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WEC: Analyse

Wie das Ginetta-Projekt funktionieren soll

Lawrence Tomlinson will bei seinem LMP1-Projekt keine halben Sachen machen und verpflichtet Topingenieure - So stellt sich der Ginetta-Boss das Projekt vor.

Fotos & Illustrationen: Werk, lessismoremike@Twitter

Nicht wenige rieben sich verwundert die Augen, als Ginetta Anfang Januar ein LMP1-Projekt für die WEC-Saison 2018 ankündigte. Manor hat bereits verkündet, mit Ginetta in die LMP1-Klasse aufsteigen zu wollen, Interesse soll zudem vom ARC Bratislava Team und PRT Racing bestehen. Lawrence Tomlinson will keine halben Sachen machen: So hat er mit Adrien Reynard und Paolo Catone zwei Schwergewichte aus dem Chassisbau verpflichtet und die Ginetta-Hallen erweitern lassen.

Für den Engländer war der LMP1-Schritt eine "logische Wahl", wie er auf der Motorshow in Birmingham erzählt. "Wenn man nicht gerade Formel 1 macht, wozu wir definitiv keine Ambitionen haben, sind die Langstrecken-Weltmeisterschaft und die 24 Stunden von Le Mans die größte Nummer, die man machen kann."

Vom LMP3- zum LMP1-Hersteller

Ginetta war Vorreiter in der LMP3-Kategorie, bevor Onroak/Ligier diese Klasse überrannte. Zuletzt entwickelte die Sportwagenschmiede aus Leeds den G57-P2 - einen Prototyp, der auf dem LMP3 basiert, aber mit einem stärkeren Motor und frei entwickelter Aerodynamik die Performance der alten LMP2-Boliden erreicht. Das Fahrzeug holte bei den 3x3 Stunden von Dubai in der 24h Proto Series einen Laufsieg.

Zudem bewarb sich die Sportwagenschmiede um einen Rang als LMP2-Konstrukteur, musste sich im Ausschreibungsverfahren aber Dallara geschlagen geben. "Ich denke, es war schwierig für den ACO, uns einen LMP2-Vertrag zu geben, weil wir zu jenem Zeitpunkt nur LMP3 gemacht hatten", begründet Tomlinson. "Es war vielleicht sechs Monate zu früh für eine richtige Überprüfung. Als wir nicht für die P2 berücksichtigt wurden, war es logisch, die Ressourcen umzuverteilen und deutlicher auf die P1 zu schauen."

Der 52-Jährige sieht in der LMP1 ein Geschäftsmodell: "Nicht jeder will Spec-Racing wie in der LMP2 betreiben. Die Fixkosten in der WEC sind riesig, egal ob man eine Schubkarre oder einen LMP1 einsetzt. Die Zusatzkosten für einen LMP1 mit Motorenvertrag halten sich da in Grenzen, wenn man sie über fünf Jahre hinweg streut." Tomlinson baut also auf langfristige Partnerschaften mit den Kundenteams.

Partner statt Zulieferer

"Partnerschaft" ist auch das Wort, das er sich groß auf die Fahnen schreiben will. Anders als in der LMP2 oder LMP3 will Ginetta nicht bloß Autos an Kunden verkaufen, sondern den Boliden aktiv mit den Teams weiterentwickeln. "Wir werden nicht bloß Autos zur Verfügung stellen", kündigt er an. "Wenn sich das Programm weiterentwickelt, werden die drei Teams, mit denen wir voraussichtlich zusammenspannen werden, ihre eigenen Ideen einbringen, was sie genau machen wollen. Es wird an uns liegen, das zu bewerkstelligen."

Lawrence Tomlinson ließ für das LMP1-Programm eine eigene Kohlefaser-Fabrik errichten. Der LMP3 wurde noch bei Juno Racing Cars gebaut. Zudem wurde eine neue, 1400 Quadratmeter große Halle erworben. Neben Adrian Reynard, der bis zum Bankrott von Reynard Motorsport äußerst erfolgreiche Chassis für diverse Motorsportarten kreierte, und Paolo Catone, der die Peugeot 908 und den BR01 entwarf, sollen noch zwei weitere Topingenieure aus der Welt des Motorsports in den nächsten Monaten zum Projekt stoßen.

Auf der Motorenseite läuft derzeit alles auf Mecachrome als Zulieferer hinaus, doch es sind weitere mögliche Partner im Gespräch. "Es wird fast sicher ein Turbomotor", sagt Tomlinson. "Wir hatten detaillierte Gespräche mit Mecachrome, Adrian hat mit Honda gesprochen, aber es gibt auch noch weitere Hersteller, die Interesse an Gesprächen mit uns haben. Ich würde auch Gibson nicht ausschließen, aber deren LMP2-Motor scheint bei 600 PS bereits ziemlich am Limit zu sein. Sie könnten ihn zwar noch aufdrehen, aber ich weiß nicht, welche Folgen das für die Zuverlässigkeit hätte."

Ginetta möchte zehn Autos bauen: Einen Prototypen, sechs Einsatzfahrzeuge (zwei pro Team) und jeweils ein Ersatzauto für alle Teams. Neben Ginetta hat auch SMP Interesse an einem LMP1-Engagement in der WEC-Saison 2018 angekündigt. 2017 wird ByKolles das einzige Team in der privaten LMP1 sein, nachdem Rebellion in die LMP2 abgewandert ist.

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