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ORM: Schneebergland-Rallye

„Hart, auf WM-Niveau und wunderschön!“

Bei seiner erst zweiten Schotter-Rallye konnte Simon Wagner im alten Mitsubishi Lancer Evo III wieder einmal sein Talent in die Auslage stellen. Zwei dritte SP-Zeiten sowie Platz fünf gesamt sprechen für sich – letztendlich fehlten nur 17,8 Sekunden auf das Podium. Von der Schneebergland-Rallye zeigt sich Simon begeistert…

Fotos: Daniel Fessl

Nachdem Simon Wagner in dieser Saison erstmals mit einem modernen Peugeot 208 R2-Boliden mit Vorderradantrieb angetreten ist, wechselte er für die Schneebergland-Rallye wieder zurück auf jenen Mitsubishi Lancer Evo III aus dem Hause Race Rent Austria, mit dem er am Beginn seiner Rallye-Karriere für Aufsehen sorgen und sich 2013 zum Champion der Austrian Rallye Challenge (ARC) küren konnte.

Dieser Wechsel hat organisatorische Gründe: Das Sparrow Racing Team setzt den Peugeot auch in der Slowakischen Staatsmeisterschaft ein, zudem gibt es dafür kein Schotterfahrwerk. Der Umstieg vom modernen 2wd- auf das rund 20 Jahre alte Allrad-Fahrzeug fiel Wagner leicht – obschon er ohne einen Test im Vorfeld der Rallye vollzogen wurde, quasi im „kalten Wasser“…

Zweimal die drittschnellste Zeit

Simon fand sich dermaßen schnell zurecht, sodass er sich nach der ersten Sonderprüfung leicht verwundert zeigte: „Da fehlte uns nur wenig auf Platz drei – da haben wir schon ein bisschen gestaunt.“ Der Hintergrund: Zum einen war die Schneebergland-Rallye erst die zweite Schotter-Rallye für Simon Wagner, die Schneebergland-Rallye fuhr er zum ersten Mal – zum anderen hat Wagner mit dem alten Evo III ein technisches Manko wettzumachen. Während modernere Fahrzeuge wie der Subaru WRX STI oder der Mitsubishi ab Evo VII mit elektronischen Differenzialen ausgestattet sind, muss Wagner mit der mechanischen Variante auskommen. Gerade auf dermaßen fordernden Schotterstrecken wie jenen der Schneebergland-Rallye macht das einen großen Unterschied aus: Das elektronische Differenzial sorgt dafür, dass alle Räder nur so viel Drehmoment erhalten, wie es für die jeweilige Lenkeinstellung nötig ist, ein moderner Evo lenkt also quasi mit. Beim mechanischen Differenzial muss man anders in die Kurven einlenken: „Du musst den Wagen schon vor der Kurve richtig anstellen, musst also hart in die Kurve reinfahren – andernfalls würde das Auto über die Kurve hinaus schieben.“

Außerdem ist der Mitsubishi Lancer Evo III viel mehr ein seriennahes Auto, als dass bei den moderneren Fahrzeugen der Fall ist. Simon Wagner erklärt: „Ich habe mit Teamchef Wolfgang Schmollngruber vor der Rallye erörtert, welche Teile am Evo III besonders unter den zum Teil knüppelharten Strecken leiden – ich habe dann versucht, diese Teile ganz bewusst zu schonen.“

Wobei der Ausdruck „schonen“ im Fall von Simon Wagner relativ ist – denn schon auf der dritten Sonderprüfung („Haraseben-Haraseben“) ließ Simon mit der drittschnellsten Gesamtzeit aufhorchen, nur Rallyesieger Raimund Baumschlager und Gerald Rigler im modernen Evo IX waren dort schneller. Dieses Kunststück wiederholte Wagner auch auf der sechsten Prüfung.

Durchdachtes Reifenmanagement

Dabei wandte der 22-Jährige einmal mehr ein durchdachtes Reifenmanagement an: „Auf der zweiten und der fünften Prüfung wurde auch auf Asphalt gefahren – dort habe ich meine Schotterreifen ganz bewusst eingespart. Denn dort besteht die Gefahr, dass du den Reifen verbrennst – und dann greifen die Reifen auf Schotter nicht mehr so gut.“ Ein solches Reifenschonen würde ein Laie auf dem Sozius des Boliden wohl gar nicht realisieren, da hier in Nuancen gearbeitet wird: „Das stimmt. Man achtet einfach darauf, das Auto ja nicht zu ‚überfahren‘ und nicht auf dem letzten Zacken zu bremsen.“

Race Rent Austria wieder perfekt

Mit den beiden drittschnellsten SP-Zeiten lagen Simon Wagner und sein Copilot Fred Winklhofer nach SP 7 nur wenige Sekunden hinter Christian Schuberth-Mrlik und Hermann Gassner auf dem tollen sechsten Gesamtrang, als Simon auf SP 8 eine Schrecksekunde erleben sollte: „Plötzlich ist das Kupplungspedal ausgefallen, ich musste den Rest der Prüfung ohne Kupplung fahren und die Gänge damit auch sanfter einlegen – ich denke, dass uns das rund zehn Sekunden gekostet hat.“

Glücklicherweise kam hernach gleich das große Mittagsservice, in dem das Race Rent Austria-Team rund um Wolfgang Schmollngruber einmal mehr einen tadellosen Job erledigte, Simon Wagner lobt: „Die Jungs haben das in nur 25 Minuten repariert, hernach hat alles wieder problemlos funktioniert. Die Aufhängung des Kupplungszylinders ist gebrochen – das wiederum kann bei jedem Auto passieren, wenn die Prüfungen etwas härter sind als man es gewohnt ist. Ich finde es vielmehr ziemlich erstaunlich, dass ein so altes Auto auf diesen Prüfungen nicht kaputt geht, denn der Evo III ist ja im Grunde ein relativ seriennahes Auto.“

17,8 Sekunden am Podium vorbei

Mit diesem konnte Wagner letztendlich im Vierkampf um den dritten Gesamtrang mitmischen – am Ende belegte er Platz fünf gesamt. Wäre Simon insgesamt 17,8 Sekunden schneller gefahren, hätte er seinen ersten Podiumsplatz in der ORM feiern können. Simon lacht: „Es könnte immer einen Tick besser sein – doch am Ende bin ich froh darüber, dass ich bei dieser Rallye wieder immens viel lernen konnte. Ich möchte mich auch noch einmal ganz besonders bei meinem Beifahrer Fred Winklhofer bedanken, der nicht nur einen perfekten Job liefert, sondern sich auch jedes Mal Urlaub nimmt, damit wir unsere Rallyes absolvieren können – und das ist ganz sicher nicht selbstverständlich. An der Stelle möchte ich auch seinem Sohn Pirmin Winklhofer viel Glück für die bevorstehende Polen-Rallye wünschen, bei der er mit Armin Kremer antreten wird.“

Rückkehr in die ORM 2wd

Wie geht es weiter in der Familie Wagner? Simon sagt: „Ich möchte bei der nächsten Asphalt-Rallye, höchstwahrscheinlich die Rallye Weiz, wieder mit einem modernen 2wd-Auto fahren und weitere Erfahrungen damit sammeln.“

Dafür wird der zwei Jahre jüngere Bruder Julian, der heuer als Ford Racing Rookie 2014 drei ARC-Rallyes in einem Ford Fiesta R1 erfolgreich absolvierte, bei der Niederbayern-Rallye sein Allrad-Debüt geben – und zwar in genau jenem Mitsubishi Lancer Evo III, mit dem Simon im Schneebergland Platz fünf erringen konnte.

Diese Rallye war übrigens ganz nach dem Geschmack des Oberösterreichers, der als Schlusswort erklärt: „Ich möchte den Veranstaltern der Schneebergland-Rallye meinen Respekt aussprechen – es ist wirklich fein, dass es in Österreich so schöne Rallyes gibt. Wenn man die Onboard-Aufnahmen ansieht, merkt man erst so richtig, welch Abenteuer diese Rallye eigentlich ist: Du hast links den Berg und rechts geht es den Abhang hinunter. Die 36 Kilometer lange Prüfung Bieglhof zum Beispiel – die ist auf WM-Niveau und extrem hart, dort fühle ich mich am wohlsten und am meisten aus mir herausholen.“

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