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Rallye: Raimund Baumschlager im Motorline-Talk
Foto: Harald Illmer

Raimund Baumschlager: „Ich will keinen einzigen verlieren!“

Baumschlager Rallye Racing ist seit Beginn der Woche zugesperrt - vorerst bis Ende Mai. motorline.cc sprach mit Mastermind Raimund Baumschlager...

Michael Noir Trawniczek

Das Baumschlager Rallye Racing Team gehört neben Stard bzw. Stohl Racing zu Österreichs Topteams im Rallyesport, die auf der ganzen Welt bekannt und hochgeschätzt sind. Zeitweise schafft es das 30 MitarbeiterInnen umfassende Team, an bis zu drei über den Globus verteilten Ralleys zugleich teilzunehmen. Die schwierigste Aufgabe steht den Racern aus Rosenau aber jetzt bevor: Wegen der Einschränkungen zur Ausbreitung des Coronavirus musste das Team einen Shutdown vornehmen - für Teamgründer und Rekordstaatsmeister Raimund Baumschlager ist das Zuhausebleiben und Wenigtun absurderweise die größte Challenge seit Ewigkeiten. Der Teamchef spricht im Motorline-Interview über die für alle so neue Situation und bringt seine größten Sorge zum Ausdruck: Dass er, abgesehen davon, dass sie gesund bleiben sollen, seine Mitarbeiter irgendwann nicht mehr behalten kann...

Raimund, ihr habt euer Team zugesperrt - wie lange rechnet ihr, dass ihr pausieren müsst?

Wir rechnen mit mindestens drei Monaten, wieder losgehen wird es frühestens zur Rallye Liepaja Ende Mai. Aber das ist unsicher, denn die Spitzen der Infektionswelle kommen ja erst...

Baumschlager Rallye Racing hat rund 30 Mitarbeiter - wie sieht deren Zukunft aus?

Ich bin unendlich froh, dass wir niemanden kündigen mussten. Die von der Regierung eingesetzte Regelung zur Kurzarbeit hilft, denn so kann das Team jederzeit zurück an die Arbeit, sobald das wieder möglich sein wird. Hier muss man wirklich der Regierung Dank aussprechen für die rasche und unbürokratische Hilfe. Ich bin normalerweise kein Freund der Politik - die ganzen Streitereien sorgen dafür, dass ich mich weitgehend aus der Politik raushalte.

Raimund, wir arbeiten in einer Branche, die nun quasi von 100 auf 0 heruntergefahren wird und wo niemand weiß, wann der Alltag wieder einkehren wird. Hast du irgendwelche Prognosen für die Zukunft?

Nein, das Ganze ist nur schwer zu verstehen. Unsere Branche hat es wirklch schwer erwischt. Wir leben von Sponsoren - wenn jetzt der Wirtschaft kein Geld mehr übrig bleibt, wird sie das Sponsoring massiv einschränken. Ich bin kein totaler Pessimist aber ich mache mir ernsthaft Sorgen. Wir sind eine kleine und gut arbeitende Truppe und ich will keinen einzigen von meinen Mitarbeitern verlieren...

Obwohl die Maßnahmen absehbar waren, sind sie dann doch sehr schnell, von Tag zu Tag eingesetzt worden, weil die Infektionen einen drastischen Verlauf nahmen...

Genau. Ich habe nicht geglaubt, dass es so dramtisch wird. Wir hatten Anfang letzter Woche noch einen Test mit Norbert Herczig und dort erfahren, dass die Rebenland-Rallye verschoben wird - auch da habe ich noch nicht an so eine Dramatik gedacht.Erst als es auch die LavanttalRallye erwischt hat, habe ich mich hingesetzt und mich ausführlich mit dem Thema der Coronavirus-Infektionen auseinander gesetzt. Ich habe dann sofort begriffen und das Runterfahren des Teams in die Wege geleitet - jetzt, wo ich es verstehe, was hier abläuft, kann ich nur hoffen, dass wir die Infektionskurve so flach wie möglich halten können, das muss jetzt für uns alle das Ziel sein.

Einige wenige torpedieren die Maßnahmen zur Einschränkung des Coronavirus, halten private Partys ab oder halten wie die Gelbwesten in Frankreich Massendemos ab - deine Meinung dazu?

Es ist manchmal wirklich erstaunlich - wenn ich so gewisse Kommentare in den sozialen Medien lese, frage ich mich manchmal schon, wie dumm die Menschheit geworden ist...

Es gibt schon Leute, die den Begriff „asoziale Medien“ für angebrachter halten...

Das kann ich durchaus nachvollziehen. Jetzt noch demonstrieen zu gehen ist wirklich saublöd. Da gibt es nichts, was so ein Verhalten rechtfertigt. Die Gesundheit aller steht nun im Vordergrund, alles andere ist in den Hintergrund gerückt. Ich hoffe nur, dass mein Betrieb das auch wirklich übersteht...

Konntest du mit dem Team etwas für schwierige Zeiten zur Seite legen?

Naja, man hat schon ein Bisschen was zur Seite gelegt - aber in dieser Branche musst und sollst du ja auch ständig investieren. Wir haben uns nicht bereichert an den Verdiensteingängen, sondern sehr viel gleich wieder in Equipment, Autos und so weiter investiert - denn nur so kannst du auf lange Sicht ein Topteam sein. Eine Hoffnung war zunächst der Handel mit Ersatzteilen - doch wenn keine Veranstaltungen stattfinden, braucht logischerweise niemand Ersatzteile. Wir haben zurzeit einfach null Arbeit.

Und kurzfristig umzustellen auf etwas anderes? Also dass man die Infrastruktur für andere Dienstleistungen verwendet?

Das wäre ja nicht so einfach machbar - und ich hole jetzt auch niemanden herein, meine Leute sollen zuhause und vor allem gesund bleiben. Denn wann immer sich die Lage normalisieren wird, muss man bedenken, dass wir schon eine gewisse Zeit und Anstrengung benötigen, um das ‚Werkel‘ erst einmal wieder hochzufahren. Wir haben Kunden mit Verträgen und Sponsoen, aber qwir wissen nicht, wie deren Lage dann sein wird - zunächst müsste man abklären, wer denn noch fährt, wer noch seinen Sponsor an Bord hat und solche Fragen...

Werdet ihr die kommende Zeit das Internet für Videokonferenzen nützen? Zum Beispiel für euer Elektroauto, dass BRR gemeinsam mit Kreisel Electric entwickelt?

Das machen wir ohnehin permanent, um Ideen auszutauschen. Bislang war das alles am Papier - Ende März hätten wir das Chassis aufgebaut, den Motor gibt es natürlich schon, der wäre eingebaut worden und dann hätten wir einen ersten Test abgehalten...

Man spürt es in deinen Worten: Du und dein Team ward bislang stets auf der vielzitierten ‚Überholspur‘ unterwegs - jetzt wurdet ihr auf Null runter gebremst. Was macht ein völlig entschleunigter Raimund Baumschlager eigentlich den lieben Tag lang?

(lacht) Das kann ich dir noch nicht sagen. Denn bis gestern haben wir zuletzt eigentlich noch mehr beschleunigt, um das Team runterzufahren. Wir hatten kurz davor noch ein stundenlanges Meeting, auch unser Steuerberater war dabei - denn man muss bei so einem Shutdown auch Dinge beachten, an die wir als Racer gar nicht denken würden. Logische Ideen, die wir hätten zum Beispiel, sind im echten Geschäftsleben gar nicht möglich. Zum Beispiel kann ein Geschäftsführer gar keine Kurzarbeit machen. Da ist es wichtig, dass man einem kompetenten Rat folgen kann. So gesehen ist das gerade erst mein erster Tag in der Pause und ich habe keine Ahnung, was da auf mich zukommt, es ist für mich völliges Neuland...

Lieber Raimund, ich wünsch dir eine kreative, trotz aller Sorgen erholsame Pause aber vor allem dir, deinen Mitarbeitern und uns allen, dass diese Pause möglichst kurz bleiben wird...

Vielen Dank, das hoffen wir alle - ich wünsche allen Mitarbeitern, allen Fahrern und Teams sowie natürlich allen Rallyefans, dass sie gesund bleiben und wir bald wieder mit unserem Sport loslegen können.

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