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WEC: Analyse Nissan GT-R LM Nismo LMP1

Frontmotor nur ein Werbegag?

Das Konzept des neuen Nissan-LMP1 ist ungewöhnlich. Bietet der Frontmotor besondere Möglichkeiten, oder heischt man nur Aufmerksamkeit?

Fotos: Werk

Die Rückkehr von Nissan in den internationalen Prototypensport erfolgte in einer für die japanische Marke typischen Manier. In den vergangenen Jahren zeigte man sich mehrfach an den Rennstrecken dieser Welt, stets unter dem Motto: Hauptsache anders. 2012 sprang man kurzfristig als Partner des DeltaWing-Programms ein, im vergangenen Jahr schickte man den sehr ähnlich aussehenden ZEOD nach Le Mans.

Die Auftritte mit den beiden Rennraketen waren nicht unbedingt von sportlichen Ambitionen geprägt, dem Team um Darren Cox ging es schlichtweg um Aufmerksamkeit und Marketing. Kritiker sehen beim neuen Projekt, dem GT-R LM Nismo, ähnliche Züge. Das rote "Batmobil" ist anders als die LMP1-Fahrzeuge der direkten Gegner Audi, Porsche und Toyota. Das Nissan-Entwicklungsteam um Ben Bowlby, der schon den DeltaWing entworfen hat, setzt auf Frontmotor und -antrieb.

Bei allen anderen Prototypen ist die Antriebseinheit als Mittelmotor montiert. Die Hersteller werden sicherlich ihre Gründe dafür haben, nicht von der bewährten Bauform Achse-Fahrer-Motor-Achse abzurücken. Die erfahrenen Ingenieure von Audi, Porsche und Toyota bewerten das Nissan-Konzept unisono als mutig und riskant – hier und dort kann sich manch Techniker ein mitleidiges Lächeln dabei nicht verkneifen. Allen ist klar: Es geht Nissan wieder vorrangig ums Marketing, weniger um den reinen motorsportlichen Wettbewerb.

Aus den Reihen der etablierten LMP1-Teams ist immer wieder zu hören, man werde Nissan nicht unterschätzen, und man habe die Hoffnung, dass sie gut mithalten können. Sonst, so ist zu hören, schade der Ansatz der Japaner womöglich der gesamten Glaubwürdigkeit der Langstrecken-WM. Kann ein Frontmotorkonzept überhaupt funktionieren? Nissan-Werkspilot Michael Krumm zeigte sich ebenso überzeugt wie der US-amerikanische Fahrzeugentwickler Bob Riley.

Riley war Anfang der 80er Jahre für die Entwicklung des Ford Mustang für die damalige IMSA-GTP-Serie verantwortlich. "Ford wollte, dass es ein Frontmotorauto wird, weil sie damals gar keine Straßenfahrzeuge mit Heckmotor verkauft haben", schildert der US-Amerikaner gegenüber racer.com. Es sei damals von Ford eine Entscheidung im Sinne des Marketings gewesen, so wie heutzutage die Marschroute von Nissan in der WEC.

"Mir hat das damals gefallen, denn es gab kaum Restriktionen im Reglement. So konnten wir große Luftkanäle in den Unterboden einlassen", sagt Riley. Die zum Heck geführte Luft brachte erhebliche Wirkung. "Wir hatten so viel Abtrieb, dass die Fahrer kaum lenken konnten", lacht Riley. Der Ford Mustang hatte noch keine Servolenkung. "Nur Gary Pratt konnte das Ding lenken – und der hatte damals Arme wie Popeye." Man musste sogar Löcher in den Unterboden schneiden, um den Heckabtrieb in erträglichen Rahmen zu bringen.

Ob auch Nissan an einem Übermaß an Abtrieb leiden wird, steht zu bezweifeln. Der 3,0-Liter-V6-Turbomotor von Cosworth in der Front ist zwar kompakt gebaut, aber alle Kühlsysteme sind seitlich angebracht und rauben somit den Platz für Luftdurchführungen. Außerdem sind die Hybridelemente vorne verbaut. Am Heck sollte ausreichend Downforce zu generieren sein, aber genau dort braucht man sie nicht. Der Abtrieb muss dort am größten sein, wo das Gewicht platziert ist – und das wird beim GT-R LMP1 vorne sein.

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