RALLYE

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter
Erinnerungen eines Sportreporters: Ilkas Karriere nimmt Fahrt auf
Fotos: Ilka Minor privat, Achim Mörtl privat

Der Versuch zu vergessen, zu verdrängen und zu verändern

Nach dem Beginn der Karriere mit Achim Mörtl war Ilka Minor u.a. mit David Doppelreiter und Markus Mitterbauer unterwegs und landete schließlich bei Manfred Stohl.

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

Die ersten vier Jahre im Rallyesport sind vorbei, wie auch fast sieben Jahre einer Beziehung. Ilka ist noch nicht 23 als das Jahr 1998 beginnt und sie bemüht ist, zu vergessen. Erlebte Enttäuschungen zu verdrängen, ihr Leben zu verändern. Ich wähle ihre Website in meinem Computer, will genau recherchieren, nichts übersehen. Ich klicke auf „Rallye“ und plötzlich fällt es mir auf: ihr Archiv beginnt im Jahr 1998! Die ersten vier Jahre mit dem Fahrer Mörtl scheinen nicht auf. Ein Zufall? Hat Ilka bewusst die ersten vier Jahre ihrer Karriere einfach aus ihrem Leben gestrichen?

Mein Mobiltelefon läutet und ich sehe am Display den Namen Achim Mörtl. Ich muss schmunzeln, denn der erste Beitrag über seine erste Co-Pilotin ist erst vor wenigen Minuten auf Motorline.cc veröffentlicht worden. Wird er sich beschweren, mich beschimpfen oder auch nur protestieren? Ich mag ja diesen Kerl, mochte ihn auch damals, als er mir ob seiner Großspurigkeit, ja manchmal sogar Überheblichkeit auf die Nerven gegangen war. Ich mochte aber auch seine Willenskraft, seine Ideen, seine Schlitzohrigkeit und wie er manchmal seine Welt verändern wollte. Und ich mochte seinen Großvater, mit dem ich einmal lange Zeit in einer Sonderprüfung plaudern konnte und dabei sehr viel über den geliebten Enkelsohn erfuhr.

Und heute, wo ich weiß wie sehr ihn das Leben verwöhnt und auch geprügelt, das Schicksal verändert hat, mag ich ihn fast noch mehr. Aber über ihn will ich erst im kommenden Monat schreiben, dann, wenn er sein halbes Jahrhundert vollendet hat und mit mir einen Rückblick machen wird. „Du hast mich in der Story über Ilka aber nicht sehr gut ausschauen lassen“, brummt er ins Telefon und ich erkläre ihm, dass ich aus der Sicht von Ilka geschrieben hätte.

Achim fühlt sich ungerecht behandelt und meint „ja, ich habe natürlich meine Fehler gemacht, aber wir hatten so viele Gemeinsamkeiten, gingen gemeinsam laufen, trainieren, klettern, sie ist sogar bei mir eingezogen, weil ihre Eltern gegen mich und unsere Beziehung waren.“ Ich unterbreche Achim mit einem Satz: „Ilka hat sich also damals aus Liebe zu Dir gegen ihre Eltern und für Dich entschieden?“ Stille am Telefon und ich spüre förmlich wie Achim über meine Worte nachdenkt. „Wir werden darüber bald reden“, meine ich noch und in Gedanken sehe ich das Gesicht eines Mannes, der zu seinem Weg gefunden hat.

Ilka Minor bestreitet 1998 fünf Rallyes mit David Doppelreiter, ist dankbar über die Möglichkeit wieder Rallyes zu fahren, freut sich über drei Platzierungen unter den ersten Zehn, kommt aber mit dem neuen Umfeld nicht zurecht. Längst schon kennt sie Manfred Stohl, der zu dieser Zeit bereits jede Menge an internationaler Erfahrung sammeln konnte, der aber auch immer wieder in Österreich am Start war.

Stohl wechselt in diesen Jahren die Co-Piloten, Kay Gerlach, Peter Diekmann und Jürgen Bertl aus Deutschland, Peter Müller und Judith Schachinger wechseln sich oft auf dem Sitz neben Manfred ab, Letztere weil sie auch „um 25 Kilo leichter is, ois da Müller und des gspiast im Auto“. Und weil ja auch Ilka stets austrainierte 52 Kilo auf die Waage brachte, war sie natürlich die erste Adresse für einen gemeinsamen Einsatz in Neuseeland – weil Peter Müller wegen Verletzung ausgefallen war.

Ilka ist perfekt in der Organisation, perfekt als Co-Pilotin, hat nach Mörtl mit Männern vorerst aber nichts am Hut und ist auch mit der Schweigsamkeit ihres Fahrers nicht unzufrieden. Vor allem, weil in Auckland Rang Drei in der seriennahen Gruppe N Grund zur Freude war. In Österreich ist sie nun mit Markus Mitterbauer im Einsatz, arbeitet aber auch stets in ihrem erlernten Beruf in der zivilen Technik. In der kargen Freizeit ist der Drang zur Bewegung tonangebend, laufen, klettern und persönliche Fitness sind jene Eigenschaften, die aus der Zeit mit Achim Mörtl geblieben sind.

1999 fährt sie gar neun sehr erfolgreiche Rallyes mit Markus und scheidet beim einzigen WM-Lauf mit Manfred Stohl in Griechenland aus. „Und wie war es privat“, will ich wissen, „noch immer keinen Trost bei anderen gefunden, die Vergangenheit noch immer nicht verarbeitet?“ Ilka schüttelt nur den Kopf: „Kein Interesse, nur Rallye und der Job!“ Im Jahr der olympischen Spiele in Sidney werden Stohl/Müller Weltmeister bei den seriennahen Automobilen – Ilka bestreitet je acht Rallyes mit Niki Schelle in Deutschland und Markus Mitterbauer in Österreich, sieht von 16 Rallyes 13 Mal das Ziel.

Beim einzigen WM-Lauf mit Vater Stohl setzt es in Kenia eine Disqualifikation und das kam so: Junior Stohl liegt nach 350 km fünf Plätze vor dem Herrn Papa und beim ersten Service des Tages in Kajiado herrscht große Hektik. Die Mechaniker hängen im Motorraum und unter dem Mitsubishi, Rudi drängt zur Eile, die ersten Strafminuten drohen und die Scheinwerfergalerie ist nicht montiert. Ab zur Zeitkontrolle und Rudi schreit: „haut´s ma´s noch der ZK aufe“ – doch das ist leider auch heute noch verboten... “Stohlito“ und Peter Müller werden bei der Safari Dritte in der PWRC – doch die fast sechsjährige Partnerschaft geht langsam zu Ende und 2001 beginnt die große Erfolgsstory für das Duo Manfred Stohl & Ilka Minor.

Ähnliche Themen:

News aus anderen Motorline-Channels:

Erinnerungen eines Sportreporters: Ilkas Karriere nimmt Fahrt auf

Weitere Artikel:

Auf Initiative der ARC und der Partnerclubs MCL68 & MSC Gamma Racing veranstaltete die Austrian Rallye Challenge am 1. März ein Rallyetheorieseminar zum Start der Saison.

Fragen an den ORM-Promotor

Interview mit Günther Knobloch, Teil 3

Das große motorline.cc-Interview mit Günther Knobloch, dem Initiator des gemeinnützigen Promotors der Rallye-Staatsmeisterschaft (ORM) - Teil 3.

Achim Mörtl analysiert die Rebenland-Rallye, attestiert eine Unsportlichkeit und sieht die Rallye-Staatsmeisterschaft so spannend wie schon lange nicht mehr.

Die Rallye-Weltmeisterschaft kann sich vor Anfragen kaum retten: Paraguay will mit Chile und Argentinien um die zwei Südamerika-Slots im WRC-Kalender 2025 buhlen