RALLYE

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Das Rallye-Jahr 2002: Freud und Leid

Die Saison 2002 war ein Jahr voller Höhen und Tiefen, Freud und Leid lag oftmals eng beisammen. Wir machen Station bei den wichtigsten Ereignissen.

Manfred Wolf & Stefan Schmudermaier

Acht Saisonläufe zur Rallye Staatsmeisterschaft liegen hinter uns, nebenbei haben sich einige Top-Piloten auch auf internationalem Terrain versucht, mit mehr oder weniger großem Erfolg.

Besonders Manfred Stohl und Beppo Harrach hatten einen dicht gedrängten Terminkalender, beide planten eine Saison, die sowohl aus der ÖM, als auch aus der WM bestand.

Während Stohl vorerst ein Programm für sechs ÖM- und drei WM-Läufe im WRC präsentierte, wollte Beppo Harrach mit dem altbekannten Mitsubishi Lancer Evo VI nicht nur um den österreichischen Meistertitel in der Gruppe N kämpfen, sondern auch das komplette Programm zur Production-Car-WM bestreiten – die Gruppe N-Weltmeisterschaft.

Ebenfalls auf WM-Pfaden wandelte David Doppelreiter, im Gegensatz zu Harrach hatte der Niederösterreicher aber für die Junior-WM mit einem Peugeot 1600 Kitcar genannt.

Doch zurück in heimatliche Gefilde. Alles freute sich in der Rallye-ÖM auf den Kampf um den Gesamtsieg zwischen Manfred Stohl (Ford Focus WRC) und Raphael Sperrer (Peugeot 206 WRC).

Der Oberösterreicher ging in sein zweites Peugeot-Jahr, nachdem das Duell 2001 gegen „Altmeister“ Franz Wittmann denkbar knapp verloren ging. Und daher hatte Sperrer auch noch eine Rechnung offen: 2002 musste unbedingt der Meistertitel für die Löwen her.

WM: Rallye Monte Carlo

Noch bevor die beiden Top-Piloten zum ersten Duell beim Auftakt im Burgenland aufeinander trafen, absolvierte Stohl seinen ersten Auftritt in der WM: Die Monte Carlo Rallye. Mit dem Toyota Corolla WRC des R&D Teams unterwegs, konnte Stohl die Zeiten der Werksfahrer mitgehen. Lediglich zwei Reifenschäden hinderten ihn an einer Top-Ten-Platzierung. David Doppelreiter beendete nach einigen Problemen die Rallye als hervorragender Fünfter seiner Klasse und fuhr auf Anhieb zwei WM-Punkte ein.

ÖM: Int. OMV Burgenland Rallye

Der Wiener konnte somit mental gestärkt und mit neuerem Auto, dem Ford Focus WRC, an den Start der OMV Burgenland Rallye gehen. Nach einem Shakehands für die Fotografen schenkten sich Sperrer und Stohl auf den Prüfungen nichts mehr. Ein überraschend starker erster Tag von Stohl entschied die Rallye, der Reifenschaden von Sperrer während der zweiten Etappe machte auch die letzte Hoffnung des Peugeot-Piloten zunichte.

Auch Beppo Harrach hatte mit Copilotin Jutta Gebert bei der Burgenland Rallye schon seinen ersten WM-Auftritt hinter sich, konnte von einem tollen Resultat auf Korsika (Fünfter in der Gruppe N-WM) aber nur bedingt profitierten – er musste sich dem deutschen Routinier Hermann Gassner geschlagen geben, Martin Zellhofer – heuer ebenfalls auf einem Mitsu Evo VI – wurde beim Auftakt Dritter.

Dahinter fanden sich mit Fritz Waldherr, Alfred Kramer und Rupert Schachinger weitere Gruppe N Protagonisten ein, Walter Kovar musste seinen nagelneuen Evo VII mit Differenzial-Schaden vorzeitig abstellen.

Die Dieselwertung sah einmal mehr das Meisterauto der Jahre 2000 und 2001, das VW Golf III Kitcar, am obersten Treppchen, heuer pilotiert von Gernot Zeiringer. Willi Stengg war nicht am Start, Andreas Waldherr gab nach einem Ausrutscher und einigen Technik-Troubles vorzeitig auf. Beim Premieren-Lauf der Fiat Stilo Rallye Trofeo durfte sich Andy Hulak über einen Sieg freuen, dahinter der Topfavorit Karim Pichler.

In der Gruppe N3 zeigte Christian Lippitsch im betagten Dreier-Golf gleich zu Saisonbeginn, dass er nur schwer zu schlagen sein dürfte, Heinz Jakobitsch wurde Zweiter. Das Duell der Kitcars dauerte nicht allzu lange, sowohl Gottfried Kogler (Peugeot) als auch Joachim Resch (Citroen) kamen nicht über die Distanz.

WM: Catalunya-Rallye

Nach dem tollen Abschneiden in Monte Carlo freute sich David Doppelreiter auf seinen Einsatz in Spanien. Nach mehreren Reifenschäden musste sich der Youngster aber schließlich mit Rang neun begnügen.

ÖM: Int. Pirelli Lavanttal Rallye

Beim zweiten Meisterschaftslauf sah es anfangs wieder nach einem Stohl-Triumph aus – 31 Sekunden Vorsprung nach Etappe 1 waren selbst für Sperrer „erschreckend viel“ – doch am zweiten Tag kam alles anders. Eisige Kälte und Schnee warteten am Klippitzthörl, nach einem Überschlag von Stohl legte sich Sperrer gleich neben seinem Rivalen auf’s Dach.

Daraus resultierten eine angeschlagene Sperrer-Hand, ein kaputter Stohl-Focus und die ersten raueren Töne zwischen den beiden Kontrahenten. Manfred Stohl warf bald darauf nicht nur die Nerven, sondern auch den Focus ein zweites Mal weg – die Nullnummer war bitter und sollte sich im Verlauf der Meisterschaft noch bedeutend auswirken, konnte Raphael Sperrer doch mit seinem Sieg 20 wichtige Punkte einfahren. Kris Rosenberger avancierte im Lancia Delta Integrale zum Publikums-Liebling und belegte Gesamtrang sechs.

In der Gruppe N war der Turbo-Defekt des lange führenden Beppo Harrach nicht minder ärgerlich, mit Martin Zellhofer gewann in Abwesenheit von Hermann Gassner allerdings ein Mann, der sich nach seinem Wechsel vom Proton Evo III auf Mitsubishi Evo VI auch im Kampf um die Meisterschaft aufdrängen wollte – zu Recht, wie er später im Jahr noch mehrmals bewies. Walter Kovar und Alfred Kramer landete auf den Plätzen zwei und drei.

In der Dieselwertung hängte Willi Stengg dieses Mal seinen Teamkollegen Andreas Waldherr ab, Auftakt-Sieger Zeiringer fiel mit Technik-Troubles aus. Karim Pichler gewann die Stilo Trofeo und setzte sich in der Diesel-Gesamtwertung sensationell an die Spitze.

Bei den KitCars fuhr Joachim Resch nach dem Ausfall von Gottfried Kogler ein einsames Rennen und gewann die Klasse A6 vor Alfred Leitner. In der Klasse N3 gewann einmal mehr Christian Lippitsch. Herwig Hüfinger holte sich trotz großer technischer Probleme noch den zweiten Platz.

WM: Zypern-Rallye

Das österreichische WM-Duo Stohl/Harrach war Ende April in Zypern im Einsatz, für Ersteren fingen damit die Probleme an. War der Wiener an den beiden ersten Tagen noch mitten in der Werks-Weltspitze mitgefahren, nahm das Drama am letzten Tag in einer engen Kehre seinen Lauf.

Stohl kam zu weit nach innen, überschlug sich und stürzte einen Abhang hinunter. Fahrer und Co Ilka Petrasko OK, Ford Focus WRC KO – das sollte, nur zwei Wochen vor dem nächsten ÖM-Lauf, Folgen haben. Die österreichischen Fahnen auf der Mittelmeerinsel wurden von Beppo Harrach hochgehalten, er konnte seine erste WM-Schotterrallye beenden. Platz 10 war nach vielen Problemen ein akzeptables Resultat.

ÖM: Int. Dunlop Pyhrn-Eisenwurzen Rallye

Bei der Dunlop Pyhrn-Eisenwurzen Rallye traf Lokalmatador Raphael Sperrer mit gebrochenem Kahnbein und Geldsorgen auf Manfred Stohl mit fehlendem Selbstvertrauen und unabgestimmtem Auto.

Während Sperrer mit Schmerzen und fehlenden Testmöglichkeiten kämpfte, war Stohls Focus erst in letzter Minute in einem lokalen Ford-Autohaus zusammengeflickt worden. Genauso dürfte das WRC dann auch zu fahren gewesen sein.

Sperrer dominierte nach Belieben, auch eine zerkratzte Stoßstange – der Vorwurf eines regelwidrigen Anschiebe-Manövers stand lange Zeit im Raum - sowie ein erforderlich gewordener Kupplungs- und Getriebewechsel mit anschließender Strafzeit konnte den Kirchdorfer nicht bremsen. Raphael Sperrer verbuchte alle SP-Bestzeiten (16) auf seinem Konto – ein Kunststück, das in der österreichischen Meisterschaft bis dato nur ein Mal Franz Wittmann und ebenso Walter Röhrl gelungen war.

Beppo Harrach konnte den verkorksten Meisterschaftslauf in Kärnten mit einem Sieg in der seriennahen Gruppe N vergessen machen und gewann in einem großartigen Duell vor Hermann Gassner, für Martin Zellhofer blieb Platz drei. Alfred Kramer und Walter Kovar komplettierten die Top-Fünf.

In der Dieselwertung hatte Willi Stengg nach dem Ausfall von Andreas Waldherr keinen Gegner mehr und konnte sich mit Gesamtrang Sieben auch die Dieselwertung sichern. Zweiter wurde Gernot Zeiringer, der in der Diesel-Meisterschaftswertung damit nur ganz knapp hinter dem neuen Führenden Willi Stengg Position bezog.

Bei den schwächeren Fiat Stilos war der oberösterreichische Lokalmatador Karim Pichler mit Heike Feichtinger eine Klasse für sich und feierte seinen zweiten Trofeo-Sieg. Ausgestorben einmal mehr die Kitcar-Klasse, Resch musste verletzungsbedingt pausieren, „Koksi“ Koglers Bolide gab den Geist auf.

In der Gruppe N 3 gab es bei der Dunlop-Rallye einen neuen Gewinner. Markus Nell war der Glückliche, er holte sich bei seiner Heimrallye damit auch den ausgezeichneten vierzehnten Gesamtrang. Während Herwig Hüfinger abermals eine bittere Nullnummer (Technik-Defekt) einfuhr, baute Christian Lippitsch mit Rang zwei seine Gesamtführung weiter aus.

WM: Argentinien-Rallye

Für Youngster Harrach war die Dunlop Pyhrn-Eisenwurzen Rallye der Auftakt zu einer äußerst stressigen Phase, zwei Wochen nach dem dritten ÖM-Lauf wartete die große Herausforderung „Argentinien Rallye“, nur eine Woche nach der Rückkehr aus Südamerika sollte es bei der Bosch Super-4 Rallye in der Steiermark weitergehen.

Und das junge Team konnte zumindest auf der ersten Etappe wieder eine Talentprobe abgeben. Als man am zweiten Tag schnellere SP-Zeiten als Gruppe N-Weltmeister Gustavo Trelles fahren konnte, war man am besten Weg zu WM-Punkten. Ein Reifenplatzer bei Tempo 220 – der glücklicherweise keinen Unfall nach sich zog – beendete zwar die Hoffnung auf Punkte, lenkte den Blick aber schnell wieder auf die österreichische Meisterschaft:

„Natürlich bin ich sehr enttäuscht, aber wir haben jetzt gar keine Zeit, um uns lange zu ärgern. Denn am Freitag beginnt bereits der nächste Lauf zur Rallye-ÖM, die Bosch Super-4 Rallye. Und da wollen wir unsere Führung in der Meisterschaft zumindest verteidigen!"

ÖM: Int. Bosch Rallye

Zu einer Verteidigung in der Meisterschaft kam es für Harrach leider nie. Als der vierte Lauf zur österreichischen Rallye Staatsmeisterschaft im Wechselland abgebrochen wurde, hatten Punkte und Meisterschaftsplätze jegliche Bedeutung verloren. Am Vormittag des 25. Mai verunglückten Beppo Harrach und Jutta Gebert in einer schnellen Waldpassage.

Während der Pilot nahezu unverletzt blieb, hatte Beifahrerin Jutta Gebert bei dem Aufprall keine Chance und war auf der Stelle tot. Die heimische Rallye-Szene verlor eine der größten und beliebtesten Persönlichkeiten, Aktive und Fans verließen die Bosch-Rallye mit Tränen im Gesicht.

Die Zusammenfassung der 2. Saisonhälfte finden Sie in der rechten Navigation!

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