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WRC: Finnland-Rallye

Lappi: Gesellenstück im ersten Lehrjahr

Gerade einmal zwei Monate und vier Rallyes nach seinem Debüt im WRC gewann Esapekka Lappi sensationell seine Heimrallye in Finnland.

In der Rallye-WM zählt Erfahrung mehr als in den meisten anderen Motorsportserien, kometenhafte Aufstiege sind daher selten. So brauchte ein erwiesenes Talent wie Ott Tänak beispielsweise einen Anlauf von 72 Rallyes, ehe er seinen ersten Sieg feiern konnte. Nur mit diesem Wissen vermag man die Leistung von Esapekka Lappi bei der Finnland-Rallye richtig einschätzen.

Der ehemalige Europameister und amtierende WRC2-Champion hatte erst Mitte Mai in Portugal seine erste Rallye in einem WRC von Toyota bestritten, doch seine Lernkurve verlief äußerst steil. Schon bei seinem zweiten Start auf Sardinien gewann Lappi sechs Sonderprüfungen, darunter die Powerstage. Nur zwei Rallyes später ist der junge Finne Laufsieger in der Rallye-WM – und das ausgerechnet bei seinem Heimspiel in Finnland.

"Es ist schwierig zu beschreiben, wie ich mich gerade fühle", sagte Lappi nach dem bisher größten Triumph in seiner Karriere. "Im Moment fühle ich mich vor allem erleichtert. Die Anspannung fällt wie nach jedem Wochenende ab, aber das ist schon etwas ganz Besonderes. Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass es so früh passiert. Mit mehr als einem Podium hatte ich nicht gerechnet."

Dass mehr als ein Podestplatz möglich war, erkannte Lappi dann aber schon ziemlich früh. Am Freitag gewann er acht von zwölf Sonderprüfungen und verdrängte damit seinen erfahrenen Teamkollegen Jari-Matti Latvala von der Spitze der Gesamtwertung. "Als ich am Freitag Abend gesehen habe, dass wir in Führung lagen, wusste ich, dass ich wirklich um den Sieg kämpfen kann", erinnerte sich Lappi.

Daher schmeckte es ihm gar nicht, als Latvala am Samstag Morgen aufdrehte und mit einer Reihe von SP-Bestzeiten die Führung zurückeroberte. "Deswegen war ich frustriert, denn meine Zielsetzung hatte sich geändert. Ich wollte gewinnen", gab Lappi zu. "Jari-Matti fuhr aber zu stark für mich, und ich wollte nichts Dummes machen." Die Geduld des jungen Finnen wurde belohnt, wenn auch ohne sein Zutun: Auf der 19. Sonderprüfung rollte Latvalas Yaris WRC mit defekter Motorelektronik aus.

Damit lag Lappi souverän mit über 50 Sekunden voran und musste den Sieg im Grunde nur noch nach Hause fahren – doch das ist mit den WRCs des Jahrgangs 2017 einfacher gesagt als getan, wie Lappi erklärte: "Dieses Auto sicher zu fahren, ist nicht so einfach wie bei einem R5. Wann man nicht am Limit fährt, funktionieren die Aerodynamik und das Mitteldifferential nicht richtig."

Auf der vorletzten Sonderprüfung hätte den designierten Sieger beinahe noch ein Drama ereilt. "Ich habe etwas zu früh in eine Kurve eingelenkt, bin dann mit dem Hinterrad von der Straße abgekommen und habe einen Stein getroffen, wobei die Felge gebrochen ist", berichtete Lappi. "In dem Moment wäre ich fast gestorben, denn ich wusste nicht, was kaputt war. Dass irgendwas kaputt war, spürte ich aber."

Doch glücklicherweise war nur das Rad beschädigt, welches Lappi und Beifahrer Janne Ferm wechseln konnten. Nun lag nur noch die Hürde der Powerstage vor ihnen. "Vor der letzten SP war ich so nervös wie noch nie in meinem Leben. So etwas hatte ich noch nie erlebt, mir ging es richtig schlecht", gab Lappi zu. "Unmittelbar nach dem Start hatte ich aber alles unter Kontrolle."

Diese behielt er bis ins Ziel, wo dann nicht nur Lappi und Beifahrer Ferm, sondern auch Teamchef Tommi Mäkinen auf dem Dach des Yaris WRC ausgelassen jubelten. "Dieses Wochenende werden Esapekka und Janne nie vergessen", ist sich der vierfache Weltmeister sicher. "Ich weiß noch genau, wie ich 1994 zum ersten Mal diese Rallye gewonnen habe. Ich kann mich noch an jeden Moment erinnern, und so wird es ihnen auch gehen."

"Das ganze Team wird sich noch lange an dieses Wochenende erinnern, denn wir haben gesehen, dass sich unser Teamwork ausgezahlt hat. Wir haben uns während der Saison verbessert und konnten das nun der ganzen Welt zeigen", sagte Mäkinen. Das hätte an keinem besseren Ort passieren können, denn die Finnland-Rallye ist für das Toyota-Werksteam im wahrsten Sinne des Wortes ein Heimspiel. Auch Juho Hänninen holte mit Platz drei sein bisher bestes WM-Ergebnis, wenngleich er vor der Powerstage noch Zweiter gewesen war.

Die Fabrik der finnisch-japanischen Mannschaft befindet sich gerade einmal zwölf Kilometer vom Rallyezentrum Jyväskylä entfernt. Die Autos wurden daher nicht mit einem Transporter in den Servicepark gebracht, sondern sind auf eigenen Rädern auf der Straße dorthin gefahren. Das hat es bei einem Werksteam in der Rallye-WM schon lange nicht mehr gegeben. Auch für das Reisebudget des Teams war die Finnland-Rallye sehr dankbar, denn etwa 75 Prozent der Teammitglieder wohnen in der Gegend und haben die Nächte im eigenen Bett verbracht.

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