der Rivale fällt das jedoch nicht ins Gewicht, denn: Die MV sieht nicht nur toll aus, sie fährt sich auch so und macht bis ins Detail einen richtig wertigen Eindruck. Und weil der Komplettpreis von 15.505 Euro (Österreich) bzw. 13.190 Euro (Deutschland) mit ABS und Schaltautomat vergleichsweise günstig ausfällt, wird die Rivale 800 zweifellos zu noch besseren Verkaufszahlen des einstmals kränkelnden Unternehmens beitragen.

Technische Daten MV Agusta Rivale 800

Straßenmotorrad mit flüssigkeitsgekühltem Reihen-Dreizylinder-Viertakt-Motor; vier Ventile je Zylinder; dohc; Hubraum 798 ccm; Bohrung x Hub: 79,0 x 54,3 mm; maximale Leistung 92 kW/125 PS bei 12 000/min, max. Drehmoment: 84 Nm bei 8 600/min; elektronische Kraftstoffeinspritzung; geregelter Katalysator; Sechsganggetriebe; Gitterrohr/Leichtmetallguss-Brückenrahmen; Upside-Down-Telegabel; Aluminium-Einarmschwinge mit angelenktem Zentralfederbein; zwei Scheibenbremsen vorn, eine hinten; ABS; Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 180/55 ZR 17; Sitzhöhe 881 mm; Tankinhalt: 12,9 Liter; Trockengewicht 178 kg; Preis 15.505 Euro.

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