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Der Vizemeister wäre sein Karrierehighlight

Nach dem Tod des Vaters Racing-Verbot, doch mit 18 steigt er ein. Ins Rallyeauto findet er erst nach dem Ende seiner Rundstrecken-Karriere. Mario Saibel im motorline.cc-Portrait.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Daniel Fessl/motorline.cc

Mario Saibel hat die süß-säuerliche Motorsportluft schon als Kind eingeatmet: „Mein Vater Josef war ein erfolgreicher Rennfahrer, er war unter anderem Staatsmeister auf der Rundstrecke - ich war natürlich bei den Rennen mit dabei, auf dem Salzburgring, auf dem Österreichring und so weiter.“

Doch dann verunglückt Josef Saibel auf dem Weg zu einem Rennen tödlich, mit erst zehn Jahren muss Mario den Tod seines Vaters wegstecken – dazu kommt ein von der Mutter verhängtes Motorsportverbot: „Motocross hab ich schon noch fahren dürfen, aber sonst war Motorsport kein Thema mehr.“ Parallelen zur Karriere des Bruno Senna – auch er durfte nach dem Tod seines Onkels Ayrton nicht mehr rennfahren…

Doch so wie Bruno Senna nicht davon loskam, hat sich das Motorsportvirus auch im Körper des heranwachsenden Mario Saibel erfolgreich eingenistet. Mario sagt: „Du kannst gar nicht anders - wenn deine Eltern Motorsport betrieben haben, wirst du selbst auch infiziert.“

Einstieg mit 18

Mit 18 Jahren hat das Motorsportverbot seiner Mutter keine Gültigkeit mehr und Saibel steigt in den Kartsport ein. Er sagt dazu: „Mein erster Zugang war natürlich die Rundstrecke, ich hatte damals mit Rallye überhaupt nichts am Hut.“

Schon ein Jahr später stellen sich Erfolge ein – 1996 wird Saibel im Kart Vizestaatsmeister der Formel A. „Ernsthafte Ambitionen in Richtung Formel 1 hatte ich nicht – aber was mir schon vorschwebte, war mit Motorsport Geld zu verdienen“, blickt Saibel zurück. So steigt er 1997 in den Formelrennsport ein, in der Formel König kann er den vierten Gesamtrang belegen.

Harte Arbeit als “Wochenendlangfinger“

Mit welchem Geld hat der HTL-Schüler (Maschinenbau am TGM, wo einst auch Jo Gartner seine Ausbildung absolviert hat) seine Rundstreckeneinsätze finanzieren können? Die Familie Saibel betreibt in Wien eine Schlosserei mit Schwerpunkt Sicherheitstechnik. Der junge Mario Saibel verdient sein Geld quasi als rettender „Langfinger“ für Menschen in Not, er arbeitet an den rennfreien Wochenenden für den elterlichen Betrieb im Aufsperrdienst. Für den Sport verzichtet Saibel auf vieles, arbeitet quasi rund um die Uhr – für den Betrieb und für die Schule.

Saibel erinnert sich: „Ein Wochenende bin ich Rennen gefahren, das nächste Wochenende habe ich im Aufsperrdienst gearbeitet – neben der Schule war das relativ hart.“ Dazu kommt: „Es hat sich bald heraus kristallisiert, dass einem im Formelsport recht schnell das Geld ausgeht. Nach der Formel König war das Kapitel Motorsport für mich abgeschlossen.“ Für Saibel zählt nur noch der Job, der elterliche Betrieb.

“Das könnte etwas werden“

Erst 2002 setzt sich wieder das Motorsportvirus durch: „Ein Freund von mir hatte in seiner Werkstatt die Rallyebilder rumhängen und er hat auch immer an Rallyeautos geschraubt – da habe ich ihn gefragt, ob er mir einmal so ein Auto borgt.“

„Und so hat er mir seinen gelben VW Golf geborgt. Mit dem bin ich die Herbstrallye gefahren – da ist dann gleich das Schaltseil gerissen und alles Mögliche ist passiert. Dann hab ich mir einen gebrauchten Golf gekauft – und bei der Waldviertel-Rallye haben dann auch die Zeiten schon gepasst, da war ich bereits schneller als der Christoph Weber im Gruppe A-Golf. Da habe ich mir gedacht: Das könnte vielleicht etwas werden.“

Lernen vom Seriensieger

Eine Saison bestreitet Saibel mit dem Golf, im Jahr 2004 wechselt er auf Mitsubishi – auf jene Marke also, der er bis heute treu geblieben ist. „Damals war es ein gebrauchter Evo V. Doch der war technisch eine Leiche - so habe ich beschlossen, zu BRR zu gehen und das Ganze auf eine professionelle Ebene zu stellen.“

Als Pilot des BRR-Teams reift Saibel zu einem Rallyeprofi – sicher auch deshalb, weil er von einem Ausnahmekönner wie Raimund Baumschlager lernen konnte…

MCC & der geplatzte Aigner-Coup

Doch dann, im Jahr 2009 wird Saibel flügge – gemeinsam mit Martin Lattner plant er zunächst ein Projekt mit der Marke Renault. „Aber ein paar Wochen später hat sich die Möglichkeit ergeben, dass wir die Ralliart-Vertretung übernehmen können. Der Jörg Rigger hat uns dann überzeugt, die Renault Clio-Sache nicht zu machen und stattdessen eben die Ralliart-Vertretung zu übernehmen.“ So entstand das Motorsport Competence Center, als dessen Geschäftsführer Mario Saibel tätig ist.

Für 2010 wird der große Coup vorgestellt: PWRC-Weltmeister Andi Aigner wird engagiert, er soll mit einem Mitsubishi Evo X den Seriensieger Raimund Baumschlager stoppen. Vertragliche Divergenzen jedoch sorgen dafür, dass das ehrgeizige Projekt frühzeitig sein Ende findet.

Saibel bedauert: „Es ist schade, denn der Andi ist ein begnadeter Autofahrer – ich weiß gar nicht, ob er selber überhaupt weiß, welch unfassbare Gabe ihm da in die Wiege gelegt wurde. Leider sind eben andere Dinge auch wichtig, um ein solches Projekt erfolgreich zu machen.“

Wie verbringt Mario Saibel seine rallyefreien Tage? Der Wiener erklärt: „Tagsüber bin ich in meinem Betrieb beschäftigt. Bei MCC bin ich ja nicht im operativen Geschäft tätig, wobei ich bei den wichtigen Entscheidungen natürlich beteiligt bin.“

“Bitte anspruchsvollere Rallyes“

Eines liegt Mario Saibel ganz besonders am Herzen: „Ich würde mir wünschen, dass wir in Österreich wieder Rallyes bekommen, die anspruchsvoller sind. Dass eine Steiermark-Rallye ein ÖM-Lauf sein kann, das ist einfach ein Witz, das ist nicht akzeptabel. Dreimal über den Rundkurs Hall, dreimal über den Rundkurs Treglwang und so weiter – das ist für mich ein Challenge-Lauf.“

„Ich verstehe schon, dass die Veranstalter ihre finanziellen Probleme haben – aber es wäre ganz allgemein schön, wenn die Rallyes wieder anspruchsvoller werden würden.“

Außenseiterchancen

Am kommenden Wochenende könnten Mario Saibel und seine Co-Pilotin Ursula Mayrhofer den Vizestaatsmeistertitel erringen, was die Krönung seiner bisherigen Rallyelaufbahn wäre – als Pilot seines MCC-Teams, als "rasender Geschäftsführer" also....

Doch Saibel hat im Gegensatz zu Beppo Harrach nur Außenseiterchancen – wie auch Andreas Waldherr muss Saibel ein Streichresultat „opfern“, während Harrach eine Nullrunde am Konto hat und quasi voll punkten kann.

Saibel sagt: „Der Vizemeister wäre sicher der Höhepunkt meiner bisherigen Laufbahn, einmal hatte ich ja bereits die Chance auf den Vizemeister, es hat aber nicht geklappt. Es ist auch heuer äußerst unwahrscheinlich, da muss man realistisch bleiben. Auf der anderen Seite gefällt mir das ganz gut, denn ich brauche auf nichts Rücksicht zu nehmen und kann einfach versuchen, dran zu bleiben – man wird dann ja sehen, was am Ende herauskommt.“

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