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Erinnerungen eines Sportreporters: Die Pflege der Sponsoren
Fotos: Peter Klein & Rudi Stohl privat

Hongkong – Peking: Die Pflege der Sponsoren

Mit neuem Hauptsponsor ausgestattet, nahm Rudi Stohl die Rallye Hongkong-Peking unter die Räder. Kurz nach dem Start folgte das technische KO, was Peter Klein vor Probleme stellte...

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

Da standen wir nun am Grenzübergang zu China, Kameramann Ewald Zechner, Tonmeister Sepp Diettrich , Peter Klein als Redakteur und wussten nicht so recht, was zu tun wäre. Rund um uns nur neugierige Gesichter die vor allem den rallyemäßig beklebten Bus bestaunten. Kein Handy, kein Funk, nur die nachfolgenden Teilnehmer wurden befragt. Kein Stohl, keine Startnummer 10 ward gesehen. Dann endlich, als Startnummer 21 passiert die traurige Botschaft eines Offiziellen: „Sorry, but car number ten is out.“

Was geschehen war erzählte uns später Rudi Stohl: „I foa grod auf die Bruckn aufe und auf amoi steht der Bock. I hob glei gwusst, des is da Motoa. Haubn auf, Deckl obe, de Ventü woan vabogn. Da Jürgen hoit den Vakea auf, Taxi kummt zuwe und da Jürgen foat zruck in die Weakstott. Duat steht da Ersotzmotoa vom Hannu Mikkola, da Jürgen und no ana trogn den Motoa aus, hintn eine ins Taxi auf die weisse Rückbaunk,- da Taxler is vafoilln...“

Und auch Jürgen Bertl, der Mann aus Inglostadt berichtete vom Taxichauffeur, der mit weit aufgerissenen Augen diese Untat miterleben musste und besänftigt werden wollte: „No problem, Sir, I´ll pay for that, but we`re in the rally!“ Gottlob waren es nur weiße Überzüge und mit einer Handvoll Hongkongdollar ließ sich der gute Mann nicht nur besänftigen, er fuhr auch sofort in angemessener Eile zurück, zum Ort des Geschehens.

Rudi hatte inzwischen alles für einen möglichen Umbau vorbereitet aber bald schon war klar, der Motor passt nicht, alles nur ein sinnloses Unterfangen. Also zurück ins Taxi, zurück in die Werkstätte und dann noch ins Büro des Veranstalters, denn irgendwie wollte das Duo Stohl/Bertl doch nach Peking . Rudi erzählte mir, wie es zu dem Ausfall kam, etwas von falschem Keilriemen, Umlenkrolle und neuer Wasserpumpe. Ich verstand kein Wort und nickte nur artig, aber für die TV-Zuseher war es sichtlich eine logische Erklärung.

Wir machten uns also auf den Weg nach Peking und mein Kopf wurde schwer. Was tun ohne Stohl, der doch seinen ersten, großzügigen Sponsor hatte und nun schon der Ausfall unmittelbar nach der Startrampe. Den ersten Drehpunkt hatten wir durch das lange Warten auch versäumt, doch mein toller Kamermann Ewald Zechner fand schnell den nächsten. Nun hatten wir es aber eilig, doch der brave VW-Bus brachte uns pünktlich zu Mikkola, Waldegaard und Co. – dann rasch weiter zu einem Servicepunkt für erste Interviews und weiter, weiter….

Es wurde Nacht, wir waren arg im Zeitverzug, denn die Straßen waren teilweise noch schlechter als jene der Safarirallye und mir war klar, die erste Nacht in China gönnt mir keinen Schlaf. Hinter mir lag mein Kameramann, der Kerl könnte auch auf Erdäpfelsäcken schlafen und eine Reihe dahinter mein Tonmeister, der gleichfalls schlief. Um zwei Uhr früh wieder die Gedanken an Stohl, wie werde ich den Film machen, was wird er im Augenblick wohl tun? Ob seiner bisherigen Medienpräsenz hatte Rudi seine Neider und mir wurde von manchen vorgeworfen, ich würde ihn protegieren.

Mein Standpunkt war aber immer, dass Leistung auch honoriert werden müsse und tolle Leistungen konnte man dem ewig kämpfenden Rudi nicht absprechen. Um drei Uhr früh stand für mich fest, ich würde ihm diesmal helfen, ich hatte ja Aufnahmen von ihm, fahrend im Quattro und Interviews, ich musste ihm helfen, sonst wäre der neue Sponsor vielleicht gleich wieder weg. Plötzlich sah ich Lichter im Rückspiegel, in finsterer Nacht kam ein Auto sichtlich näher und ich blickte auf den Tacho: knappe 100 km/h auf welliger Straße und der Kerl kam immer näher.

Es musste gleichfalls ein kleiner Bus sein, konstatierte ich und keine zehn Minuten später saß mir der Kerl buchstäblich im Nacken und blinkte mich an. Ich fuhr verärgert zur Seite - wer lässt sich in einem fast neuen, allradgetriebenem Bus überholen, als auf gleicher Höhe Herr Stohl zu mir rüber grinste! Anhalten, aussteigen, wundern und ein „Stohl, wo kommst Du her?“ Rudi und Jürgen wollten ja unbedingt nach Peking und so hatten sie den Koffertransport aller Journalisten übernommen und waren auf dem Weg zum nächsten Presse-Hotel in Wuhan am Jangtsekiang. Ich war 32 Stunden ohne Schlaf unterwegs gewesen, als ich in der Nacht auf Dienstag, 37 Stunden nach dem Start in Hongkong, todmüde ins Bett fiel.

Hier bitte Foto Menschenmassen vor dem Auto bei Ausfahrt Wuhan

Die Ausfahrt aus der Stadt mit damals rund neun Millionen Einwohnern bleibt unvergessen,- ein Viertel davon gaben uns Geleit, rund eine dreiviertel Stunde fuhren wir durch ein dicht gedrängtes Spalier von mehr als zwei Millionen Menschen. In meinen Gedanken war ich aber schon beim Filmschnitt, wir hatten nun auch schon Bilder von Rudi mit Shekhar Mehta und wie er Kankkunen im Toyota half, weil das Werksservice nicht zur Stelle war. Keine österreichischen Journalisten vor Ort, Handys gab es damals noch nicht, keine Infos nach Europa, nur dass Stohl vor Wuhan ausgefallen war.

Und so fuhr Rudi in meinem Film fast neun Minuten lang von Hongkong nach Peking, präsentierte immer wieder seinen neuen Sponsor, was bei einem der größten Tabakkonzerne der Welt wohlwollend zur Kenntnis genommen wurde. Die letzte Sonderprüfung wurde nahe der Chinesischen Mauer gefahren und im Ziel – am „Platz des himmlischen Friedens“ – dort, wo es knapp vier Jahre später zu dem blutigen Massaker kommen sollte, wurde Hannu Mikkola in seinem Audi Quattro A2 als klarer Sieger gefeiert.

Vier Tage später, am 23. September 1985, gab es den Bericht im „Sport am Montag“ – und nur wenige wussten vom wahren Verlauf der Rallye und dem Ausfall von Rudi Stohl. Zehn Minuten nach der Sendung dann ein Anruf aus Deutschland. Matthias Feltz, unter anderen auch Co-Pilot von Wittmann, hatte den wahren Verlauf von Stohls Co-Pilot Jürgen Bertl erfahren und jauchzte in den Hörer: „Mensch, war ich froh, als der Film aus war! Dauert der noch fünf Minuten, gewinnt Stohl noch die Rallye!“

Rudi Stohl fuhr bis 1990 mit HB als Hauptsponsor und den dazu notwendige Schwindel hätte ich für jeden Österreicher getan. Unvergessen bleiben für mich die unzähligen Abenteuer auf den rund 3.500 Kilometern – und der Blick auf die chinesische Mauer.

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