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Kleiner Franzose, ganz groß in Fahrt

Mit seinem Meistertitel in der DTM setzt der Franzose einen weiteren Höhepunkt seiner überaus erfolgreichen Karriere.

Superlative zaubern ihm lediglich ein verlegenes Lächeln ins Gesicht. Bester Tourenwagenpilot der Welt – so wird Laurent Aiello von Fans und sogar von der Konkurrenz oft bezeichnet. Nicht übertreiben, er sei lediglich Teil eines Teams, der immer nur sein Bestes geben möchte, wiegelt der 33 Jahre alte Franzose dann meist ab.

Der Gewinner von zahlreichen Tourenwagen-Titeln ist kein Freund großer Worte – er lässt lieber seine Leistung auf der Strecke sprechen: Bereits ein Rennen vor Ende der Saison steht Laurent Aiello als neuer Champion der DTM fest. Und hat sich damit einen seiner größten Träume erfüllt.

Laurent Aiello liebt Herausforderungen, sie gehören einfach zu seinem Leben dazu. Als professioneller Jetski-Pilot ist er längst bekannt, in seinem Sommerdomizil an der französischen Atlantikküste strecken seine Landsleute manchmal den Finger in den Himmel, wenn sie von ihm sprechen. So hoch wie der Wahl-Pariser, berichten sie dann kopfschüttelnd, springe sonst kaum einer in den Wellen.

Fitnesstraining nennt der Supersportler selbst die gekonnten Kunststücke. Jegliche Art von „normalem Sport“, wie Schwimmen, Laufen, Skifahren oder gar Arbeit an Geräten im Kraftraum, sind ihm ein Greuel. Zu langweilig, befindet Aiello. Ohne Nervenkitzel geht gar nichts.

Ohne Ausdauer und Willenskraft auch nicht: Seit drei Monaten trainiert er das Surfen auf den Wellen des Atlantiks – der Erfolg stellt sich nur langsam ein. Aber aufgeben kommt für Laurent Aiello nicht in Frage. Das Wort existiert im Wortschatz eines wahren Champions nicht.

Vier Sekunden lag er nach dem ersten Zeittraining der neuen DTM hinter der Pole Position. Das Team Abt Sportsline hatte vor der Saison 2000 das Unmögliche möglich gemacht und in Rekordzeit drei Abt-Audi TT-R aufgebaut. Aber Wunder vollbringen, das konnte der Kemptener Traditionsrennstall nicht. Zu groß war der Entwicklungsrückstand, das Lehrjahr war ein hartes.

Wir werden es schaffen, wir werden zusammen halten, wir werden siegen – die Mannschaft aus dem Allgäu folgte ihrem Star-Piloten. Das Team wuchs mit seiner Aufgabe und wurde eine große Familie. Und Laurent Aiello wurde ein Teil von ihr. Es sei manchmal nicht so leicht mit ihm, er gehe oft andere Wege zum Ziel als seine Teamkollegen – das gibt er gerne zu.

Er brauche eine Atmosphäre, in der er sich zu 100 Prozent wohl fühlt. Er hat sie gefunden. In der Saison 2001 gewann er zweimal auf dem Nürburgring – der Bann war gebrochen. Vier Siege in der laufenden Saison und der frühe Titelgewinn – Siegeswille und Motivation sind in jeder Sekunde spürbar.

Doch es gibt einen anderen Laurent Aiello, einen ohne gelben Overall und silber-schwarzen Helm, ohne konzentrierte Anspannung, hundertprozentige Konzentration und in jedem Moment angestrebte Perfektion. Wenn er mit seiner bildhübschen Frau Geraldine, seiner Tochter Marie und seinem Sohn Tom am Strand oder auch nur in der Team-Hospitality im Fahrerlager sitzt, dann taucht er ab in eine andere Welt.

In der gibt es keine Sektorenzeiten, keine Suche nach Topspeed oder Abtrieb, keine noch bessere Fahrwerksabstimmung. Es gibt nur seine Familie. Bei ihr tankt er Kraft, hier findet er selbst am hektischsten Rennwochenende eine Ruhe-Insel. Er kann sich darauf verlassen. Seit vielen Jahren hat Geraldine nur ein Rennen ihres Mannes verpasst: Blondschopf Tom wurde geboren, das ist wohl in Ordnung.

Am 29. September 2002, um 16.38 Uhr, ist Laurent Aiello am Ziel seiner Träume. Er hat hart dafür gearbeitet. Natürlich ist jeder Titel etwas Besonderes, kein Fahrer möchte sich festlegen. Aber von ganz unten nach ganz oben zu kommen, das sei mit Worten nicht so leicht zu beschreiben, gibt der Abt Pilot zu. Ob er jetzt ein perfekter Fahrer sei, fragt ein Reporter den neuen DTM-Champion.

Und plötzlich huscht es wieder in Aiellos Gesicht, das verlegene Lächeln. Natürlich nicht, beteuert er dann. Er könne noch so viel lernen, sagt er. Von seinen Teamkollegen, von seinem größten Konkurrenten Bernd Schneider. Und auf den Wellen sowieso. Champions mögen keine großen Worte.

Einen Rennbericht von Zandvoort finden Sie in der rechten Navigation!

Steckbrief Laurent Aiello

Geburtsdatum: 23. Mai 1969
Geburtsort: Fontenay-aux-Roses (F)
Wohnort: Paris und Cap Ferret (F)
Größe: 1,68 m
Gewicht: 61 kg
Familienstand: verheiratet mit Geraldine, 1 Tochter (Marie), 1 Sohn (Tom)
Hobbies: Musik, Golf, Jetski, Wellenreiten
Lieblingsmusik: Musik aus den sechziger Jahren

Auszüge aus seiner Karriere

1983 1. Platz Französische Kart-Meisterschaft
1985 1. Platz Französische Kart-Meisterschaft
1989 1. Platz Französische Formel 3 B-Meisterschaft
1992 1. Platz Französische Formel 3000-Meisterschaft
1994 1. Platz Französische Super-Tourenwagen-Meisterschaft
1995 3. Platz Französische Super-Tourenwagen-Meisterschaft
1996 3. Platz ADAC-STW-Cup
1997 1. Platz ADAC-STW-Cup
1998 2. Platz Deutsche Super-Tourenwagen-Meisterschaft
1. Platz 24 Stunden von Le Mans
1999 1. Platz Britische Tourenwagen-Meisterschaft
4. Platz 24 Stunden von Le Mans (Audi R8R)
2000 Deutsche Tourenwagen-Masters (Abt-Audi TT-R)
2. Platz 24 Stunden von Le Mans (Audi R8)
2001 5. Platz Deutsche Tourenwagen Masters (Abt-Audi TT-R)
2. Platz 24 Stunden von Le Mans (Infineon Audi R8)
1. Platz 12 Stunden von Sebring (Infineon Audi R8)
2002 1. Platz Deutsche Tourenwagen Masters (Abt-Audi TT-R)

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