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MotoGP: News

Virtuelle Boxentafel erhält grünes Licht

MotoGP-Teams dürfen künftig Nachrichten ans Display der Fahrer schicken - Künstliche Steuerung von der Box wie in der Formel 1? - Unterschiedliche Meinungen.

Fotos: Michelin, solomoto_es@Twitter

In der Motorrad-WM ist es künftig erlaubt, dass Teams den Fahrern Nachrichten auf das Display schicken können. Wie kurz vor dem Sachsenring-Wochenende bekannt wurde, segnete die Grand-Prix-Kommission diese Änderung am vergangenen Samstag in Assen ab. Ab 2018 müssen alle MotoGP- und Moto3-Teams mit Dashboards ausgestattet sein, die solche Nachrichten empfangen können. Für die Moto2 gilt das erst ab 2019, wenn es mit Magneti Marelli einen neuen, einheitlichen Elektronik-Ausrüster geben wird.

Das Textsystem ist in erster Linie für die Rennleitung gedacht. Sie will die Fahrer künftig neben Warnlichtern auch mit weiteren Hinweisen versorgen. Das kann eine rote Flagge sein oder eine Strafe. Für diese Fälle wurde für 2018 eine standardisierte Liste mit Sätzen festgelegt, damit die Rennleitung jedem Fahrer genau den gleichen Text aufs Display schicken kann. Dieses System ist ab 2018 vorgeschrieben. Der Nebeneffekt dieses technischen Systems ist die "virtuelle Boxentafel", die freiwillig verwendet werden kann.

Diese "virtuelle Boxentafel" wurde bereits seit Anfang des Jahres von mehreren Teams getestet, allerdings nur im Freien Training. Die Nachrichten werden nicht wie eine SMS ans Display des Motorrades geschickt, sondern es ist technisch an das Zeitnahmesystem der Rennleitung gekoppelt. Schon seit längerer Zeit kann die Rennleitung zum Beispiel rote Warnlichter am Dashboard aktivieren, sollte es einen Abbruch geben. Bisher wurde das Übertragungssystem von Team zu Fahrer während Qualifying und Rennen deaktiviert. Nur die Rennleitung konnte Warnlichter aktivieren.

Erst wenn das System für alle erhältlich ist, die Software funktioniert und auch die Funktionen reibungslos arbeiten, wollte man diese "virtuelle Boxentafel" freischalten. Am Freitag in Assen diskutierten die Fahrer in der Sicherheitskommission darüber. "Manche Fahrer wollten es nicht, weil es für manche schwierig ist, Nachrichten während der Fahrt zu lesen", berichtet Andrea Dovizioso von diesem Treffen. "Ich zähle zu den Fahrern, die zufrieden sind, wenn man mehr Feedback bekommt, um die Situation zu verstehen."

Smith ein vehementer Kritiker

Bradley Smith war einer der Fahrer, der sich in der Sicherheitskommission vehement gegen dieses neue System aussprach: "Ich bin dagegen, weil diese Leute Messages wollen, die das Rennen beeinflussen können. Das Rennen sollte natürlich sein und die Fahrer sollten die Entscheidungen treffen. Es darf nicht wie die Formel 1 werden. Das Rennen darf nicht von der Box und von deren Strategie diktiert werden. Was würde das für einen Sinn machen? Dann könnte man auch gleich einen Boxenfunk installieren. Ich verstehe das ganze Konzept dahinter nicht. Deshalb war ich dagegen."

Der KTM-Pilot meint vor allem Flag-to-Flag-Rennen, wo das Feld häufig durchgemischt wird. In der Regel bleiben die Topfahrer lange auf der Strecke, während Leute, die in der WM nichts zu verlieren haben und pokern, früh eine Entscheidung aus dem Bauch heraus treffen. Sollte ein Außenseiter richtig pokern, kann von nun an das Team seinem Fahrer eine Nachricht aufs Display schicken, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für den Reifenwechsel ist. Die Topfahrer können also mit den Informationen von der Box schneller auf die Situation reagieren.

Für das Sachsenring-Wochenende ist Regen vorhergesagt. "Das ist genau die Wettersituation, in der du dieses System verwenden willst", wird Renndirektor Mike Webb von 'Crash.net' zitiert. "Ich schätze, dass es einige Fahrer an diesem Wochenende im Qualifying und im Rennen verwenden werden. Um dieses System nutzen zu können, muss die neueste Version der Zeitnahme-Software installiert sein."

Künstliche Beeinflussung des Rennens?

Die Topteams haben natürlich die neuste Version und sind wieder einmal im Vorteil. Deswegen findet Smith auch harte Worte, dass man mit dieser virtuellen Boxentafel das Rennen künstlich beeinflussen wird. "Es geht nicht um Sicherheit, sondern darum, den Ausgang des Rennens mit der besten Strategie zu beeinflussen", ärgert sich der Brite. "Deswegen sind Glücksspiele weltweit so beliebt, weil man Leuten, die kaum eine Chance haben, die Möglichkeit gibt, zu gewinnen. Das sollte man nicht aus der MotoGP entfernen."

Landsmann Scott Redding hat ähnliche Bedenken, kann aber auch die Situation der Teams verstehen: "Schließlich geht es darum, das bestmögliche Ergebnis zu holen. Die Teams investieren viel Geld. Am vergangenen Wochenende pokerte Zarco und es ging nicht auf. Wenn er eine Nachricht bekommen hätte, dass er nicht an die Box kommen soll, dann wäre für ihn das Rennen vielleicht anders ausgegangen. Das Team hat durch seine Entscheidung ein potenzielles Podium verpasst."

Die Diskussion über so ein Nachrichtensystem kam genau vor einem Jahr auf. Viele Fahrer achteten beim Flag-to-Flag-Rennen auf dem Sachsenring nicht auf die Anweisungen der Boxentafel und kamen viel zu spät zum Motorradwechsel in die Boxengasse. Viele verloren dadurch die Chance auf den Sieg. Die Fahrer mussten eine eigene Entscheidung treffen. Viele Fahrer wünschten sich nach dem Rennen zusätzliche Möglichkeiten, um mehr Informationen vom Team erhalten zu können.

Altmeister Valentino Rossi befürwortet diese neue Kommunikation: "Für mich kann es eine Hilfe sein. Es ist nicht so wie in der Formel 1, wo man ständig in Kontakt mit der Box steht. Im Auto hat man zwischen zwei Kurven viel mehr Zeit. Auf dem Motorrad hat man zwischen zwei Kurven viel weniger Zeit, um Nachrichten zu lesen. Deshalb glaube ich, dass der Fahrer weiterhin seine eigenen Entscheidungen trifft, aber es kann eine kleine Hilfe sein."

Da das System einsatzbereit ist, dürfen es Teams schon an diesem Rennwochenende verwenden. Das Reglement muss dafür nicht angepasst werden, da es keine Regel gab, die das verboten hat. Bisher war lediglich die Datenübertragung im Qualifying und Rennen unterbunden. Redding glaubt aber nicht, dass sich mit Ausnahme von Flag-to-Flag-Rennen viel verändern wird: "Wenn ein rotes Licht aufleuchtet, kriegst du das mit den Augen sofort mit. Nachrichten zu lesen, ist viel schwieriger, wenn du versuchst, am Limit zu bremsen. Aber wenn du die Nachricht auf der Boxentafel nicht genau gesehen hast, kannst du sie am Dashboard checken."

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