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Erinnerungen eines Sportreporters: Der Gegner hieß Gustavo!
Stohl Privat & Daniel Fessl

Der Gegner hieß Gustavo!

Geburtstage soll man feiern, runde ganz besonders. Und wir tun das freilich auf unsere Art. Also Happy Birthday lieber Manfred Stohl und alles Gute zum 50er! Wir nehmen diesen Geburtstag zum Anlass, um Peter Klein einen besonders schönen Blick in die Vergangenheit des heimischen Rally-Asses werfen zu lassen.

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

Er hatte schon über 80 internationale Rallyes bestritten, als Manfred Stohl seinen ersten WM-Lauf hinter sich gebracht hatte. Gustavo Trelles aus Uruguay, knapp 18 Jahre älter als der Jungspund aus Wien und mit allen Wassern gewaschen. Seine sportliche Biografie beginnt mit 21 Jahren in Montevideo und einem Fiat - im zarten Alter von 69 Jahren wurde er im vergangenen Oktober noch Vierter bei den Legends in San Marino. Dazwischen liegen 200 Rallyes auf der ganzen Welt, teilweise als Werksfahrer bei Lancia und im legendären italienischen Jolly-Club. Schon 1996 war der Mistubishi EVO III in aller Munde, ein robustes Fahrzeug mit 270 serienmäßigen PS – und Trelles fuhr schon in diesem Jahr damit acht WM-Läufe.

Der am Beginn seiner Karriere hochgepriesene "Stern am österreichischen Rallyehimmel" musste nach ein paar Jahren erkennen, dass der "Stern" nicht mehr so glänzte, aber auch, dass sein Audi Quattro Coupe S2 zwar "ein Panzer" – aber nicht mehr konkurrenzfähig war. 1997 war der Mitsubishi das modernste, aber auch ein Gruppe N Auto, welches dem Budget entsprochen hatte. In einer kleinen, feinen Werkstatt im südlichen Niederösterreich wurde noch gehämmert, geschraubt und geschweißt als Manfred im Lancer von Mitsubishi Ralliart Germany in Monte Carlo an den Start ging. "I muass unta die easchtn Drei" machte sich Manfred selbst enormen Druck. Und zahlte einmal mehr Lehrgeld. Trelles hatte fast immer die bessere Reifenwahl, aber auch Gummis, auf die Stohl keinen Zugriff hatte. Im Ziel zwar tatsächlich Dritter bei den seriennahen Autos und gesamt 13. – aber zwei Minuten Rückstand auf Gustavo taten weh.

Ich sitze bei Manfred im Büro und will wissen: Was war das Besondere an Trelles ? "Der Oide hot jeden Schmäh drauf ghobt, immea die beste Abstimmung, imma die bestn Radln. Amoi bin i an Tog long vuan Gustavo gstartet und mia hom im Zü jeda SP auf eam gwortet und die Zeit vaglichn. Normal foat ma midn volln Hamma durchs Zü und roillt dann 300 – 500 Meta bis zum Stop . Mia hobn imma glaubt, mia sand schnölla, um 10, 12, jo sogoa 15 Sekunden. Am Obend hob i ma denkt, i bin fost a Minutn vua eam. Dabei is da Gustavo noch da Zütafel voi in die Bremsn und is longsam aussegrollt. So hot ea uns glegt und woa am Obend 50 Sekundn vuan!“

Im deutschen Team fuhren Stohl/Müller ihre erste Schwedenrallye, ("Oida, du foast mid 180 auf Eis duachn Woid. Links Bam – rechts Bam – do bist putzmunta") holten als Sechste ein paar WM-Punkte, aber keine Lorbeer. Die gab es dann aber in Portugal auf Schotter – und hier wurden erstmals nicht nur ausländische Journalisten, sondern auch die Bosse der Werkteams auf "the Austrians" aufmerksam. Nicht weil Peter Müller in der Servicezone auf seine geliebten "Töffler" Marke Ikea nicht verzichten wollte, sondern weil "Car Number 25 very fast" war. Gesamt 10. auf der ersten Sonderprüfung und klare Bestzeit in der serienmäßigen Gruppe N. Es war ein erbitterter Zweikampf zwischen Trelles und Stohl über 30 Sonderprüfungen, 418 km und im Ziel war der Mann aus Montevideo zehn Sekunden vor Stohl Sieger in der Gruppe N. An diesem Tag adelte Gustavo seinen österreichischen Gegner mit den Worten: "Stohlito, you`re a great driver" und dieser Spitzname sollte Manfred mehr als zwei Jahrzehnte bleiben. Erst 1998 konnte Manfred erstmals seinen großen Kontrahenten direkt bezwingen – ausgerechnet auf Asphalt in Korsika! Nach Monte Carlo, wo Trelles von der Straße geflogen war, holten sich Stohl/Müller den zweiten WM-Sieg der Saison und belegten am Ende des Jahres Rang Zwei in der Gruppe N – WM. Ein Jahr später das gleiche Endergebnis, weil Stohl dreimal technisch bedingt ausgefallen war. Trelles wurde dennoch gleich dreimal besiegt und als Stohl bei seiner zweiten RAC-Rallye gesamt Zehnter werden konnte, als Sperrer im gleichen Auto und Baumscghlager im VW Kit Car bis zu ihren Ausfällen keine Chance gegen Stohl hatten, als Manfred den letzten Tag mit viertbester Gesamtzeit eröffnete und Werkspiloten wie Kankkunen, Waldfriedson, Rovanperä und Carlos Sainz in Gruppe A-Autos hinter sich lassen konnte stand tags darauf, in der Cheltenham Post zu lesen: "Stohl – a new star is born!"

Tatsächlich war es zum Star aber noch ein weiter Weg, denn 1999 gab es bei 11 WM-Einsätzen gleich drei Unfälle und nach technischen Defekten vier weitere Ausfälle. Dennoch hielt ihm der Hauptsponsor OMV auch weiterhin die Treue, ja man erhöhte sogar das Budget für das Jahr 2000 um Stohl/Müller bei allen WM-Läufen den Start zu ermöglichen. Der Dank für das Vertrauen kam schon bei der „ Monte „ mit einem 9. Gesamtrang und überlegenem Sieg in der Gruppe N – dreieinhalb Minuten vor Trelles. In Schweden Vierter, bei der Safarirallye Dritter, in Portugal Zweiter und damit klar auf Kurs Richtung WM-Titel. In Spanien Rang Drei hinter dem Deutschen Nittel und Trelles. Gustavo gewann in Argentinien, weil Stohl an 2. Stelle liegend, einen technischen Ausfall hatte.

Wir standen in Auckland am Abend vor dem Start in der Lobby des Hotels als Manfred zu mir sagte: “do, in Neuseeland panier is olle her". Doch am Ende der ersten Schleife ist der australische Tausendsassa Cody Crocker 36 Sekunden vorne. „Ka Problem" meint Manfred und hat am Abend des zweiten Tages die Führung in der Grippe N – Trelles schon fast eine Minute zurück. Am letzten Tag schiebt sich das Duo Stohl/Müller erstmals unter die ersten Zehn – am Ende der 7. Gesamtrang – und alle seine Gegner wurden "paniert“. In Finnland und auf Zypern wird die Gesamtführung mit den Plätzen 3 und 4 gut verwaltet und ausgerechnet auf dem korsischen Asphalt der nächste Sieg geholt. "I sog jo, da Manfred is a auf Asphalt sauschnö" meint im Ziel ein begeisterter Co-Pilot Peter Müller, no drei Rennen, daun samma Wödmasta!" Vierter wird Stohl in San Remo und Dritter in Australien wo Gustavo Trelles mit einem Sieg noch einmal aufbegehrt.

Wir flogen am 22. November 2000 nach Cardiff, mein Kamerateam und ich, sowie weitere fünf Zeitungsjournalisten – alle in froher Erwartung. Eigentlich müssten Stohl/Müller nur ins Ziel kommen, ein paar Punkte machen, aber es ist kalt, regnerisch und extrem rutschig, - ein Fall für Stohl? 150 Nennungen, 25 Gruppe A8 Teilnehmer, acht Werke haben ihre Profis geschickt. 17 Sonderprüfungen, 381 km, Nervosität im Team, bei den Mechanikern, Journalisten und auch in mir herrscht Unruhe. Nur Manfred ist gelassen und am Ende des ersten Tages 23. – jedoch hinter 22 Gruppe A-Autos und fast eine Minute vor dem nun doch schon verzweifelten Gustavo Trelles. Nach dem zweiten Tag sind die beiden Österreicher bereits 19. Und führen bei den seriennahen Autos der Gruppe N mit sagenhafte 2 Min. 52 – unfassbar! Nur noch drei Prüfungen am letzten Tag und Stohl übt sich in Bescheidenheit, fährt maximal mit 80 %, gewinnt die 56. Rally of Great Britain in der Gruppe N und wird Weltmeister.

"Das ist jetzt mehr als 21 Jahre her, im Jahr 2000 Weltmeister zu werden, was gibt es Schöneres?“, frage ich Manfred in seinem Büro. "Jo, eh" schmunzelt er "oba wia ma in Finnland im Summa, auf da schweastn und vualeztn Sondaprüfung Ouninpohja Bestzeit gfoan sand, olle Gruppe-N Finnen paniert hobn, des woa mei schenstes Geburtstagsgeschenk, des vagiss i nie!"

Apropos Manfred, Du wirst heute 50 – Happy Birthday!

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