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Rallye-WM: Finnland

Trotz „Strafzeit-Trick“: Loeb muss weiter „staubsaugen“

Schachspieler werden begeistert sein, Rallyefans eher nicht: Am Ende des zweites Tages ging es an der Spitze nur noch darum, wer gescheiter bremst.

Foto: Citroen Racing

Nach dem zweiten Tag der Rallye Finnland führt wieder Sebastien Loeb knapp vor seinem Citroen-Teamkollegen Sebastien Ogier und Ford-Pilot Jari-Matti Latvala. Doch diese Reihenfolge kam recht turbulent zustande. Denn wenn es um das Taktieren geht, sind die Fahrer und Teams der Rallye-Weltmeisterschaft einfallsreich. Und so verlief die letzte Prüfung dieses Freitags bei der Rallye Finnland etwas chaotisch und für einige Beteiligte ziemlich verwirrend.

Was war geschehen? Vor dieser elften Wertungsprüfung führte Ogier noch mit 1,9 Sekunden Vorsprung auf Loeb. Doch am Start dieser Prüfung kam Loeb eine Minute zu spät zur Zeitkontrolle. Er selbst versicherte in seinem ersten Statement: "Da wurde an der Zeitnahme ein Fehler gemacht." Und er antwortete mit Unschuldsmiene auf die Frage, ob er für die Verspätung die entsprechenden zehn Strafsekunden bekommt: "Nein, ich bekomme keine Strafe."

In der Prüfung selbst gab Loeb ganz normal Gas, ohne taktisch zu bremsen. Auf die Frage der Reporter, warum er nicht vom Gas gegangen ist, wurde der Citroen-Star plötzlich äußerst mürrisch: "Ich kann jetzt nicht sprechen, wir reden später."

Loeb hat doch eine Zehn-Sekunden-Strafe bekommen. Und böse Zungen munkeln nun, dass er diese absichtlich durch Zuspätkommen kassiert hat, um so clever zu taktieren. Denn als Erster auf der Piste konnte er sein Tempo nicht nach den anderen richten. Er wusste, dass seine Verfolger entsprechend vom Gas gehen werden und hinter ihm bleiben, egal wie schnell oder langsam er ist. Da wäre die Zeitstrafe der geeignete Trick: Die Konkurrenz würde sich nach Loebs eigentlicher Zeit richten - und dieser würde danach wegen der Strafe um zehn Sekunden zurückfallen, hinter die anderen.

Doch sollte dies tatsächlich Loebs Plan gewesen sein, ging dieser nicht auf. Denn Ogier wusste schon beim Losfahren um die zu erwartende Strafe für seinen Teamkollegen und korrigierte seine Zielzeit entsprechend um zehn Sekunden nach oben. "Genau. Es war einfach, das anzupassen. Ich wusste es ja schon vor dem Start", bestätigt Ogier. Und so fiel der Citroen-Jungstar wieder um 1,5 Sekunden hinter den Weltmeister zurück und kann morgen als Zweiter auf die Piste gehen, während Loeb - wohl unfreiwillig - einmal mehr den Straßenkehrer spielen darf.

Lachender Dritter dieser Rochade ist allerdings Ford-Pilot Jari-Matti Latvala. Denn sein Rückstand auf die Citroen-Piloten ist plötzlich - ohne dass er sich dafür anstrengen musste - um jene zehn Sekunden geschrumpft. Latvala ist weiter Dritter, liegt aber nur noch 2,6 Sekunden hinter Spitzenreiter Loeb. Und damit hat der junge Finne die optimale Ausgangslage und beste Chancen, morgen seinen zweiten Finnlandsieg in Folge zu holen.

"Die Zeiten haben mich ein bisschen verwirrt. Ich habe auf die Tafel geschaut und bin doch etwas erschrocken", gibt Latvala grinsend zu Protokoll. Und so schien er zunächst nicht genau zu wissen, was er tun soll. Erst auf den letzten Prüfungsmetern legte er eine Vollbremsung hin - und schaffte es so, knapp hinter den beiden Citroen-Piloten zu bleiben.

Sollte Latvala tatsächlich gewinnen, wäre das allerdings besser für Loeb als ein Ogier-Sieg. Denn beim Zieleinlauf Latvala/Ogier/Loeb würde Ogier zwar die WM-Führung übernehmen, hätte aber nur drei Punkte Vorsprung auf Loeb. Sollte Ogier gewinnen, wären es mindestens sieben Punkte Vorsprung. Und so unterstellen andere böse Zungen Loeb, dass er sehr wohl wusste, dass Ogier über seine Zeitstrafe vorher informiert ist, dass er am Ende des Tages wieder an der Spitze liegen würde und damit morgen kaum noch Chancen hätte. Und dass er sich und seinen Teamkollegen absichtlich um zehn Sekunden ausgebremst hat, um Latvalas Siegchancen zu vergrößern. Aber ob Loeb im Cockpit auf dem Weg zu einer Wertungsprüfung aber tatsächlich solche Rechnungen anstellt, das steht auf einem anderen Blatt. Verschwörungstheorien sind schlißelich auch in der WRC beliebt.

Hinter den Top 3 spielte das Taktieren keine Rolle mehr. Citroen-Privatier Petter Solberg ist weiter Vierter, sein Rückstand auf die Spitze beträgt eine knappe halbe Minute. Sein Versuch, heute nach vorn aufzuschließen, scheiterte. "Meine Reifen sind total abgefahren, ich hatte keinen vernünftigen Rhythmus. Aber es ist okay. Ich gebe alles", sagt Solberg.

Eine weitere halbe Minute dahinter folgt Stobart-Pilot Mads Östberg auf dem fünften Rang. "Es war ein guter Tag", bilanziert der Norweger. "Zunächst lief es nicht so, aber dann hatte ich einen Dreher, und das hat mir geholfen. Irgendetwas ist da passiert, denn seitdem läuft es viel besser. Morgen werde ich einen tollen Fight gegen den verrückten Finnen haben, denn der hängt mir im Nacken."

Mit "dem verrückten Finnen" meint Östberg Ford-Werkspilot Mikko Hirvonen. Nachdem er gestern wegen seines frühen Unfalls zwei Minuten verloren hatte, startete Hirvonen heute eine eindrucksvolle Aufholjagd. Als 36. in den Freitag gestartet, holte er fünf Bestzeiten und kletterte im Klassement bis auf den sechsten Platz nach vorn. Auf Östberg fehlen ihm noch 28 Sekunden. "Platz fünf ist mein nächstes Ziel. Das sollte gehen, zumal morgen Prüfungen anstehen, die ich kenne", kündigt Hirvonen an. "Natürlich war ich gestern enttäuscht, aber heute habe ich einfach versucht, so schnell wie möglich zu fahren und immer weiter nach vorn zu kommen. Und jetzt liege ich schon gut in den Punkterängen."

In der letzten Wertungsprüfung des Tages verdrängte Hirvonen noch MINI-Werkspilot Dani Sordo auf den siebten Rang. Dieser hat allerdings auch einen Fehler mit eingebaut, als er zu schnell in eine Kurve ging. Teamkollege Kris Meeke hatte einen soliden Tag und liegt auf Rang acht.

SWRC: Klare Führung für Hänninen

Auf dem neunten Gesamtrang liegt der Führende der SWRC, Juho Hänninen. In der Weltmeisterschaft für S2000-Fahrzeuge führt der Red Bull Skoda-Pilot überlegen mit mehr als einer Minute Vorsprung auf den Tschechen Martin Prokop.

Besonders erfreulich für das österreichische BRR-Team von Raimund Baumschlager: Auch Hermann Gassner junior liegt als Dritter auf Podiumskurs. Allerdings lauern Ott Tänak und der Ungarn Fridges Turan nur wenige Sekunden hinter ihm…

Henning Solberg und Ilka Minor liegen in ihrem Stobart Ford auf dem zehnten Gesamtrang. Teamkollege Matthew Wilson liegt rund zehn Sekunden hinter dem norwegisch österreichischen Duo.


Nach Etappe 2
 1.  Sébastien Loeb      Citroen          1:29:01.3
 2.  Sébastien Ogier     Citroen              + 1.5
 3.  Jari-Matti Latvala  Ford                 + 2.6
 4.  Petter Solberg      PSWRT Citroen     + 29.2
 5.  Mads Östberg        Stobart Ford      + 1:00.1
 6.  Mikko Hirvonen      Ford              + 1:28.7
 7.  Dani Sordo          Mini              + 1:36.2
 8.  Kris Meeke          Mini              + 1:51.0
 9.  Juho Hänninen       RB Skoda S2000    + 2:04.0
10.  H.Solberg/I.Minor   Stobart Ford      + 2:06.1

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