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Erinnerungen eines Sportreporters: Röhrls Ärger – Stohls Premiere!
Fotos: Archiv Rudi Stohl / Buch "Rallye, mein Abenteuer"

Röhrls Ärger – Stohls Premiere!

Bei der Safari-Rallye 1982 trafen einmal mehr Walter Röhrl als Werkspilot und Rudi Stohl als Underdog aufeinander und landeten just auch im selben Schlammloch...

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

Die Bilder stammen aus dem Archiv von Rudi Stohl und wurden auch im Buch "Rallye, mein Abenteuer – PS-Spaß auf fünf Kontinenten" veröffentlicht, das von Chris Wikus geschrieben wurde und im Verlag Wolfgang Drabesch erschienen ist. Neu ist es nicht mehr erhältlich, gebrauchte Exemplare sind aber noch im Umlauf.

Die Liebe von Walter Röhrl zur Safarirallye ist auch heute noch so groß wie zu Pest oder Corona. Aber Audi war 1982 der Safari noch fern geblieben, man hatte Null Erfahrung, fürchtete die Hitze und vertraute für die komplette WM-Saison auf die Überlegenheit des Quattro – wenn da nicht „der Lange“ gewesen wäre. Röhrl flog zwar widerwillig nach Nairobi, fuhr vor seinem dritten Start in Kenia nur einmal die Route ab, Details gab es vom Teamkollegen „Professor Aaltonen“, der seine 18. Safari in Angriff nahm.

Den beiden Werkspiloten im Opel-Rothmans-Team stand eine ganze Armada von Nissan-Werkspiloten gegenüber: zu den Standardfahrern Mehta und Kirkland gesellten sich noch Timo Salonen, der drei Jahre später gar Weltmeister werden sollte, Englands Tony Pond, der Japaner Iwashita der seine 7. Safari bestritt und die so erfahrenen Einheimischen Shaw und Hellier. Ferner der legendäre Sandro Munari im Porsche 911 SC und noch einige weitere Piloten die Land und Leute bestens kannten.

Nach den Erfahrungen im Jahr zuvor mit Franz Wittmann war Rudi Stohl hoffnungsvoll nach Kenia gekommen. Die Lada war perfekt vorbereitet (was bei Rudi nicht immer der Fall war), mit Reinhard Kaufmann zwar einen etwas schrulligen, aber doch erfahrenen Co-Piloten im Auto und vier tolle Mechaniker, die nicht nur wegen dem Abenteuer Safari gerne und preisgünstig mitgeflogen waren. Der Einheimische Prem Choda, mit dem man eineinhalb Jahre zuvor in Indien Freundschaft geschlossen hatte, gab eine Hotelempfehlung und auch die Deutschen Siller/Schuller (Sie wissen noch, die Beiden von der Himalayarallye 1980) waren samt Crew im neuen drei Sterne-Hotel namens „Jacaranda“ eingezogen.

Diese Nachricht ging wie ein Lauffeuer durch Westlands, dem Außenbezirk von Nairobi, rund 10 km vom Zentrum der Landeshauptstadt entfernt. Seltsamerweise aber nur beim weiblichen Geschlecht zwischen 17 und 25, welches in der Folge tagtäglich ab 17 Uhr an der Bar anzutreffen waren. Aids war noch jahrelang von uns entfernt, Rallyemechaniker sind bekanntlich ein geselliges Volk, - aber vorher gab es noch Wichtigeres zu tun. Nissan hatte tatsächlich nicht nur 12 Serviceautos disponiert, auch sogenannte „Mud-Cars“ also allradgetriebene Jeeps mit perfekter Abschleppvorrichtung um bei überschwemmten Straßen helfen zu können.

Zuzüglich fünf sogenannte „Chasecars“ die permanent nach Mehta und Kirkland fuhren um im Ernstfall mit Ersatzteilen, Öl oder auch Wasser aushelfen zu können, dazu noch ein Flugzeug als Relaisstation für den Funkverkehr. Stohl hatte vier Mechaniker mit zwei Serviceautos und viel Optimismus mitgebracht. Vor dem Kenyatta Conference Center nahmen 73 Teilnehmer Aufstellung und zu diesem Zeitpunkt hoffte jeder Einzelne, nicht ausfallen zu müssen.

Im Abstand von drei Minuten wurde gestartet, erneut ging es auf der ersten Etappe Richtung Süden nach Mombasa und weil Stohl erst mit Startnummer 23 unterwegs war, fuhren wir unmittelbar nach Shekar Mehta zur 3. Zeitkontrolle Richtung Kajado. Diesmal war ein ORF-Kameramann alleine in einem Suzuki 4x4 unterwegs, während ich auch noch einen Tonmeister samt Kameramann an Bord eines Isuzu Trooper hatte. Ich musste auf Helmut Deimel verzichten, hauseigene Teams hatten ein Anrecht auf derartige Dienstreisen und damals hatten diese gleichfalls hohe Qualität.

Bei diversen Testfahrten vor dem Start der Rallye wurde bereits mitgedreht und so gab es also auch vom Duo Stohl/Kaufmann tolle Aufnahmen. Ich hoffte aber in erster Linie doch auf Bilder im Bewerb. Nach mehr als 200 Kilometern gab es die erste Möglichkeit die Action zu filmen. Mehta war natürlich voran, bei Röhrl hatten wir den Eindruck als würde er ein wenig trödeln und es gab auch schon die ersten Ausfälle. Stohl kam bereits als 18. Auto und eine Platzierung zu berechnen war äußerst schwierig. Man musste die Startreihenfolge berücksichtigen, den Drei-Minuten-Startintervall und auch den Abstand zu den Teilnehmern.

Gleich wie, 180 Kilometer später hatten wir wieder die Möglichkeit alle Fahrer inklusive dem Lada-Piloten zu filmen und in Mombasa, bei der Zwangsrast nach fast 800 km lag Rudi komfortabel auf Rang 13. Walter Röhrl murrte zwar „Mia tan nua des Zuig kaputt mochn, waun ma üba soiche Stoana foarn“, aber sein Ascona war unbeschadet geblieben und der 3. Zwischenrang gab seiner Taktik recht. Nach 1.300 Kilometern nahe der Taita Hills fehlte Sandro Munari nach technischem KO im Porsche, während Vic Elford bei strömendem Regen gar nach Unfall aufgeben musste.

Aaltonen führte nun vor Röhrl – Mehta nach Problemen mit der Hinterachse nur auf Rang Sieben, doch schon 200 Kilometer später war alles wieder ganz anders. Der Tross näherte sich Sultan Hamud wo sich in einem riesigen Schlammloch wahre Dramen abspielen sollten. Röhrl steckte bis zur Bodenplatte im Schlamm, neben ihm Tony Pond im Datsun Violet, knapp dahinter Teamkollege Timo Salonen und Rob Collinge im Range Rover, auch die Deutschen Siller/Schuller nahmen im Schlamm unfreiwillig Platz. Die Co-Piloten der Profis brüllten Funksprüche in die Nacht – nur von Mehta und Aaltonen war nichts zu sehen.

Röhrl fluchte, er steckte schon eine knappe Stunde im Morast, als die ersten „ Mud-Cars“ eintrafen. Seile wurden geworfen, auch Nissan hatte bereits Hilfe vor Ort als sich Rudi Stohl in angemessener Eile nähert. Ein rascher Überblick, rechts eine Lücke, die 140 PS in der Lada brüllen auf – und Stohl landete unmittelbar neben Salonen im tiefen Morast. Der Finne nickte ihm gnädig zu, hing zwar bereits am Seil, aber kam nicht von der Stelle. Vorne war Röhrl endlich frei, dann hatte auch Pond wieder Grip, Salonen rauchte bereits die vierte Zigarette – keine Chance als sich Stohl mit einem Prügel Holz näherte und dem Nissan unterlegte.

Die Co-Piloten Harjanne und Kaufmann schoben, Stohl enterte das Heck und endlich war auch Salonen aus dem Dreck. Der Datsun wurde vom Haken genommen, Harjanne bestieg die Beifahrerseite, Salonen brüllte seiner Crew noch zu: „Help this crazy Austrian“ – und ab Richtung Hauptstadt. Bei Sonnenaufgang, fast vierzig Minuten später war auch Stohl wieder frei und die Crew von Nissan versprach ihm ab sofort ewige Hilfe. Die Lada wurde noch hochgehoben und von der Bodenplatte und allen Radkästen fast 70 Kilo feuchte Erde gekratzt ehe Stohl weiterkonnte.

Zu diesem Zeitpunkt fuhr ein schäumender Röhrl bereits auf der Mombasa-Road Richtung Nairobi „Die Schweinsaugn hobn des Schlammloch kennt, di sein gaunz wo aunders gforn und mia Deppn haum a Stund valorn“. Der schlaue Mehta und der schweigsame Aaltonen erholten sich längst von den Strapazen der ersten Schleife – doch Röhrls Ärger sollte noch grösser werden ...

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