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Rallye-Copilot Jürgen Heigl im Corona-Krisenstab
Foto: FIA ERC

Rallye-Copilot Jürgen Heigl im Corona-Krisenstab

Jürgen Heigl ist in seiner Heimat Oberösterreich Teil des Corona-Krisenstabs und spricht im Motorline-Interview über die Herausforderungen dieser Aufgabe. Und: Wann könnte es seiner Meinung nach wieder Rallyes geben?

Noir Trawniczek
Fotos: FIA ERC, Harald Illmer

Jürgen Heigl ist den Rallyefans kein Unbekannter - als Copilot fuhr er bereits an der Seite von Michael Kogler, Achim Mörtl, Raffael Sulzinger, Chris Brugger, Walter Mayer, Max Zellhofer, Gerald Rigler oder auch Julian Wagner - um nur einige zu nennen. Mt Andi Aigner, Yannick Neuville (dem Bruder von Thierry) und Julius Tannert konnte er zudem auch auf der internationalen Rallyebühne glänzen. Nun ist Jürgen Heigl in seiner Heimat Oberösterreich im Corona-Krisenstab vertreten - wir baten ihn zum Interview.

Jürgen, du arbeitest für das Land Oberösterreich und bist Mitglied des Corona-Krisenstabs. Wie bist du zu dieser Aufgabe gekommen?

Ich arbeite für die oberösterreichische Landesregierung, bin normalerweise als Bereichsleiter in der Abteilung Gebäude-und Beschaffungsmanagement bzw. Landesimmobilien GmbH tätig. Im Krisenstab bin ich schon seit zehn Jahren zusätzlich tätig - bislang hatten wir stets meist nur Übungen, die ein paar Mal im Jahr stattfanden.

Habt ihr bei den Übungen jemals eine Pandemie dieser Dimension angenommen?

Nein. Wir haben Standard-Übungen vorgenommen wie zum Beispiel Hochwasser, Schneedruck, Grubenunglück und ähnliches. So ein Szenario, wie wir es jetzt erleben, ist noch nie durchgeplant worden.

Das Corona-Virus tobte zunächst nur in China, doch dann war es plötzlich in Europa - wann wusstest du, dass es ernst wird?

Unser Krisenstab wurde am Mittwoch vor drei Wochen vom Landeshauptmann aktiviert - doch schon am Montag davor hat mich das Büro des Landeshauptmanns damit beauftragt, Absonderungsquartiere für leichte Quarantänefälle zu organisieren. Schon da war für mich klar, dass es nun ernst wird.

Als Rallye-Copilot musst du auch den Ablauf innehaben und im Vorfeld Organisationsarbeit leisten - in wie fern hat dir die Erfahrung aus dem Rallyesport bei deiner Arbeit im Krisenstab geholfen?

Die Erfahrungen aus dem Sport haben sich bereits als ziemlich hilfreich erwiesen. Denn in diesem Hochleistungssport musst du ebenfalls unter Druck und Stress arbeiten können. In einem gewissen Sinn ist es sehr ähnlich: Du musst in der Lage sein, auch unter Zeitdruck Entscheidungen treffen zu können.

Du bist als bekannter Copilot natürlich auch in den sozialen Medien präsent - dort werden derzeit auch Beiträge von diversen „Experten“ geteilt, welche einerseits das Corona-Virus wie einen „Schnupfen“ darstellen, die restriktiven Maßnahmen zur Einschränkung des Virus in Frage stellen und stattdessen auf die sogenannte Herdenimmunität verweisen - war diese doch umstrittene Strategie ein Thema bei euch?

Ich muss dazu einmal ausführen, dass ein Krisenstab sich aus dem eigentlichen Stab und einem Fachstab zusammensetzt - in diesem Fall ein medizinischer Fachstab, der aus Ärzten, Virologen und dergleichen besteht. Über das alleinige Setzen auf die Herdenimmunität ist meines Wissens nach bei uns nicht diskutiert worden. Wenn du das liest, denkst du: ‚Wahnsinn!‘ Dass also ein Entscheidungsträger darüber spekuliert, viele Tote in Kauf zu nehmen - das geht einfach nicht, das ist moralisch ganz einfach nicht vertretbar.

Derzeit wird viel über Schutzmasken gesprochen. Wo kommen die Materialien her?.

Wir bestellen auf den Weltmärkten, aber man muss auch sagen, dass wir in Oberösterreich sehr viel Bereitschaft zur Eigeninitiative haben und wir so in vielen Bereichen in Richtung Selbstproduktion gehen können. Oberösterreichische Firmen wie der bekannte Sportbekleidungshersteller Löffler nähen etwa Masken andere wiederrum Schutzkleidung. Nur, um sich den Bedarf besser vorstellen zu können

Wie viele Menschen arbeiten in deinem Stab?

In meinem Bereich sind es mittlerweile über 30 Leute pro Tag, das ist natürlich eine große Challenge - wir haben jeden Tag am Mittags eine große Lagebesprechung und dann wurde bis zum Abend gearbeitet. Da ist es wichtig, dass jeder im Stab ganz genau weiß, was er zu tun hat.

Viele Copiloten verrichten auch für das gesamte Team die Planungsarbeiten, nicht selten wird für jedes Teammitglied eine eigene Mappe angelegt. Zudem hast du ja auch schon Erfahrung als Einsatzleiter respektive Teamchef, nicht wahr?

Ja, beispielsweis bei STARD dem Rennstall von Manfred Stohl habe ich unter anderen bereits diese Aufgabe absolvieren dürfen. Es hat natürlich viel damit zu tun, dass du vorausblickend Organisationsarbeit verrichten musst - je genauer die Planung durchgeführt wird, desto weniger unliebsame Überraschungen wirst du an dem jeweiligen Rennwochenende erleben. Die Arbeit für STARD wäre auch für die heurige Saison geplant gewesen...

Gutes Stichwort. Natürlich hoffen die Rallye- und Motorsportfans auf einen baldigen Restart des öffentlichen Lebens - doch so wie ich Bundeskanzler Kurz verstanden habe, werden die Auflockerungen, unabhängig davon, ab wann diese möglich erscheinen, langsam und schrittweise vorgenommen. Ist die Interpretation richtig, dass Veranstaltungen eher am Ende einer solchen schrittweisen Vorgehensweise stehen werden?

Natürlich kann ich gut verstehen, dass sich viele ein Ende der Maßnahmen wünschen und auch ich wünsche mir, dass es möglichst bald wieder losgeht mit unserem Sport. Ich habe diesen Aspekt auch stets im Augenwinkel - doch die letzten Tage habe ich ganz ehrlich nicht mehr daran gedacht. Es gab einfach viel zu tun und wir befinden uns gerade in einer entscheidenden Phase, müssen aber erst abwarten, bis wir jene Zahlen erhalten, die uns zeigen, wie gut die Maßnahmen tatsächlich gegriffen haben. Zu deiner Interpretation: Ich denke auch, dass es ein langsames Wiederhochfahren wird. Jetzt gilt es die Maßnahmen konsequent einzuhalten, um sich selbst und andere zu schützen.

Was die heimische Rallyeszene anbelangt, haben sich die Veranstalter der Rallye St. Veit (5. und 6. Juni) bis nach Ostern die Option offen gehalten, eine Entscheidung zu treffen - in der Staatsmeisterschaft hoffen viele auf die Rallye Weiz Mitte Juli. Wie schätzt du die Lage ein?

Was die Rallye St. Veit anbelangt, kann ich mir leider nicht wirklich vorstellen, dass sich das noch ausgehen kann beziehungsweise die örtliche Bezirkshauptmannschaft diese Veranstaltung heuer bewilligen wird - ganz einfach weil das Zeitfenster bis zur geplanten Veranstaltung sehr klein ist. Erst nach Ostern werden wir wissen, welche Schritte die Bundesregierung für die Zeit danach setzen wird. Entscheidend wird sein, ob wir die Kurve der Infizierten ausreichend flach halten können und auch die Tests, die nun vermehrt durchgeführt werden, sind von großer Bedeutung, da sie uns viel genauere Daten liefern werden. So sollen uns die Tests auch Auskunft darüber geben, wie hoch die Immunität der Bevölkerung einzuschätzen ist. All diese Faktoren werden eine wichtige Rolle bei der Festlegung weiterer Schritte spielen.

Du hast jetzt zumindest bei der Rallye Weiz keine grundlegenden Zweifel angemeldet - kann man das so auffassen, dass du ein Comeback des heimischen Rallyesports Mitte Juli zumindest nicht für unmöglich erachtest?

Ich versuche immer, die Lage positiv zu sehen - und der Juli ist schon noch ein Stück weit entfernt. Somit ist es zumindest nicht völlig unrealistisch, wenn man in diese Richtung hofft. Doch wie gesagt: Keiner von uns kann es zu diesem Zeitpunkt wirklich konkret sagen - hier müssen wir ganz einfach noch ein Bisschen Geduld aufbringen und auch die nötige Disziplin beim weiteren Einhalten der Einschränkungen. Die Gesundheit geht vor, der Rest wird sich dann von selbst ergeben.

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