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Erinnerungen eines Sportreporters: Das stille Vergessen ...
Fotos: Peter Klein privat

Das stille Vergessen ...

Peter Klein erinnert sich dieses Mal an einen Wegbegleiter aus früheren Tagen und gemeinsame Abenteuer mit "Mister Castrol" Hannes Meisenbichler, von Freistadt bis Nairobi.

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

Vor etwa einem Monat habe ich mit seiner Frau telefoniert und nach IHM gefragt – seither muss ich immer wieder an ihn denken. Fast auf den Tag genau vor 40 Jahren tranken wir zum ersten Mal gemeinsam ein kleines Bier in der „Sailor`s – Bar“ in Freistadt und ja, ein kleiner Schnaps gehörte auch dazu. Draußen war es bitterkalt, eine dicke Schneedecke lag über Oberösterreich und das Thema war klar: die Weltpremiere des Audi Quattro bei der 12. Castrol–Jännerrallye 1981. Und ER war „Mister Castrol“ oder auch „Häuptling Silberlocke“, wie ihn einer meiner besten Freunde und Kollegen Armin Holenia immer nannte: Hannes Meisenbichler.

Zu Lebzeiten schon eine Legende, stets helfende Hand und Fürsprecher aller Motorsportler, ein Kavalier und Gentlemen. Im Verlauf der Jahre war das ständige Treffen bei Motorsportveranstaltungen stets ein erfreuliches Ereignis und so gab es auch immer wieder private Treffen mit einem „Vertreter der Industrie“, der zu den Angenehmsten dieser Spezies zählte. Knapp zehn Jahre nach unserem ersten Gedankenaustausch saßen wir erneut in einer Bar, diesmal in Waidhofen an der Thaya, in der berühmten „Kroko-Bar“ von Hans Gramanitsch. Wir feierten eine tolle Semperit-Rallye die über viele Jahre von den „drei Musketieren“ großartig organisiert wurden.

Angeführt von OStv. Hans Kellner agierten seine Adjutanten Wallner und Grünwald meist dezent im Hintergrund und verließen sich gerne auf ihre Vasallen, darunter die Gebrüder Groyer. Mit mir am Tisch der leider schon verstorbene „Mister Semperit“ Heinz Marihardt und Bosch-Renndienstguru Norbert Jurkowitsch. Wir feierten an diesem Abend alles, was in ein gut gefülltes Glas hineingegangen war. Rund 120 Teilnehmer, den Sieg von Sepp Haider im Opel Kadett, der den ungarischen Serienmeister Attila Ferjancz im Lancia richtig alt hatte aussehen lassen. Wir feierten Raimund Baumschlagers erste SP-Bestzeit auf der „Waidhofen“ und damit die Gläser wieder nachgeschenkt würden auch Georg Fischers Bestzeit auf der legendären „Hollenbach“.

Und irgendwann, lange nach Mitternacht sprach Hannes Meisenbichler in noch immer verständlich deutscher Sprache zu mir: „Ich würde so gerne einmal bei der Safari-Rallye dabei sein.“ Zwar bereits von sicher mehr als nur einem Promille belästigt bemühte ich kurz mein Gehirn und sprach: „Na dann fliegst du halt Ende März mit uns nach Nairobi!“ Das war natürlich Grund genug, darauf anzustoßen und böse Zungen behaupten noch heute, dass die Vorfahren von Seiler & Speer damals gleichfalls unter den Gästen der Kroko-Bar weilten denn, es war „a schware Partie für uns...“ Um vier Uhr früh nahm Lokalbesitzer Gramanitsch bei uns kurz Platz, schmiss eine Runde und meinte trocken: „Bleibt`s ruhig hucken, oba des Liacht do muass i jezd odrahn, die Krokodü woilln schloffn.“

Nach reichlicher Planung flogen wir schon Mitte März nach Nairobi, um vor dem Rallyestart ein paar Tage in der Mara Serena Lodge zu verbringen. Wir, das waren meine damals noch nicht feststehende Zukünftige, mein jahrelanger Co-Pilot Blieberger und eben „Häuptling Silberlocke“. Wir hatten eine Nacht in Kenyas Hauptstadt verbracht, das feine Dinner im köstlichen Restaurant „Tamarind“ zu uns genommen und tags darauf die Autos ausgefasst. Ich übernahm einen Isuzu Trooper (ein Allradauto bei der Safari ist ein absolutes MUSS), während Hannes Meisenbichler neben Walter Blieberger in einem Datsun Platz genommen hatte.

Nach rund 60 km kamen wir zum Lake Naivasha, wo damals noch gefühlte 100.000 Flamingos lebten und die rosa Pracht das Auge erfreute. Nahe Narok, überraschte uns der erste afrikanische Regenschauer und ich war froh, dass wir zumindest ein Allradauto dabeihatten. Unmittelbar nach dem Eintritt in die Masai Mara liegt die Keekorok Lodge und ich überlegte kurz, schon hier sicherheitshalber zu übernachten. Wir hatten allerdings in der Serena Lodge reserviert und bis dorthin war es noch eine gute Stunde auf nun doch schon morastiger Straße.

Wir beschlossen weiter zu fahren und insgeheim freute ich mich für „Mister Castrol“, dass er schon am ersten Tag so viel erleben konnte. Die Fahrt in den Norden, den Lake Naivasha, Giraffen, Antilopen, ja sogar Elefanten kreuzten unseren Weg. Doch dann kam die letzte Durchfahrt im Marafluss – und der Regen hatte in den letzten Tagen aus einer etwa 30 cm Tiefe einen guten halben Meter gemacht. Also Seil raus, Datsun im Schlepptau und stromaufwärts ab durch den Fluss. Am Abend in der Lodge sprach Hannes Meisenbichler vom aufregendsten Tag seines Lebens.

1991 war das letzte Jahr, in dem Rudi Stohl mit Castrol einen Teilsponsor – und Hannes Meisenbichler hellste Freude hatte. Nach dem dritten Gesamtrang an der Elfenbeinküste bekam Rudi jedoch ein Angebot der OMV als Hauptsponsor und nicht nur „Häuptling Silberlocke“ hatte vollstes Verständnis für den Wechsel. In Freundschaft sind sie noch immer verbunden und Hannes Meisenbichler sprach noch Jahre später von den zwei schönsten Wochen seines Lebens. Vor etwa 20 Jahren verabschiedete er sich von seinem Arbeitgeber in die wohlverdiente Pension und es war ein stiller Abschied, wie es eben sein Art war.

Höflich, dezent, unaufdringlich und „gentlemanlike“. 2016 übersiedelte er mit seiner Frau in meine unmittelbare Umgebung nach Bad Vöslau, ein Jahr darauf feierten wir in kleiner Runde seinen 80. Geburtstag. „Häuptling Silberlocke“ wirkte damals müde, sichtlich krank aber hocherfreut im Kreis seiner Freunde. Heute lebt er im Pflegeheim in Baden, versteht die Pandemie und den Lockdown nicht, lebt in einer verblassenden Erinnerung.

Wenn es wieder erlaubt ist, werde ich ihn besuchen. In seine strahlenden Augen sehen und mit ihm über unseren Trip zu Safarirallye vor bald 30 Jahren plaudern. Vielleicht kann er sich nicht mehr daran erinnern, denn Hannes ist nun schwer erkrankt. Aber ich bin sicher, er freut sich über meinen Besuch, oder auf einen seiner ehemaligen Schützlinge. Ich werde ihn nie vergessen, die Seele von Castrol Austria, Hannes Meisenbichler, genannt „Häuptling Silberlocke.“

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