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Erinnerungen eines Sportreporters: Wenn der Zufall zum Glücksfall wird
Fotos: Peter Klein & Rudi Stohl privat

Hongkong-Peking: Wenn der Zufall zum Glücksfall wird

Durch einen glücklichen Zufall zog Rudi Stohl einen Sponsor-Deal an Land, der es ihm erlaubte, die Rallye Hongkong-Peking zu bestreiten, Peter Klein war dabei.

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

Mitte der 80er Jahre – als sich die Rallyeerfolge österreichischer Piloten häuften, als die Industrie sich in diesem Sport mehr engagierte als je zuvor, als die größten Tageszeitungen Berichte und vor allem Fotos brachten und der „Sport am Montag“ immer mehr als eine Million Zuseher hatte und gleichfalls regelmäßig Rallyesport brachte – begann sich das „Rallyemilieu“ zu verändern. Das kollegiale, ja eigentlich freundliche miteinander wurde sparsamer, die gegenseitige Hilfeleistung seltener. Dafür häuften sich manch üble Gerüchte über diesen und jenen, auch über den Schreiber dieser Zeilen. Aber noch war alles erträglich und schön und manchmal sorgte der Zufall für einen Glücksfall.

Rudi Stohl hatte in Griechenland nach fast zweijähriger Pause seinen Audi 80 Quattro an den Start gebracht und prompt einen überlegenen Klassensieg mit dem 11. Gesamtrang gefeiert, was bei Audi natürlich wohlwollend zur Kenntnis genommen wurde. Und als nach der Rallye ein „wichtiger Mann“ des neuen Sponsors HB dringend und sofort zum Flughafen gebracht werden sollte, war es Rudi, der hilfreich zur Stelle war. Zwischen Lagonisi und dem Flughafen in Athen plauderte der gute Mann dankbar mit seinem charismatischen österreichischen Fahrer, lobte seine Erfolge und frug auch nach weiteren Plänen.

„No jo“, sagte Rudi, „in Afrika woa ma scho, a in Indien und Argentinien, jetzt gabat‘s die Rallye Honkong – Peking in drei Monat, oba do brauchat i an uarndlichen Sponsor!“ Vor dem Airport Athen bedankte sich der „Herr Doktor“, überreichte Rudi seine Karte mit den Worten „Sie hören bald von mir.“ Vier Tage später hatte Stohl die Zusage von HB – British American Tobacco und Sponsorgeld für den Einsatz in China. „Was, Honkong – Peking fährt der Stohl? Diese Geschichte wollen wir haben“, sagte ORF - Sendungsboss Sigi Bergmann. Porsche Austria stellte dem ORF-Team vor Ort einen der ersten, allradgetriebenen VW-Busse zur Verfügung (schließlich startete Audi auch mit zwei Quattros A2) und so flogen wir am 10. September 1985 einem neuen, großartigen Abenteuer entgegen – nach Honkong.

Hongkong, der „duftende Hafen“ war damals noch britische Kronkolonie und wurde erst 1997 an die Volksrepublik China übergeben. Der Veranstalter hatte uns in einem kleinen Hotel in der Nathan Road untergebracht, heute ist sie eine wahre Prachtstraße, durchaus vergleichbar mit dem Kurfürstendamm in Berlin oder auch der Champs Elysees in Paris. Nach der Akkreditierung, bei der ich sogar einen chinesischen Führerschein erhielt, blätterte ich im Roadbook, studierte Zeitplan und Landkarte und mir wurde übel. Zwar hatte Rudi Dank seiner Erfolge bereits die Startnummer 10 am Auto, doch nur maximal drei Kameraeinstellungen pro Tag schienen möglich. Wir hatten vorab bereits Stadtbilder gedreht, die Garküchen an jedem zweiten Eck, den Bau von Wolkenkratzern mit einem unfassbaren Gerüst aus Bambus, Victoria Peak und Victoria Harbour mit den unglaublich eleganten Segelschiffen,- aber noch kein sich bewegendes Rallyeauto.

Ich erkundigte mich beim Concierge des Hotels und dieser verriet mir die einzige Möglichkeit, wo man einigermaßen im Renntempo dahineilen konnte: nahe der großen Müllablagerung Honkongs! Gesagt und Stohl überredet, fuhren wir an den Stadtrand und Rudi jagte, samt Co-Pilot Jürgen Bertl, den Audi 80 über Stock und Stein, über Kuppen und riesige Wasserlacken dass es eine Freude war. Mit acht brauchbaren Einstellungen war ich zufrieden, der Audi wurde wieder fein herausgeputzt und wir bereiteten uns auf Sonntag, den folgenden Tag vor, auf 3.600 Kilometer Abenteuer von Hongkong nach Peking. Noch einmal wurden die Pläne kontrolliert, die Liste, wann und wo wir unser Auto auftanken könnten, Lebensmittel und Getränke lagen wohl sortiert im Bus. Die nächste Nächtigung war in Wuhan vorgesehen, Luftlinie gut 920 Kilometer, aber wir hatten viele Etappenkilometer, gesamt fast 1.800 zu bewältigen. Beim letzten Frühstück im Hotel in Hongkong war ich sehr froh, dass wir Aufnahmen vom fahrenden Stohl im Kasten hatten.

Wir drehten nur den Start von Mikkola im Hafen, danach machten wir uns sofort auf den Weg zum Grenzübergang nach China. Mehr als 35 Jahre war diese Grenze für den öffentlichen Verkehr gesperrt, die Menschen nach der Grenze kannten praktisch keinen Pkw, nur Lastkraftwagen waren hier mit Tempo 30 unterwegs. Wir standen am Grenzübergang, ein seltsames Gefühl machte sich breit. Wie wird es sein, was kommt da auf uns zu, wie reagieren die Menschen hier auf schnelle Autos und vor allem, wie ist die Rallye in einem Land mit rund einer Milliarde Einwohner organisiert? Während wir warteten, spielte sich in rund 40 km Entfernung ein kleines Drama ab, Rudis Audi stand am Straßenrand und bewegte sich nicht mehr ...

Wie das Abenteuer weitergeht, erzähle ich euch kommende Woche!

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