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Nehmen Sie Platz im neuen Skoda Fabia R5

motorline.cc saß im brandneuen Skoda Fabia R5 an der Seite von Jan Kopecky. Kann die Erfolgsgeschichte des Fabia S2000 fortgesetzt werden?

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Skoda Auto

Wir verlassen Prag in Richtung Nordosten, nach einer halben Autostunde wird die Natur rau - die Wälder sind plötzlich so wild und verwachsen, wie man es nur aus kitschigen Märchenfilmen kennt, dazwischen unzählige verlassene Fabriken, die allesamt als Kulisse für ein mystisch-verwegenes Musikvideo taugen würden.

Rund 60 Kilometer nordöstlich von Prag erreichen wir schließlich die Kleinstadt Mlada Boleslav. Hier residiert Skoda - im größten Werk des tschechischen Automobilherstellers arbeiten drei Viertel der rund 24.000 Einwohner.

An diesem 15. April hat man Journalisten aus aller Welt auf das firmeneigene Testgelände gelockt – denn an diesem Tag beginnt für Skoda Motorsport eine neue Ära: Der Skoda Fabia R5 wird offiziell vorgestellt.

S2000-Erfolg als Messlatte

Mit dem R5 geht zugleich eine rekordverdächtige Erfolgsphase zu Ende: Das Vorgängermodell, der Skoda Fabia S2000 ist das erfolgreichste Rallyeauto in der 140 Jahre alten Motorsport-Historie der Tschechen - seit seiner Einführung im Jahr 2009 konnten Werks- und Kundenteams insgesamt beinahe 50 nationale und internationale Titel mit dem Zweiliter-Sauger einfahren. Die Latte für den R5 liegt also denkbar hoch…

Wir sprechen mit dem Chef der Motorenentwicklung, Pavel Hlavacek, der auch schon für den S2000-Motor verantwortlich zeichnete. Der Motor ist ganz offensichtlich der größte Unterschied zwischen den beiden Projekten – vom Zweiliter-Sauger zum 1,6 Liter-Turbomotor.

„Seriennähe große Herausforderung“

Doch Hlavacek erklärt, dass darüber hinaus ein weiterer, ein wesentlicher Unterschied in der Entwicklungsarbeit bestand: „Beim S2000-Sauger ging es darum, einen guten Motor zu bauen – beim R5 hingegen ging es darum, mit möglichst seriennahen Bauteilen einen guten Motor zu bauen. Das war eine große Herausforderung.“

Der Hintergrund: Mit der Einführung der R5-Klasse wollte die FIA die Kosten für die zweithöchste Rallye-Kategorie senken, weshalb bei Motor und Chassis möglichst seriennahe Bauteile zum Einsatz kommen müssen. Ein nagelneuer S2000-Bolide hat zwischen 200.000 und 300.000 Euro gekostet, wenn man die mitunter unterschiedlichen Aussagen der letzten Jahre heranzieht - der R5 jedoch darf laut FIA einen Endpreis von 180.000 Euro nicht übersteigen, womit das R5-Reglement eine deutliche Kostensenkung darstellen würde. Allerdings sagen Skeptiker, dass mit den Serienteilen eine kürzere Laufzeit einhergeht und dass so die „Running Costs“ steigen würden, womit man am Ende bei etwa gleich hohen Kosten landen würde...

„Geile Sounds" geschluckt vom Turbo

Wie auch immer: Ein weiterer Unterschied ist hier auf dem Skoda-Testgelände sofort wahrnehmbar – der R5 ist deutlich leiser als der S2000. Pavel Hlavacek lacht: „Das ist ganz normal. Doch auch der 1,6 Liter-Motor hat sehr interessante Sounds, vor allem in den tieferen Frequenzen – doch wir haben einen Turbo und der schluckt naturgemäß diese Sounds. Das Reglement schreibt nun mal einen Turbo vor - wir können nur versuchen, das Beste daraus zu machen. Und ich glaube, dass uns ein guter Motor gelungen ist.“

Skoda-Motorsportdirektor Michal Hrabanek ergänzt: „Der von der FIA vorgeschriebene Turbomotor folgt dem Trend des Downsizing im Motorsport: Weniger Hubraum, aber mehr Leistung bei weniger Verbrauch.“

Rund 10.000 Testkilometer habe man innerhalb eines Jahres mit dem neuen Skoda Fabia R5 absolviert, verrät Hrabanek. Ist das viel? Ist das wenig?

10.000 Testkilometer – viel oder wenig?

Nun, wenn man bei einer ERC-Rallye von durchschnittlichen 200-250 Wertungskilometern ausgeht und man über den Daumen annimmt, ein direkter Konkurrenten von Skoda hätte mit seinem R5 zehn von zwölf ERC-Rallyes absolviert, kommt man auf 2.000 bis 2.500 Wertungskilometer im Rahmen einer ERC-Saison. Somit wären die 10.000 Testkilometer eine viermal so hohe Distanz im Vergleich zu einer ERC-Saison. Freilich wird in der Praxis neben den Rallyes auch noch getestet. Und freilich sind es beim Einsatz zweier Autos bereits rund 5.000 SP-Kilometer in einer ERC-Saison. Wie auch immer: Die absolvierten 10.000 Testkilometer des Skoda Fabia R5 sind in punkto Standfestigkeit und Performance vielversprechend.

Als Testpiloten fungierten zudem sowohl anerkannte Größen als auch Jungtalente. In den R5-„Zebras“ saßen Jan Kopecky, Esapekka Lappi, Freddy Loix, Pontus Tidemand und natürlich Raimund Baumschlager. Hrabanek nickt: „Raimunds Aussagen waren für unsere Ingenieure wegen seiner langjährigen Erfahrung extrem wichtig.“

Österreich-Debüt im Wechselland

Der Skoda Fabia R5 erlebt schon am kommenden Wochenende im Rahmen der tschechischen Rallye Sumava Klatovy sein offizielles Wettbewerbsdebüt – eine Woche später feiert der neue Bolide in Österreich seine Rallye-Premiere: Raimund Baumschlager zündet bei der Wechselland-Rallye den Skoda Fabia R5.

Wir hingegen dürfen schon heute im Skoda Fabia R5 Platz nehmen – auf einem Monitor wird wie auf einem Flughafen angezeigt, wann welcher Kollege in welchem Auto (Kopecky oder Lappi) an der Reihe ist. Die Wartezeit verkürzt ein liebevoll zubereitetes Buffet, es gibt sogar eigene „Skoda Fabia R5“-Kekse.

Mitfahrt im „Rallye-Rennkart“

Wir sind an der Reihe. Zeitgerecht schlüpfen wir in den Rennoverall und stülpen den Helm über. Da kommt der grün-weiße Bolide mit Jan Kopecky hinter dem Steuer, der Kollege steigt mit einem Grinsen im Gesicht aus dem Wagen, wir nehmen Platz, werden angegurtet und verkabelt, sodass wir den tschechischen Erfolgsgaranten im Kopfhörer vernehmen: „Hallo, ich bin Jan, alles okay bei dir? Schon einmal in einem Rallyeauto mitgefahren?“ Ich erzähle von den Mitfahrten bei Größen wie Manfred Stohl, Beppo Harrach, Andi Aigner, Armin Schwarz im Baja-Buggy oder Stiq Blomqvist auf Eis – in der Hoffnung, Kopecky ein wenig „anzustacheln“, sodass er möglichst wenig oder vielmehr gar keinen „Schongang“ einlegt.

Wir rollen los, verlassen die Einstiegszone. Jetzt beschleunigt Kopecky den Fabia, es drückt mich in den Sitz – man spürt, dass der Wagen zwar nicht so laut wie sein Vorgänger ist, dafür aber ein deutlich höheres Drehmoment aufweist. Die Asphaltstrecke auf dem Testgelände ist relativ schmal, Kopecky nimmt die leicht geschwungenen Kurven spielerisch mit hohem Tempo, vor der Haarnadel steigt er heftig in die Eisen zugleich zieht er die Handbremse, um den Wagen elegant um die „Ecke“ zu wuchten und sogleich wieder hoch zu schalten. Pamm, pamm, pamm, pamm – sagt das sequentielle Getriebe, und wir freuen uns…

Denn auch als jemand, der nicht jeden Tag in einem Rallyeauto sitzt, spürt man deutlich den Unterschied zu Gruppe N-Modellen von Mitsubishi oder Subaru: Der R5 ist vom Fahrwerk im Vergleich wie ein Rennkart, reagiert viel direkter und lässt sich viel später bremsen, um dabei mehr Speed in die Kurven mitzunehmen. So ist es nach wenigen Kurven einleuchtend, dass bislang fast jeder Mitsubishi- oder Subaru-Pilot, der einen S2000 oder nunmehr R5 testen durfte, von dieser Droge nicht mehr wegkam und wenn, dann nur unter Qualen wieder zurück in den Gruppe N-Wagen wechselte...

Natürlich fährt Kopecky bei einem Medien-Event keine 100 und auch keine 90 Prozent - doch auch die 70 bis 80 reichen aus, um zu spüren ,wie agil diese Fahrzeuge sind. Man hat also die kostspielige S2000-Formel mit der seriennahen Gruppe N-Klasse quasi vermischt, sodass eine günstigere und vom Motorenkonzept her zeitgemäße Variante des „Rallyeauto-Rennkarts“ ermöglicht wurde. So schließt sich auch der Kreis zu den niedrigeren Klassen R3, R2 und R1.

Als wir zum Startplatz zurückkehren, fragt Jan Kopecky, wie es war. Die Antwort kommt intuitiv und lautet: „Es war geil, danke! Nur leider viel zu kurz. Wir können gerne noch zehnmal die Strecke fahren.“ Kopecky lacht, kurzes Shakehands – schon begrüßt er den nächsten Kollegen. Übrigens: Nicht wenige von ihnen sind zuvor noch nie in einem WRC-, einem S2000- oder R5-Boliden mitgefahren…

So konnte Skoda quasi mediale Aufklärungsarbeit leisten – denn es ist wichtig, am eigenen Leib zu spüren, was R5 bedeutet. Auch wenn wir das Brüllen der S2000-Sauger vermissen werden: Mit R5 wurde eine ebenso „fetzige“ Klasse ins Leben gerufen, die schon jetzt deutlich schneller ist.

R5 als echte Kostenbremse?

Wenn es tatsächlich bei den 180.000 Euro Endpreis bleiben sollte, wäre der FIA damit ein Schritt in die richtige Richtung gelungen – zumindest in den Augen jener, welche die grundsätzliche Richtung der FIA, Downsizing und Spritsparen, gutheißen. Allerdings wird der gesamte Klassenaufbau von R1 bis R5 bei Aktiven und Fans keineswegs durch die Bank mit offenen Armen begrüßt.

Kritiker sagen zum einen, dass damit die Kosten immer noch in unerreichbaren Sphären liegen würden. Zudem gibt es hinsichtlich der Attraktivität der serien-orientierten Rallye-Fahrzeuge geteilte Ansichten. Während die Hersteller darauf schwören, dass ein modernes Rennfahrzeug den Fan und potentiellen Käufer an seinen PKW erinnern müsse, wünschen sich andere wiederum massiv aufgepeppte Rallyeboliden mit großen Kühlerschächten und riesigen Spoilern – Rennboliden also im Stile der World Rallycross-Renner, die mit der Serie rein optisch zumindest möglichst wenig gemeinsam haben. Wie auch immer man es betrachten möge, richtig ist sicher der altbekannte Spruch, der da lautet: „Es allen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.“

Der nächste "Kunden-Knüller"?

Wie der Skoda Fabia R5 im sportlichen Wettkampf mit seinen direkten Konkurrenten Ford Fiesta R5, Citroen DS3 R5 und Peugeot 208 T16 R5 abschneiden wird, werden wir bald schon sehen können. Es wäre jedoch nicht verwunderlich, wenn sich auch der Turbo-Fabia wie sein S2000-Vorgänger als ein verlässlicher Garant für Spitzenplätze etablieren würde.

Wie sagte noch Michal Hrabanek? „Der Kundensport ist für uns extrem wichtig. Zum einen, weil die nationalen Meisterschaften die perfekte Plattform für unsere Skoda-Märkte sind – zum anderen, weil gute Erträge aus dem Kundengeschäft dabei mithelfen, die weitere Entwicklung des Skoda Fabia R5 zu finanzieren.“

Ob der Skoda Fabia R5 ein ähnlich erfolgreiches Rallyeauto werden kann, wie es der S2000 vorgezeigt hat, wird sich in den kommenden Monaten weisen – der tschechische Automobilhersteller hat zumindest sämtliche Weichen gestellt, um den Erfolgskurs des Skoda Fabia S2000 auch mit dem neuen Skoda Fabia R5 fahren zu können.

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