MOTORSPORT

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter
WEC: 6h von Silverstone

„Wir stehen vor einer spannenden Saison“

Die WEC als Alternative zur Formel 1? Zumindest Lindsay Owen-Jones, Präsident der FIA-Langstrecken-Kommission, kann sich das vorstellen…

Als die Teams der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) beim Prolog in Le Castellet erstmals seit Inkrafttreten des neuen Reglements direkt aufeinander trafen, war Lindsay Owen-Jones interessierter Beobachter.

Der Präsident der Langstrecken-Kommission der FIA ließ es sich nicht nehmen, die ersten gemeinsamen Testfahrten vor Ort zu besuchen.

Das Auftaktrennen der Saison 2014 steigt am kommenden Sonntag in Silverstone.

Im Interview spricht Owen-Jones über seine Eindrücke von den Testfahrten, über den Stellenwert der neuen LMP1-Autos und über den Trend in Reihen der Fahrer, die WEC als ernsthafte Alternative zur Formel 1 anzusehen.

Lindsay, nach intensiver Vorbereitungsphase trafen die neuen LMP1-Autos bei den Testfahrten in Le Castellet zum ersten Mal aufeinander. Wie fällt Ihr Urteil aus?

Die größte Genugtuung empfinde ich, weil die neuen LMP1-Autos Runde um Runde abgespult haben, ohne dass es zu peinlichen Vorkommnissen wie einem Zurückschleppen an die Box nach einer Viertelrunde oder so gekommen wäre. Wir haben das LMP1-Reglement wirklich grundlegend neu gestaltet und ich finde, die Hersteller haben sich fantastisch darauf eingestellt. Ihre Vorbereitung war exzellent. Wir sollten sehr stolz auf sie sein. Es sieht ganz so aus als stünde uns eine sehr spannende Saison bevor.

Am Rande des Le-Castellet-Tests gab es eine Pressekonferenz, auf der die neuen Regeln erklärt wurden. Es sind recht komplexe Vorgaben. Wie sollten diese Ihrer Meinung nach kommuniziert werden?

Es ist sehr wichtig, Regeln festzusetzen, welche die Hersteller in eine Richtung drängen, die zu ihren Straßenfahrzeugen passt. Im Langstreckensport werden seit jeher die besten Beleuchtungssysteme entwickelt. Das wird auch immer so bleiben. Gleiches gilt für die Bremssysteme und so weiter. Wir müssen die Hersteller in diese Richtung drängen. Es stimmt, dass die Regeln ein wenig kompliziert verfasst worden sind, aber sie werden verstanden. Unterm Strich geht es um die Rennen. Wir veranstalten hier keine Spritspar-Wettbewerbe. Die Autos haben 1.000 PS. Solche Zahlen haben wir schon lange nicht mehr gesehen. Ich würde sagen, die Autos gehören zu den spannendsten, die es jemals gegeben hat.

Haben Sie sich die neuen Autos direkt draußen an der Strecke angesehen?

Das habe ich. Wie sie aus den Kurven geschossen kommen, ist atemberaubend. Selbst 250 Meter nach der Kurve gibt es noch immer leicht durchdrehende Räder. Ich bin mir sicher, dass es aus dem Cockpit heraus unglaublich schwierig sein muss, die enorme Leistung auf den Boden zu kriegen.

Es wird natürlich viel über die LMP1-Klasse gesprochen. Es gibt aber noch drei andere Klassen. Wie stehen Sie zu den Regeln für diese Klassen?

Es stimmt schon, aber die LMP1-Klasse besitzt nun mal Symbolcharakter. Diese Autos sind es, welche die Meisterschaft nach vorn bringen. Ich glaube, die anderen Teams verstehen das. Es ist schön zu sehen, wie gut die GTE-Klassen angenommen werden. Wir haben es in diesem Jahr mit einem richtig tollen Starterfeld zu tun. Ich rechne damit, dass die Abstände zwischen den einzelnen Teams stetig kleiner werden. Es wird in jedem einzelnen Rennen unglaublich eng zugehen.

Darüber hinaus haben wir die Creme de la Creme der LMP2-Autos in unseren Reihen. Das liegt auf der Hand, denn die prestigeträchtigsten Teams fahren in der Weltmeisterschaft während die kleineren Teams in der European-Le-Mans-Series antreten. Natürlich würden wir in der LMP2-Klasse am liebsten noch ein, zwei Autos mehr sehen. Was wir haben, ist aber sehr gut.

Sprechen wir über die Fahrer. Tom Kristensen, Loic Duval, Stephane Sarrazin und andere haben sich in der WEC einen Namen gemacht. Mark Webber ist ein prominenter Neuzugang. Inzwischen fahren auch die Top 3 der GP2-Serie auf der Langstrecke. Sie müssen es doch mit großer Genugtuung zur Kenntnis nehmen, dass so viele junge Fahrer den Umstieg vom Formelsport auf die Langstrecke vollziehen, oder?

Ich halte meine Antwort noch zurück, bis ich diese Jungs im Rennen erlebt habe. Dass sie schnell sind, wissen wir. Aber sind sie auch clever genug? Der Langstreckensport verlangt von den Fahrern eine andere Herangehensweise. Es geht nicht nur um den schieren Speed. Sie müssen auch ihren Kopf einschalten. Sind sie clever genug, das Auto über einen Zeitraum von 24 Stunden richtig anzufassen? Sind sie in der Lage, das Auto im selben Zustand an ihre Fahrerkollegen zu übergeben, in dem sie es übernommen haben? Das muss ihnen gelingen. Nur dann bauen sie Vertrauen auf. Gelingt es ihnen nicht, dann wären sie nur ein weiteres Beispiel schneller Umsteiger aus dem Formelsport, die es auf der Langstrecke nicht weit gebracht haben. Dass sie schnell sind, wissen wir.

Freut es Sie, dass sich solche Fahrer im Langstreckensport versuchen und damit eine Alternative zu einer Formel-1-Karriere einschlagen?

Das freut mich nicht, das reißt mich vom Hocker. Es ist einfach fantastisch, dass sie sich so entschieden haben - aus gutem Grund. So wie sich der Langstreckensport entwickelt, wird er immer mehr zum Motorsport der denkenden Menschen. Das sage ich ohne falsche Bescheidenheit. Ich glaube fest daran, dass es so ist. Was gerade in anderen Rennserien passiert, lässt diese Serien immer mehr auf die Spur der reinen Unterhaltung abdriften. Bei uns gibt es knallharten Rennsport. Wir tun nichts, um die Show künstlich zu verbessern.

News aus anderen Motorline-Channels:

WEC: 6h von Silverstone

Weitere Artikel:

Winward enthüllt Designs

"Mamba" 2024 doch im DTM-Einsatz!

Wieso die "Mamba" 2024 vor allem in der Anfangsphase der Saison für Verwirrung sorgen könnte und mit welcher Optik Winward die Mercedes-Historie beschwört