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Erinnerungen eines Sportreporters: Frühstück mit Fräulein Walter
Fotos: Peter Klein, Walter Blieberger privat

Frühstück mit Fräulein Walter

Auf dem Weg zum Kilimanjaro kam der arme Walter Blieberger gleich zwei Mal in die Gatschfontäne des steckengebliebenen Autos, zum Frühstück hatte er dann kein Gewand mehr...

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

„Sie dürfen das rechte Bein nur mit maximal 40% belasten“, sagte Oberarzt Dr. Rudolf Wehrl und ich nickte artig. „Wie viel sind 40 %?“, dachte ich noch, aber genau genommen war es mir egal. Vorerst noch auf Krücken hatte ich meine zertrümmerte Hüfte entlastet und in Kenia würde ich mich sowieso nicht gerade schonen. Ankunft am Vormittag in Nairobi, Auto ausfassen, ins Hotel fahren, Großgepäck deponieren und nur mit dem notwendigsten Handgepäck ab zur Amboseli-Lodge in den Nationalpark.

Natürlich war Helmut Deimel am Steuer, Walter Blieberger an seinem Platz als Co-Pilot und ich lag hinten, die Beine hochgelagert. Vorerst mal Richtung Arusha, aber noch deutlich vor der Grenze zu Tansania links ab von der schmalen Asphaltstraße auf „rote Erde Afrika“ und dann noch gut drei Stunden bis zur Lodge. Zwei Tage wollten wir bleiben und Helmut Deimel hoffte, wieder einmal den Kilimanjaro zu sehen – und drehen zu können.

Noch deutlich vor dem mir bekannten Abzweig bog Helmut plötzlich ab und ich wurde hellwach: „Was machst Du, wohin fährst Du?“, wollte ich wissen. „Das ist ein Abschneider“, erklärte mir der welterfahrende Deimel. „Bei dem Wetter solltest Du die Standardroute nehmen“, protestierte ich, aber Helmut nahm schon Fahrt auf. Die „rote Erde“ wurde dunkelrot, kein gutes Zeichen, die Wege nass und die Fahrrillen tief. Plötzlich, nach etwa einer halben Stunde ein Schlag, der Nissan rutscht in eine tiefe Rille und steckte fest.

Es ging weder vor noch zurück und ich konnte nicht helfen, wie viel sind 40%? Helmut holte die Fußmatten heraus, legte sie unter die Räder, einmal auf‘s Gaspedal und die Matten flogen davon. Walter stapfte in seinen einst weißen Adidas um sie zu holen. Es war bald 16 Uhr und wir würden im Auto übernachten, befürchtete ich, als Walter zu mir ins Auto blickte: „Kaunst mit dein Haxn Gas geben?“ Gas geben konnte ich und nun musste auch Helmut mit anschieben.

Vor – zurück – vor – zurück und Walter schrie „Schlag ei und gib Gas, JETZT!“ Und ich schlug ein, nach rechts, Walter riss mit Urgewalt am Kotflügel, der Nissan kam frei, eine riesige Schlammfontäne auswerfend. Nach links hinten, dort wo Walter geschoben hatte und in diesem Moment hatte er mich nicht mehr lieb. Von Kopf bis Fuß schlammbedeckt eilte Walter dem Auto nach bis ich festen Grund hatte. „Scheiße, gottverdammte Scheiße!!“, schrie er und wischte sich den Dreck aus den Augen. Nur jetzt nicht lachen, dachte ich und sah rechts Helmut Deimel stehen, der völlig verschont geblieben war. „Typisch, du baust den Mist und i bin dreckig wia a Sau!“, schrie Walter noch und ich reichte ihm eine Flasche Mineralwasser, um meinen Co-Piloten wieder ins Gesicht sehen zu können. Während er ein frisches Shirt anzog maulte er noch ein wenig und Helmut fuhr nun äußerst vorsichtig zur Lodge.

Walter teilte die Hütte mit mir. „zieh dir schnell a frische Hos´n an. wir gehen gleich Abendessen“, sagte ich und hörte eine knurrende Antwort. „Hob nua di ane mit, du host gsogt, mia bleibn nur zwa Tog.“ Ok, dachte ich mir, das Shirt ist frisch, die Hose hart vom Dreck und dunkelgrau. Wir hatten ein köstliches Mahl, Walter bekam Rotwein und sah schon wieder friedlich aus. „Wir geben die Hose dann gleich zum Waschen und du hast sie morgen früh“, versprach ich und rief nach dem Roomservice. „we need it tomorrow early in the morning“, mahnte ich noch, dann duschten wir und sanken todmüde ins Bett.

Acht Stunden später graute der Morgen, wir waren hellwach und Walters Hose hing frisch gewaschen und gebügelt an der Türe. Er grunzte zufrieden und urgiert ein Frühstück, welches aber erst ab 07 Uhr gab. „Wo isn do a Tankstö“, wollte Walter wissen. „Bei der Nachbarlodge, warum ?“ „Weu ma nua mea viertlvoi san.“ Ich sagte ihm, dass wir nach dem Frühstück fahren könnten, während Helmut Tieraufnahmen machen wollte. „Hot de Tankstö offen?“, wollte Walter wissen. „Weu waun ma eh eascht in ana Stund a Fruahstuck haben kenna, kennt ma do daweu no tankn foan.“ Walter nervte und ich sagte ihm „Also guat, fahrn wir halt, aber Du fährst nur dort, wo ich es sage!“

Zufrieden stieg er in seine fast neue Hose, griff sich den Autoschlüssel und ich folgte ihm zum Nissan, das rechte Bein mit 40% belastet. „Wohi miass ma?“, lautete die Frage während Walter den Zündschlüssel drehte. „Beim Tor links und dann acht Kilometer“, wusste ich noch genau. Herr Blieberger fuhr los, hinaus in die Savanne und es machte ihm sichtlich Spaß. Antilopen kreuzten die Straße, etwa einhundert Meter entfernt stand ein Elefant, Walter war begeistert und wurde immer schneller. „Pass auf, net durchs Wasser!!!“, schrie ich noch, aber Walter liebte anscheinend Fontänen – und wir steckten wieder fest ... Es ging erneut weder vor noch zurück und Walter schämte sich ein wenig.

„Setz di ume i schiab den Hund do ausse“, schnaubte Walter wohl wissend, was erneut auf ihn zukommen würde. Ich setzte mich hinter das Lenkrad, legte vorsichtig den ersten Gang ein, startete, Walter lehnte sich mit aller Kraft gegen den Kofferaumdeckel. „GAS!!“ schrie er und ich tat wie befohlen, stand nach wenigen Metern auf trockenem Boden und schaute in den Rückspiegel. Walter war gar nicht zufrieden, Shirt und Hose eine einzige rote Schlammschlacke... Herr Blieberger war sichtlich beleidigt, obwohl ich sein Gesicht gar nicht erkennen konnte.

Ich fuhr zur Tankstelle, Walter verbarg sich und als wir wieder zurück waren grunzte er leise: „kaunst du den Schwoazn sogn, er soi ma di Hosn no amoi woschn und des Leibal a?“ Ich wählte die Neun, Thomas, der Housekeeper, erschien und ich überreichte ihm ein zweites Mal Hose und Shirt. Thomas blickte irritiert auf die feuchte, erneut verdreckte Wäsche, danach auf mich und auch auf Walter und eilte nachdenklich Richtung Waschküche. „Na komm“, tröstete ich Walter, „gehen wir Frühstücken.“ Und hörte ein fast verzweifeltes „i hob nix mea zum auziagn ...“ Ich reichte ihm wortlos eines meiner Shirts, es kleidete ihn nicht besonders und endete am halben Oberschenkel, darunter eine Art Boxershort als Badehose.

„I hob jezd an Hunga“, knurrt Walter und wir marschieren zum Buffet. „I wü a Eiaschpeis mit Speck.” Doch plötzlich ertönt eine dunkle Stimme: „Sorry Sir, you are not allowed to come into Restaurant without pants!” Walter erstarrte: „wos wü dea vo mia?“ „ Du darfst ohne langer Hose hier nicht frühstücken“, übersetzte ich. „I hob oba kane“, schrie Walter verzweifelt und ich erklärte dem Kellner den Sachverhalt. „So you put on a bath towel!” “Du sollst dir ein Badetuch umbinden“, übersetzte ich und Walter eilte zum Bungalow, um so zu tun. Ich saß am Tisch, blickte zum Eingang und winkte Walter zu. Er trug mein viel zu großes, weißes Shirt und auch das grüne Badetuch war viel zu groß und reichte bis zu seinen Knöcheln. Ich konnte das Lachen nicht mehr unterdrücken, mein Co-Pilot im langen Rock und Walter stammelte verzweifelt: „I wü ham, noch Vöslau!“ Es war mein schönstes Frühstück mit Fräulein Walter.

Danach hat mich Walter Blieberger weitere 20 Jahre auf allen Rallyes dieser Welt als Assistent begleitet und nie einen Drehpunkt versäumt. Und je nachdem, wer von uns beiden als Erster geht, der andere wird ganz bestimmt als Co-Pilot dabei sein!

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