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ORM: Niederösterreich-Rallye

Keferböck wird Vizestaatsmeister

Johannes Keferböck hat es geschafft: Mit einem dritten Platz kürte er sich zum Vizestaatsmeister. Gerhard Aigner konnte er nach einer Aufholjagd kontrollieren.

Foto: Daniel Fessl

„Wir haben heuer ein kleines Mühlviertler Märchen geschrieben: Sieg bei der Jännerrallye, Platz zwei bei der Mühlstein-Rallye, Platz drei beim ORM-Finale und wir sind Vizestaatsmeister!“, jubelte ein erleichterter Johannes Keferböck, nachdem er das große Duell um den Vizestaatsmeistertitel für sich entscheiden konnte. Ein Duell, das bis zum letzten Meter geführt wurde…

Dabei begann das Grande Finale der heimischen Rallye Staatsmeisterschaft im Rahmen der Niederösterreich-Rallye für Johannes Keferböck und seine WM-erprobte Copilotin Ilka Minor mit gefühlt wohl ewig dauernden 31 Sekunden Stillstand…

31 Sekunden Stillstand

In einem Abzweig bremste Keferböck auf dem am Freitagabend gefahrenen Rundkurs Bergland etwas zu spät, der Skoda Fabia R5 drehte sich, rutschte mit dem Heck voran von der Strecke, der Motor starb ab. Johannes erzählt: „Wir sind 31 Sekunden lang gestanden – insgesamt haben wir rund 40 Sekunden eingebüßt, denn du brauchst auch eine gewisse Zeit, bis du wieder im Flow bist. Im Kopf habe ich bereits die Flinte ins Korn geworfen, habe gedacht, dass ich es vergeigt habe. Ich tat mir schwer, meinen Fehler zu akzeptieren.“

Zugute kam Johannes Keferböck in dieser schwierigen Situation seine Copilotin Ilka Minor, die mit mehr als 100 WM-Rallyes und mindestens nochmal so vielen nationalen Läufen über einen unbezahlbaren Erfahrungsschatz verfügt und die Höhen und Tiefen dieses Sports genau kennt. Johannes nickt: „Ilka hat mich gut aus dem Tief herausgeholt – wir haben einen Plan B angelegt, wollten am Samstagvormittag pro Sonderprüfung zwischen acht und zehn Sekunden gutmachen, um mittags vor unserem Titel-Kontrahenten Gerhard Aigner zu liegen. Dabei wollten wir aber vor allem Spaß am Fahren haben, was uns auch gelungen ist. Vor SP6 galt es dann, den Ungarn Jozsef Trencsenyi zu überholen – auch das ist uns gelungen.“

Vorgekämpft von P7 auf P3

So haben sich Keferböck/Minor in ihrem vom Eurosol Racing Team eingesetzten Skoda Fabia R5 an diesem Samstag sukzessive vorgekämpft – von Platz sieben auf Platz drei.

Dann kam die Powerstage, welche bei der Niederösterreich-Rallye auf der vorletzten Prüfung ausgefahren wurde. Johannes Keferböck erzählt: „Wir wollten dort einen Zusatzpunkt erobern – doch in einer Kurve flogen wir beinahe von der Strecke, was uns wiederum zehn Sekunden gekostet hat.“ So ging der Zusatzpunkt ausgerechnet an den Titelkontrahenten. Doch die Tatsache, dass Keferböck/Minor auf Platz drei lagen und Aigner/Hübler auf Platz fünf, sorgte dafür, dass beide Duos je 95 Punkte aufweisen – und in diesem Fall liegt jener Pilot vorne, der die meisten Siege in der Saison erringen konnte. So profitiert Johannes Keferböck noch einmal von seinem tollen Sieg bei der Jännerrallye, der das Mühlviertler Märchen ausgelöst hatte. Und der seinen Treibstoffsponsor auch dazu bewogen hatte, Johannes Keferböck dabei zu unterstützen, erstmals seit zehn Jahren wieder eine volle ORM-Saison zu fahren…

Noch war der Titel nicht in „trockenen Tüchern“ - denn die letzte Sonderprüfung stand noch auf dem Programm: „Wir lagen 16,9 Sekunden vor Trencsenyi und wussten, dass wir unsere Platzierung halten können, wenn wir uns keine Fehler mehr leisten. Trotzdem war es eine meiner schwierigsten Sonderprüfungen – denn du schaust auf jeden Stein, du konzentrierst dich darauf, Dinge zu vermeiden, um nur ja keinen Reifenschaden zu provozieren. Im Ziel der Prüfung war ich dann naturgemäß erleichtert.“

Sich getraut & cool gemeistert

Johannes Keferböck kann zurecht stolz sein auf diesen Vizestaatsmeistertitel – er hat sich aus seiner „Komfortzone“, der Jännerrallye, dem „Jännerrallye only-Modus“ herausgetraut und sein Umfeld optimiert: Ilka Minor wurde an Bord geholt, das Eurosol Racing Team wurde als Einsatzteam auserkoren und schließlich fand er im Skoda Fabia R5 das am besten zu ihm passende Fahrzeug. Dabei blieb er auch.

Beim spannenden, mitunter auch nervenaufreibenden Finale war diese Stabilität sicher mit ein Faktor, der zum totalen Erfolg führte. Johannes Keferböck bedankte sich auf Facebook aber auch bei jenem Beifahrer, der mit ihm den wichtigen Jännerrallye-Sieg einfuhr: Hannes Gründlinger.

Ilka Minor stellt ihrem Piloten ein ausgezeichnetes Jahreszeugnis aus: „Johannes hat die Aufgabe cool gemeistert. Er hat sich im Laufe der Saison kontinuierlich gesteigert und ist merklich besser geworden. Er hat sich beim Aufschrieb komplett neu aufgestellt und sich darauf eingelassen, wirklich nach Schrieb zu fahren. Johannes wird auch ganz sicher nicht stehenbleiben, denn seine Performance ist immer noch ausbaufähig.“

Abschließend erklärt Johannes Keferböck: „Ich bin rundum glücklich, dass wir unser gestecktes Ziel erreicht haben – und das in einem Lernjahr! Ich habe auch hier bei der Niederösterreich-Rallye wieder einiges dazugelernt. Ich möchte mich nochmal bei all unseren Sponsoren und Unterstützern bedanken, bei Ilka Minor, beim Eurosol Racing Team, bei Skoda und bei meiner Familie. Jetzt freue ich mich auf die kommende Saison.“

Das Mühlviertler Märchen zum Nachlesen

Am 6. Jänner 2018 stand Johannes Keferböck ein Bisschen verdutzt und ziemlich gerührt als der Sensations-Sieger dieser seiner geliebten Kult-Veranstaltung, der Jännerrallye, im Fokus der Medien, nachdem zuvor Niki Mayr-Melnhof und auf dem Weg in den Parc ferme auch Simon Wagner von der Technik in Stich gelassen wurden. Hätte man Johannes Keferböck an diesem Abend gefragt, ob er bald schon in der Lage sein wird, eine Sonderprüfung nur wenige Sekunden hinter einem Raimund Baumschlager oder einem Niki Mayr-Melnhof zu beenden, hätte er einen wohl für verrückt erklärt.

„Verrückt“ im wortwörtlichen Sinn bedeutet ja eigentlich nur ein Verlassen der bisherigen Linie - oft braucht es einen Impuls, um aus einem bereits eingetretenen Pfad herauszuspringen und dabei festzustellen, dass es weitaus mehr Möglichkeiten gibt, als man bislang vermutet hätte. Johannes Keferböck beispielsweise blieb zehn Jahre lang im „Jännerrallye only“-Modus, war damit überhaupt nicht unglücklich, wollte das Jubiläum heuer mit einem Start bei der spanischen WM-Rallye begehen. Doch der Impuls (Jännerrallyesieg) löste im Gefüge des Rallyeteams Keferböck und seinen Unterstützern eine Art Kettenreaktion aus. Vor allem die Initiative seines langjährigen Treibstoff-Sponsors, Keferböck mittels Budgetaufstockung zu einer vollen Saison in der heimischen Staatsmeisterschaft zu motivieren, ermöglichte ein völlig neues Kapitel in der Rallye-Karriere des 45jährigen Vermögensberaters.

Wer sich die beiden Videos ansieht, die Keferböck auf seiner privaten respektive beruflichen Facebook-Seite hochgeladen hat, erkennt jene Linie, die der Oberösterreicher in der heimischen Rallye-Staatsmeisterschaft seit dem „Jänner-Impuls“ mit einer großen Portion Lust verfolgt. Der Lust nämlich an der Optimierung. Denn Keferböck wollte nicht einfach nur eine volle ORM-Saison fahren, seine erste nach zehn Jahren - sondern den Impuls als Chance wahrnehmen. Um sein wahres Potential freizulegen, benötigt man stets das optimale Umfeld - keine neue Erkenntnis, doch in der Umsetzung sorgte Keferböck damit für hochgezogene Augenbrauen. Denn es blieb kein Stein auf dem anderen.

Ilka Minor brachte das nötige Vertrauen in den Schrieb

Wesentlich war das Engagement von Ilka Minor. Keferböck holte sich die Bestmögliche - doch nicht, um zu protzen. Für Johannes Keferböck war von Anfang an klar: „2018 ist ein Lernjahr, in dem wir eigentlich alle ORM-Rallyes erst kennenlernen. Ich weiß von anderen Fahrern, die schon länger in der ORM unterwegs sind, dass die Verlockung groß ist, die Sonderprüfungen de facto auswendig zu lernen. Doch auf dieser Ebene hatte ich von vornherein keine Chance, weil ich naturgemäß die vielmals gefahrenen Prüfungen nicht nachholen kann.“

Mit Ilka Minor holte er nicht nur Österreichs Copilotin mit den meisten WM-Rallyes (über 100) an Bord -sondern auch eine glühende Verfechterin ihres Berufsstands und damit einhergehend des Fahrens nach Aufschrieb. Keferböck erläutert: „In der Weltmeisterschaft würde es wenig Sinn machen, die Prüfungen auswendig zu lernen und dabei das Fahren nach Schrieb verkümmern zu lassen. Denn dort wird immer wieder woanders gefahren - das Fahren nach Schrieb ist dort eine Grundvoraussetzung, um überall, auch bei neuen Rallyes, sofort das fahrerische Potential abrufen zu können. Mit Ilka habe ich also nicht nur meinen Aufschrieb optimieren können, sondern überhaupt erst begriffen, was Fahren nach Aufschrieb bedeutet und warum das meine einzige Chance ist, meine Performance zu verbessern. Es ging dabei auch darum, dass ich lerne, dem Aufschrieb hundertprozentig zu vertrauen.““

Eurosol & Skoda Fabia R5 bringen maximale Entfaltung

Zur Optimierung gehört aber auch etwas, das man mit Vorsicht betreiben muss, wenn man nicht in einem nicht nachvollziehbaren Zickzackkurs enden möchte: Nämlich das Wechseln von Team und Fahrzeug in der laufenden Saison.

Bei Johannes Keferböck stellte sich schließlich heraus, dass er mit Eurosol Racing und dem Skoda Fabia R5 die größtmögliche Optimierung erreichen kann. Die größtmögliche Optimierung des Piloten wohlgemerkt - beim komplexeren Skoda Fabia R5 musste Keferböck quasi einen Lernprozess einlegen, der letztendlich aber eine viel größere Entfaltung des Piloten und seiner Perfrmance möglich machte...

„Was ist er denn?
Was hat er denn?
Was kann er denn?
Was macht er denn?
Was red' er denn?
Wer glaubt er das er ist?“
aus „Egoist“ von Falco

.„So lange die Lernkurve steigt, mache ich ganz sicher weiter“, hat Johannes in diesem Jahr immmer wieder betont. Und zunächst klang es beinahe wie eine Entschuldigung, a la: „Entschuldigen Sie vielmals, ich bin eh gleich wieder weg, ich hab da nur grad eine steigende Lernkurve und würd einfach gern sehen, was da noch drinsteckt, in mir, als Pilot“. Dieses Entschuldigen ist ein in Österreich nahezu unvermeidlicher Reflex - vor allem dann, wenn einer, der sich lange Zeit unauffällig verhielt, es plötzlich wissen möchte. Und das dann noch dazu einer ist,der ja gar nicht mehr Werkspilot und Zehnfachweltmeister werden kann...

Doch dieser Entschuldigungsreflex wurde mit der Zeit immer schwächer, denn ab einem gewissen Zeitpunkt war die Optimierung, die Lernkurve des Piloten Johannes Keferböck auch mit freiem Auge zu erkennen. Mühlsteinrallye: Keferböck hat den tragischen Helden der Jännerrallye, Simon Wagner als Teamkollegen bei Eurosol Racing. Wagner ist Österreichs große Hoffnung im internationalen Rallyesport. Der Name Wagner steht für Racing von Anfang an, für Kartsport und Aufschrieb erstellen üben auf der Playstation, schon mit acht Lebensjahren. Simon und Julian leben seit Kindheitstagen ihren Traum aus. Keferböck und Wagner - zwei Universen, die man nicht miteinander vergleichen kann. Auch wenn Simon in Perg zum ersten Mal einen R5 pilotierte, rechneten sämtliche Experten damit, dass der Jungpilot dem nahezu doppelt so alten, mit hundertmal weniger Racing-Erfahrung gesegneten „Spätoptimierer“ davonziehen wird. Doch Keferböck blieb dran, wirkte zeitweise selbst überrascht. Das gleiche Szenario dann bei der Wechselland-Rallye, als er zunächst nur wenige Sekunden hinter Mayr-Melnhof und Baumschlager fuhr...

Was für Johannes Keferböck noch mehr wiegt: „Wir sind noch immer nicht am Ende meiner Lernkurve angelangt. Man muss sich das vorstellen: Ich habe im Skoda Fabia R5 erst eine Handvoll an Rallyes absolviert, verfüge also über einen viel kleineren Erfahrungsschatz, auch beim Abstimmen, nicht nur beim Fahren an sich. Ich habe Ilka gebeten, dass sie es mir sagen soll, wenn meine Lernkurve einmal stagniert. Doch davon sind wir noch meilenweit entfernt, ich lerne mit jeder Rallye etwas dazu und dieses Lernen hört einfach nicht auf.“

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